2024-04-25T08:06:26.759Z

Vereinsnachrichten
Emotion pur: Wildbergs Nico Wolf gab alles, um seinen Sturmkollegen Michael Paprota zu Fall zu bringen. Doch der 41-Tore-Mann lief unbeeindruckt weiter. Paprota hatte kurz zuvor auf Wolf quer gepasst, woraus das 1:1 entstand. Foto: Steven Kranz
Emotion pur: Wildbergs Nico Wolf gab alles, um seinen Sturmkollegen Michael Paprota zu Fall zu bringen. Doch der 41-Tore-Mann lief unbeeindruckt weiter. Paprota hatte kurz zuvor auf Wolf quer gepasst, woraus das 1:1 entstand. Foto: Steven Kranz

Wittstock will mal wieder nicht aufsteigen

MIT GALERIE: Der FK Hansa II scheint in der Liga nicht zu schlagen zu sein, doch höher spielen wollen sie nicht. Jetzt macht es jemand anders.

Es soll Mannschaften geben, die hauen alles raus, um sportlichen Erfolg zu erlangen. Das Transferkarussell wird angeschmissen, hart trainiert und Woche für Woche Disziplin eingefordert. Alles, um endlich einmal einen Aufstieg zu schaffen. Hansa Wittstock II sieht das gänzlich anders.


Nicht wenige schreiben den Titel einer großen Portion Glück zu. Die Wittstocker aber scheren aus. Sie verzichten zum dritten Mal in Folge auf ihr Aufstiegsrecht. Das sorgt für Verwirrung und auch Ärger bei der Konkurrenz. Der Begriff Wettbewerbsverzerrung kursiert.

Seit drei Jahren hat Hansa II die Möglichkeit, den Aufstieg in die Kreisliga zu realisieren. Sportlich immer vornweg, aber anscheinend mutlos. "Aber nächstes Jahr, sofern wir es wieder schaffen, werden wir aufsteigen. Da lasse ich mich auf nichts mehr ein", zeigt sich Trainer Bernd Leuchtenberger etwas enttäuscht vom stetigen Verzicht. "Wir haben inzwischen genug Leute im Kader. Auch zur neuen Saison kommen wieder vier Spieler dazu."

Auch Wolfgang Trapp ist dieser Meinung. Der zweite Coach wäre nicht abgeneigt gewesen, doch die Spieler sprachen sich vehement dagegen aus. "Es sind nur zwei oder drei Jungs, die aufsteigen wollten. Der Rest möchte nicht in die Kreisliga, weil ihnen dann die Derbys fehlen. Sie haben keine Lust, nach Neuruppin zu fahren. Und in der Kreisliga spielen vornehmlich Teams aus dem Bereich." Mit MTV Freyenstein, Prignitz Maulbeerwalde, FC Dossow und Schwarz-Weiß Zaatzke II befinden sich zahlreiche Mannschaften aus dem Wittstocker Umfeld in der aktuellen Spielklasse. Dazu gesellt sich bald Aufsteiger SV Blumenthal/Grabow II. "Bei diesen Partien hast du knapp 100 Zuschauer auf dem Sportplatz. Es macht ihnen einfach mehr Spaß. Wenn hier Neuruppiner Teams antreten, dann kommt keiner ins Stadion", so Trapp.

Nicht zum ersten Mal entscheidet sich im bundesweit größten Fußballkreis ein Team gegen den sportlich nächsten Schritt. Bereits vorher gab es diese Derby-Überlegungen beim Langener SV, SG Linum, SV 90 Fehrbellin oder Lindower SV Grün-Weiß. Sie entschieden sich ebenfalls nach geografischen Aspekten und der Gegnerschaft. Bis auf Lindow hat sich bei diesen Teams die einstige Meinung kaum verändert.

Während Leuchtenberger auch zukünftig für die Landesklasse-Reserve der Wittstocker verantwortlich bleibt, vollzieht Trapp einen vereinsinternen Aufstieg zur ersten Männermannschaft. An seine Stelle tritt Michael Wunsch, der bisher noch als Spieler aktiv war und im Saisonfinale sogar das mitentscheidende 2:1 gegen TuS Wildberg köpfte.

Wie abstrus eine derartige Entscheidung fernab der sportlichen Ergebnisse ist, musste TuS Wildberg am Sonntag erfahren. Der Tabellendritte trat in Wittstock zu einem echten Endspiel an. "Wir wollten eine sportliche Entscheidung zu unseren Gunsten. Die Jungs waren auch überzeugt davon", so Trainer Adrian Soost zum Thema Kreisligaaufstieg. Dementsprechend enttäuscht lagen die Kicker nach der 1:3-Niederlage auf dem Rasen. Niemand dachte zu dem Zeitpunkt an Feierlichkeiten, weil der sportliche Erfolg schließlich fehlte. Die Wildberger fühlten pure Enttäuschung.

Nur zu verständlich war anschließend, dass kein TuS-Akteur recht glauben wollte, was immer mehr durchsickerte. "Ihr seid aufgestiegen", so Leuchtenberger auf dem Spielfeld. "Wartet erst einmal ab", bremste Trapp nur Sekunden später die aufkommende Euphorie.

Am Rande der Partie hatten sich einige Funktionäre Gedanken gemacht, ob man die Jungs nicht doch noch einmal überreden könnte von ihrer ablehnenden Haltung zum Thema Aufstieg. "Schließlich ist es für die Landesklasse-Mannschaft besser, wenn ihr Unterbau in der Kreisliga spielt", berichtete Trapp von Gesprächen mit Cheftrainer Jörg Lutter. Dieser sprach sich für den Aufstieg aus. Also versammelten sich alle Spieler nach Abpfiff in der Kabine. Dazu gesellte sich Abteilungsleiter Bernd Weihshahn. 20 Minuten wurden die Meinung ausgetauscht. Vor der Tür harrte auch TuS-Trainer Adrian Soost aus. Seine Mannschaft wartete geschlossen vor der eigenen Kabine auf seine Nachricht.

Etwa 70 Minuten nach dem Abpfiff schnappte sich Weihshahn den wartenden Soost und lief mit ihm zu den fiebernden Wildbergern. "Wir werden nicht in die Kreisliga aufsteigen. Ein entsprechendes Schriftstück mit dem Beschluss wird dem Fußballkreis umgehend zugestellt."

Für TuS endete die Tortur - gefühlt über Stunden andauernd. "Der Aufstieg war von Anfang an unser Ziel. Jetzt sind alle glücklich, außer der Trainer. Ich hätte es schon lieber sportlich geschafft", musste Gästecoach Soost erst einmal alle Geschehnisse verarbeiten. Seine Spieler waren dafür erleichtert. TuS war im Vorjahr aus der Kreisliga abgestiegen und legte nun einen sofortigen Wiederaufstieg hin.

Aufrufe: 015.6.2016, 07:36 Uhr
MOZ.de / Stephan EllfeldtAutor