2024-05-02T16:12:49.858Z

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Nicht gerade elektrisiert von der Moderation: Den FV-Spielern merkte man an, dass sie lieber auf dem Fußballplatz wären, als auf dem Marienplatz. Felix Kästle
Nicht gerade elektrisiert von der Moderation: Den FV-Spielern merkte man an, dass sie lieber auf dem Fußballplatz wären, als auf dem Marienplatz. Felix Kästle
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Eher peinlich als launig

Der FV Ravensburg präsentiert seine Mannschaften der Öffentlichkeit

Ravensburg / sz - Der FV Ravensburg hat sich in der Öffentlichkeit zurückgemeldet. Knapp zwei Monate nachdem die Fußballer mit dem Gewinn des Landespokals den größten Erfolg der Vereinsgeschichte gelandet haben, wurden am Samstag bei Sport Reischmann die erste und zweite Mannschaft vorgestellt. Was ein launiger Auftakt hätte werden sollen, driftete jedoch immer wieder ins Peinliche ab.

Die Marketing-Strategen des FV Ravensburg haben sich schon etwas dabei gedacht, als sie irgendwann einmal beschlossen haben, die offizielle Teamvorstellung am Morgen des Rutensamstags anzusetzen. Zu einer Zeit also, wo die größte Sorge eines jeden Ravensburgers noch nicht darin besteht, ob er samt Kompanie ein freies Plätzchen im Bärengarten ergattern kann. Weil es zur frühen Stunde nämlich selbst im Bärengarten entspannt zugeht, hat der FV Ravensburg die Aufmerksamkeit genutzt, um in der Ravensburger Innenstadt sein ambitioniertes Fußballprojekt vorzustellen. Also reihten sich eingehüllt in den Vereinsfarben die rund 40 Männer auf, die das Ravensburger Publikum in den nächsten Monaten verzücken sollen.

So manch einen Spieler der Oberligamannschaft, der schon als treuer Stammgast dieser Präsentationen galt, vermissten die Fans aber. Johannes Joser etwa, der spielintelligente Abwehrchef, der seine Karriere beendet hat. Oder Ralf Heimgartner, der "Agressive Leader", wie es im modernen Fußballwortschatz heißt, dessen Beruf die Oberliga-Strapazen nicht zulassen. Auch die flinken Angreifer Ndriqim Halili und Nicolas Jann sind nicht mehr da, sie haben sich höherklassigen Klubs angeschlossen.

Einen "ganz normalen Prozess" nennt das Cheftrainer Wolfram Eitel, der auch im dritten Oberliga-Jahr Regie führen wird. Dass mit Joser (Innenverteidigung), Heimgartner (defensive Mittelfeld) und Halili (Sturm) die gesamte zentrale Achse wegbreche sei ärgerlich, eröffne aber Chancen für andere. Etwa für die acht Spieler, die neu im Oberligakader sind. Ravensburgs Sportdirektor Peter Mörth sieht das Flagschiff des Vereins jedenfalls mit viel Potential ausgestattet. "Wenn alle gesund sind, haben wir wieder eine sehr gute Mannschaft."

Apropos Potenzial: Das schlummert gewiss auch im Landesligateam. Um es nun vollständig auszuschöpfen, hat der FV mit Reiner Steck, einem der renommiertesten Trainer der Region, angebandelt. Ansonsten setzt Ravensburg bei der Bestückung seiner U-23-Auswahl auf ein bewährtes Rezept. Wieder einmal erhalten viele Jugendspieler die Gelegenheit, sich zu beweisen. Die eigene Jugendarbeit hat Ravensburg inzwischen als "FV-Talentschmiede" "gebrandet". Der Begriff fiel am Samstag so oft, dass wenn man daraus ein Trinkspiel gemacht hätte, der eine oder andere Fan wohl angeschwipst in Richtung Festplatz hätte torkeln müssen. Ohnehin passte die Moderation von FV-Stadionsprecher Ralf Reimann nicht in das professionelle Porträt, das der Verein von sich zu zeichnen versuchte. Immer wieder mussten Spieler in Kurzinterviews Fragen zu ihren Freundinnen beantworten, was sie ganz offensichtlich nicht mit größtem Behagen taten. Neuzugang Wakka Bass wurde zum Tanz aufgefordert, schließlich sei das ja ein lokales Vorstellungsritual. Bass ignorierte den Aufruf einfach. Nun steckte dahinter sicherlich eine launige Absicht, nur transportiert wurde diese nicht. Auch so manch ein FV-Spieler hatte sich da schon längst der Pokémon-Go-App auf seinem Handy zugewandt.

Die Peinlichkeit der Moderation gipfelte dann, als der FV einen weiteren Veranstaltungshöhepunkt ankündigte: Ein Testspiel der Frauenmannschaft des FC Bayern in Ravensburg am 28. August, ein echter Coup für den Verein. "Der deutsche Meister kommt hierher, der FC Bayern", begann die Moderation und ging dann zur "Pointe" über: "Jetzt kommt die schlechte Nachricht: Es ist die Frauenmannschaft." Auch das mag als Scherz angedacht worden sein, lustig ist das aber wahrlich nicht. Und gewiss nicht nach dem Geschmack der Ravensburger Marketing-Strategen.

Aufrufe: 024.7.2016, 17:39 Uhr
Schw�bische Zeitung / Von Christopher MeltzerAutor