2024-04-24T13:20:38.835Z

Interview der Woche
Bonner SC Futsal Lions - Futsal Panthers Köln, Foto: Won Song
Bonner SC Futsal Lions - Futsal Panthers Köln, Foto: Won Song

"Ehrlicher, wenn Amateursportler alles geben"

Fupa-Interview mit dem etwas ungewöhnlichen Fan

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Beni, wie er nur genannt werden möchte, ist ein "Fußballwahnsinniger" im positivem Sinne. Er ist bekennender Groundhopper, "hüpft" also von Stadion zu Stadion. Über diese ungewöhnliche Leidenschaft, seine Verbundenheit zu den Bonner SC Futsal Lions und seine Liebe zum Amateursport..

Guten Tag Beni. Wie sind Sie zum Groundhopping gekommen?

Ich war schon immer „fußballverrückt“, war aber zuerst großer Fan des FC Bayern München. Dort bin ich dann auch etwas in die „Ultra-Szene“ rein gerutscht, bis mir alles rundherum zu kommerziell wurde. Am Anfang fand ich es toll, zu fast jedem Auswärtsspiel der Bayern mit zu fahren, bis es dann krankhafte Züge genommen hat. Irgendwann ging es darum, einfach jeden Platz abzuklappern der mir in den Sinn gekommen ist.

Worin liegt der Reiz?

Zuallererst geht es natürlich um den Sport. Andererseits geht es, vor allem wenn du ins Ausland fährst, um die Kultur, denn meiner Meinung nach gibt es keine bessere Möglichkeit die Kultur eines fremden Landes kennen zu lernen, als durch Fußball. Ich freue mich immer über gute Spiele, aber mich interessiert besonders das, was neben dem Platz passiert. Natürlich kann man in die „großen Fußballänder“ fahren, aber auch in Malaysia, Indonesien oder Marokko ist der Fußball am kommen.

Ich trinke nicht und ich rauche nicht. Ich gebe mein Geld lieber für Fußball aus.

Gibt es irgendeinen Platz, bzw. ein Stadion, der Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben ist?

Ja tatsächlich. Vor zwei Wochen war ich in Belgien, in Antwerpen, um eine Partie von Royal FC Antwerpen zu sehen, der übrigens der älteste Verein in Belgien ist. Die Heimstätte von Royal ist das Bosuilstadion, was so ziemlich das „herunter gekommenste“ Stadion ist, das ich je gesehen habe. Dort war alles verschoben, die Bänke waren total schief und es kamen schon Nägel aus verschiedenen Stellen raus, aber ich fand es geil. Jede Tribüne befindet sich in einem anderen Zustand, sodass auch jede verschieden aussieht, was aber den Charme aus macht. Auch die Toiletten sind in einem katastrophalen Zustand. Solche Stadien reizen mich. Die neuen Arenen sehen meiner Meinung nach fast alle gleich aus. Ich bin auf der Suche nach solchen alten „Schmuckkästchen“ wie das Bosuilstadion.

Irgendein Land, dass Sie besonders hervorheben möchten?

Belgien gefällt mir sehr gut. Die Stadien sind nicht so modern, sondern sehr einfach und beeindruckend. „Fantechnisch“ sind die Belgier noch nicht so weit, da ist Deutschland noch führend, aber ich habe auch viele positiven Dinge über Polen gehört, weshalb ich da auch unbedingt hinfahren möchte.

Woher holen Sie sich die vielen Informationen über die Stadien, die überall auf der Welt verstreut sind?

Für mich spielt es keine große Rolle, ob etwas interessant ist. Ich schaue im Internet kurz nach, wer wann und wo spielt. Aus diesen Informationen stelle ich mir dann einen Plan zusammen, sodass ich mehrere Spiele pro Tag besuchen kann, vor allem wenn es ins Ausland geht. Man fährt also meistens nicht nur zu einer Partie. So habe ich es letztens in Tschechien gehandhabt, als ich am Vormittag ein Spiel der 2.Liga, am Nachmittag zwei der 4.Liga und schließlich am Abend ein Spiel der höchsten Spielklasse besucht habe. Ich habe mir also einen klaren Plan zusammen gebastelt.

Sie sind bekennender Fan der Bonner SC Futsal Lions. Sie sind wohnhaft in der Schweiz und nehmen oftmals den langen Weg nach Bonn in Anspruch, nur um eine Partie der Lions zu verfolgen. Woher kommt ihre Begeisterung?

Das hat auch einen großen Zusammenhang mit Groundhopping. Das war letztes Jahr im Juni, an einem Montagabend. Es war schon 19 Uhr und ich hatte nichts zu tun, sodass ich im Internet geguckt habe, ob es nicht irgendeinen „sinnlosen“ Kreisligakick gibt. Irgendwie bin ich dann auf eine Anzeige gestoßen, die auf ein Testspiel der BSC Futsal Lions hinwies. Daraufhin bin ich zum Spiel gegangen und war wirklich der einzige Zuschauer (lacht).

Wie haben die Spieler auf Sie reagiert?

Ich wurde gefragt, was ich denn hier machen würde. Niemand hat verstanden, warum ich mich alleine auf eine Turnhallenbank gesetzt habe, um ein unwichtiges Futsal-Testspiel zu gucken. Dann hat das Spiel angefangen und ich war begeistert. Ich war damals in einer Orientierungsphase, wo ich mich für etwas neues begeistern wollte, sodass mich dieser Sport schnell gepackt hat.

Wie ging es dann weiter?

Irgendwann fing dann die Saison an und ich besuchte zuerst die Heimspiele. Es gab kaum Zuschauer die regelmäßig kamen. So lernte ich auch die Spieler und den Trainer persönlich kennen.

Am Anfang waren es höchstens 20 Besucher pro Spiel. Dann fingen langsam an die Zuschauerzahlen zu steigen, auch ich schleppte sehr viele Freunde an. Wir haben uns dann einfach beim Spiel getroffen und hatten unser kleines fröhliches Grüppchen, was für etwas Stimmung sorgte. Genau dieses nicht zwanghafte und lockere, fanden wir immer so toll. Es kamen auch viele Leute, die eigentlich andere Vereine unterstützten, aber bei den Partien die BSC Futsal Lions angefeuert haben.

Sie haben also die „Anfänge“ mitbekommen?

Genau. Für mich ist es halt immer erstaunlich, wie sich das ganze entwickelt hat. Am Anfang war ich fast der einzige, den der Sport interessiert hat und plötzlich hat man knapp 100 Zuschauer pro Heimspiel. Ich habe dann echt das Gefühl, dass ich das mit aufgebaut habe.

Dafür nehmen Sie auch gerne die 16 Stunden Hin - und Rückfahrt in Kauf?

Ich bin den ganzen Tag unterwegs, um die Lions zu sehen. Um diese 40 Spielminuten mir anzuschauen, was es mir aber absolut wert ist. Wenn diese Mannschaft verliert, frustriert mich das total, wenn sie gewinnen, bin ich total happy. Dazu passt auch einfach das menschliche. Wenn ich zu den Partien gehe, werde ich von den Spielern und vom Trainer per Handschlag begrüßt. Wo hast du das im Fußball? Wenn ein Spieler einem Fan ins Gesicht sagt: „Ich finde es schön, dass du da bist“, dann ist man natürlich überglücklich. Niemand kann mir erzählen, dass einem das nicht gefallen würde. Andere würden sagen, dass ich verrückt bin, aber ich finde das einfach faszinierend, 16 Stunden unterwegs zu sein, „nur“ um 40 Minuten Futsal zu sehen. Solange die Zeit und die Brieftasche das zulässt, werde ich das auch weiter tun.

Das ist sehr vergleichbar mit Ihrer Leidenschaft zum Groundhopping.

Ja, es ist sehr ähnlich wie beim Groundhopping. Es geht mir nicht nur um das eine Spiel, sondern um das Gesamtpaket. Es geht um Freunde, Emotionen ,Leidenschaft und Herzblut. Zum Beispiel verstehe ich mich sehr gut mit dem Trainer der BSC Futsal Lions. Er ist einfach ein super Typ. Dieser Mann lebt für einen Sport, der in Deutschland kaum beachtet wird. Genauso wie der Kapitän Niclas Hoffmans. Ich finde es einfach ehrlicher, wenn Amateursportler alles geben, als wenn das Profisportler tun. Ich möchte damit nicht unterstellen, dass ein Philipp Lahm sich nicht zerreißt für seinen FC Bayern. Aber es ist was ganz anderes, wenn ein Amateur das macht, der nicht dafür bezahlt wird und genau das fasziniert mich.

Beni in 10 Jahren?

Meine Freundin sagt bestimmt, dass das Quatsch sei, aber ich trete bereits etwas kürzer, was das Groundhopping angeht, da die Familie für mich immer im Vordergrund steht. Die Familie bleibt für die Ewigkeit, sodass ich mich in 10 Jahren, ganz „klischeehaft“, als verheirateter, vielleicht Vater, sehe. Die Leidenschaft für Fußball wird niemals verschwinden. Die kriegt man nicht weg (lacht).

Aufrufe: 024.10.2014, 14:16 Uhr
Won Song / Fupa Bonn/SiegAutor