2024-04-19T07:32:36.736Z

FuPa Portrait
Paul Röwer (2.v.r.) in Aktion gegen die U23 des FC Erzgebirge Aue. F.: Steffen Beyer
Paul Röwer (2.v.r.) in Aktion gegen die U23 des FC Erzgebirge Aue. F.: Steffen Beyer

Ein Ex-Profi für Klosterfelde

Paul Röwer spielte bei Cottbus und Viktoria Berlin. Jetzt hat er dem Bezahl-Fußball den Rücken gekehrt, kickt in der Landesliga Nord und ist glücklich.

Er hatte alles, wovon die meisten Nachwuchs-Fußballer träumen: Einen Profi-Vertag in der Tasche, eine tolle Karriere vor sich, bereits mit 18 Jahren Spiele in der 2. Bundesliga. Jetzt spielt Paul Röwer für Union Klosterfelde in der Landesliga. Ein Abstieg, sagen viele. Er sagt: "Ich bin glücklich."

Paul Röwer ist einer, der auf dem Platz immer 100 Prozent gibt. Immer wieder suchen seine Mitspieler ihn, versuchen, ihn mit dem richten Pass an der richtigen Stelle zu bedienen. Das klappt immer besser. "Wir mussten uns erst aufeinander einstellen. Wir haben viel geredet. Darüber, wo ich den Ball hin haben möchte und darüber, wie ich für sie laufen muss", sagt der 20-Jährige. Das klappt immer besser. Bisher traf Röwer bereits fünf Mal ins Schwarze, schoss sein Team damit auf Platz vier der Tabelle.

Keine Frage, der groß gewachsene Stürmer ist ein Talent am Ball. Mit zehn Jahren begann er bei seinem Heimatverein FV Erkner. Sein damaliger Trainer Benjamin Behrens erinnert sich noch gut an Pauls ersten Tag. "Er fiel gleich durch seine Größe und seinen ausgeprägten Schuss auf, hat sofort einen bleibenden Eindruck hinterlassen." Und das sprach sich schnell herum. Als der FC Energie Cottbus zwei Jahre später zum zweiten Mal zum Sichtungstraining einlud, spielte Paul vor und überzeugte. Er bekam einen der begehrten Plätze auf der Sportschule, ging auf das Internat in Cottbus.

Beim FC durchläuft der gebürtige Berliner alle Jugendmannschaften und packt auch das mit links, woran viele scheitern: den Sprung in den Männerbereich. Nahtlos wechselt er erst in die zweite, dann schnell in die erste Männermannschaft von Cottbus, bestreitet vor zwei Jahren zwei Spiele für Energie in der zweiten Liga und traf gleich.

Doch hinter den Kulissen läuft nicht alles ganz so rund. Eine Operation am Knöchel wirft ihn weit zurück. "Ich habe zwei Jahre lang kein einziges Spiel durchgespielt." Als er zurück ins Team kommt, ist da ein neuer Trainer, eine neue Mannschaft. "Ich bin nicht mehr hinterher gekommen", gibt er zu. Dazu kommen weitere Zweifel. Der Nachwuchs-Kicker merkt, dass ihn der Fußball alleine nicht auslastet. Sein Abi hat er trotz der täglichen Doppelbelastung durch Schule und Training mit 2,5 abgelegt. "Ich wollte auch was für meinen Kopf tun." Und er sieht, wie es anderen geht. "Ich kenne Jungs, bei denen das schief ging mit Fußball und die mit Anfang 20 plötzlich ohne Berufsausbildung dastanden." Das Auf und Ab im Fußball, die ständige Angst vor Verletzungen, der Leistungsdruck, das immer wieder Umziehen müssen von Verein zu Verein macht ihm zu schaffen. Paul ist unzufrieden. "Fußball hat plötzlich keinen Spaß mehr gemacht." Er entscheidet sich, die Notbremse zu ziehen. "Einfach war das nicht. Aber wenn man den Weg nicht sieht, dann muss man umdenken."

Deshalb muss er nicht lange überlegen, als er einen Anruf von Danny Kukulies bekommt, den er noch aus einem kurzen Gastspiel bei Viktoria Berlin kennt. Kukulies war mittlerweile als Co-Trainer und Spieler beim Landesligisten Union Klosterfelde gelandet. "Er hat mich gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, dort zu spielen. Ich habe mir die Trainingsmöglichkeiten in Klosterfelde angesehen, die ja toll sind. Die Jungs haben mich gleich super aufgenommen. Das hat mich überzeugt." Zweimal Training pro Woche lassen genug Zeit für ein Duales Studium als Fitness-Ökonom, bei der Suche nach einem Studienplatz hilft der Verein.

Paul hat es nicht bereut. "Ich habe wieder ein Ziel vor Augen. Fußball macht wieder Spaß", sagt der Stürmer, der von seinen Mannschaftskollegen nicht nur als erfahrener Fußballer, sondern auch für seine Bodenständigkeit geschätzt wird. Und für seine Scherze übrigens.

"Paul blüht auf, wenn er auf dem Platz steht", sagt sein alter Trainer Benjamin Behrens. Das tut er jetzt wieder. Und, allen Unkenrufen zum Trotz, soll das kein kurzes Experiment werden. "Mein Berater hat schon mal angefragt für Vereine, die Regionalliga spielen, aber das ist für mich derzeit kein Thema. Ich bleibe erstmal hier", sagt Röwer. Und er verrät: "Bislang habe ich mit meinen Mannschaften immer um den Abstieg gespielt. Mit Klosterfelde ist jetzt viel drin. Wir sind noch besser, als wir bislang in den Spielen gezeigt haben."

Dies zu beweisen, dazu hat der aktuelle Top-Torjäger der Unioner am Sonnabend mit seinem Team wieder Gelegenheit. Klosterfelde tritt gegen die Senkrechtstarter des BSC Rathenow zum Spitzenspiel der Landesliga Nord an.

Aufrufe: 023.9.2015, 07:15 Uhr
MOZ.de / Britta GallreinAutor