2024-04-25T14:35:39.956Z

Halle
Den Sprung in die Futsal-Nationalauswahl geschafft hat Daniel Fredel (r.) als zweiter Kölner. Fotos: privat
Den Sprung in die Futsal-Nationalauswahl geschafft hat Daniel Fredel (r.) als zweiter Kölner. Fotos: privat

Ehrenfelder Ballzauberer im Nationalteam

Zwei Kölner stehen im Aufgebot für das erste offizielle Futsal-Länderspiel der Nationalauswahl

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Köln. Eine Traube junger Leute spaziert gemütlich in Richtung Everhardhalle in Ehrenfeld. Wo sich sonst Grundschüler im Sportunterricht austoben, versammeln sich jeden zweiten Samstag Dutzende Menschen. Ein munteres Treiben herrscht vor dem Eingang. Man kennt sich. Beim Betreten der Halle scheint es, als wäre man in einem anderen Jahrzehnt. Der leicht modrige Geruch und die ausgeblichenen, blauen Turnmatten an den Wänden erinnern an die eigene Schulzeit.

Auf dem Spielfeld läuft das Aufwärmen. Beim Anblick der gekonnten Passübungen wird schnell klar, dass es sich nicht etwa um ein zweitklassiges Hallenfußballturnier handelt. In wenigen Minuten treffen hier zwei der besten deutschen Futsal-Teams aufeinander.

Zu Gast bei den Futsal Panthers Köln, die hier in der Ehrenfelder Everhardhalle ihre Heimspiele austragen, ist der UFC Münster. Auf dem Parkett stehen zwei Nationalspieler im Kölner Trikot. Denn nach Timo Heinze hat mit Daniel Fredel ein zweiter Spieler der Panthers den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Gemeinsam mit der 16-köpfigen Auswahl des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) ging es im April zum Lehrgang nach Georgien. Auch für das erste offizielle Länderspiel am 30. Oktober in der Hamburger Inselpark-Halle gegen England hat Bundestrainer Paul Schomann das Kölner Duo nominiert.

Damit sind sie Teil einer Sportart, die vom Weltfußballverband Fifa als offizielle Variante des Hallenfußballs anerkannt wird. Der Ursprung der Sportart liegt in Südamerika. Gespielt wird fünf gegen fünf auf Handballtore. Das Spielfeld ist durch Linien begrenzt, und der Ball ist im Vergleich zum herkömmlichen Fußball sprungreduziert und kleiner. Daran musste sich auch Fredel zuerst gewöhnen: „Das gab es früher so in diesem Sinne nicht. Damals wurde Fußball in der Halle noch auf große Tore und mit Bande gespielt.”

Die Änderungen tun dem Spiel sichtlich gut. Auch in der Begegnung zwischen den Panthers und dem UFC lassen sich sowohl das Tempo als auch das technische und taktische Niveau mit klassischem Hallenfußball kaum vergleichen. Auf beiden Seiten wird wahnsinnig schnell mit nur wenigen Ballkontakten kombiniert. Für den Kenner sind nach kurzer Zeit taktische Spielzüge erkennbar, die am ehesten mit denen im Basketball zu vergleichen sind. Genau das ist es auch, was die Zuschauer regelmäßig in die Halle lockt. Gegen den Konkurrenten um die Meisterschaft ist die wackelige Holztribüne bis auf den letzten Platz gefüllt. Obwohl die Panthers nach 19 Minuten bereits 0:4 zurückliegen, wird bis zum Pausenpfiff jeder gewonnen Zweikampf vom Anhang frenetisch bejubelt, sodass immerhin der Anschlusstreffer gelingt.

Was sich dann in der zweiten Halbzeit auf dem grünen Parkett abspielt, könnte kein Fußballmärchen schöner erzählen. Daniel Fredel und Nationalmannschaftskollege Timo Heinze nehmen das Heft in die Hand. Mit fast italienischer Gelassenheit leiten sie das Spiel. Am Ende führt eine beeindruckende Aufholjagd tatsächlich noch zum 5:4-Erfolg. Ein kurioser Spielverlauf, der aber laut Fredel im Futsal nicht selten vorkommt: „Man hat nur drei Mitspieler auf dem Feld. Wenn man hier einen guten Tag erwischt, kann man als Einzelner schon mehr bewirken als im Fußball.”

Dadurch, dass Futsal in Deutschland relativ neu ist, gibt es kaum reine Futsalspieler. Fast alle, die sich dem südamerikanischen Sport angeschlossen haben, sind ehemalige Fußballer oder kombinieren sogar beides. So auch Fredel, der schon mit fünf Jahren anfing, in seiner schwäbischen Heimat Fußball zu spielen. In langen Wintern mit vielen Hallenturnieren entwickelte er die Leidenschaft für das schnelle Spiel auf dem Kleinfeld. Als der 26-Jährige dann vor drei Jahren nach Köln zog, um an der Sporthochschule zu studieren, hat ihn ein Studienfreund mit zum Futsal genommen. Bei den Panthers spielt er seitdem in der höchsten deutschen Spielklasse.

Kompliziert wird es für junge Spieler, wenn zu Regionalliga und Nationalmannschaft Fußball und Studium dazukommen. Fredel absolvierte als Mittelfeldakteur für den 1. FC Spich in der abgelaufenen Spielzeit 23 Partien in der Bezirksliga. „Montags und mittwochs gehe ich zum Futsal, dienstags, donnerstags und freitags dann zum Fußball-Training. Dazu kommen samstags die Spiele für die Panthers und sonntags für Spich”, zählt Fredel auf. „Das alles mit Studium und Freundin unter einen Hut zu bekommen, ist schwierig.”

In dieser Saison steht der Nationalspieler kurz vor dem Abschluss des Studiums. Wichtige Entscheidungen stehen bevor. Wie es danach weitergeht, weiß Fredel noch nicht: „Klar möchte ich meine Karriere fortsetzen. Ich will natürlich alles mitnehmen, was geht. Jedoch muss man abwarten, was die Zukunft bringt.” Auch eine Rückkehr in die Heimat will er nicht ausschließen.

Für seine Karriere im Futsal und der Nationalmannschaft wäre der Verbleib in Köln allerdings förderlich. Schließlich ist die Liga im Westen die stärkste und professionellste in Deutschland. Bei dieser Entwicklung wird auch der Spagat zwischen Fußball und Futsal in Zukunft immer schwieriger. Eine Entscheidung würde Fredel schwer fallen: „Müsste ich mich im Moment festlegen, würde ich mich wohl für Futsal entscheiden. Das, was ich mir als Kind immer im Fußball gewünscht habe, erlebe ich jetzt im Futsal. Deshalb hat die Halle für mich erste Priorität.”

Dieser Bericht stammt aus einer Kooperation von Kölner Stadt-Anzeiger und des Intsitutes für Kommunikations- und Medienforschung der Deutschen Sporthochschule Köln. Die Autoren sind Jophannes Roehrscheid, Lars Hartmann und Marc André Lenhard

Aufrufe: 026.10.2016, 20:30 Uhr
KSTA: J.Roehrscheid, L. Hartmann, M.A. LenhardAutor