Die Neugier auf den Wechsel ins Ausland wurde in der Familie durch Austauschschülerinnen aus England und Deutschland geweckt. Als dann Johanna Tiinus, die ältere Schwester, nach Nürnberg zog, haben sich die Vorstellungen von einem Aufenthalt im Ausland verdichtet. Die ehemalige Fußballerin und Trainerin aus dem Nachwuchsbereich des FC Honka ist nun Co-Trainerin bei den U17-Juniorinnen des Club in der Bundesliga geworden. Als sich für Mutter Anne die Gelegenheit bot, beruflich nach Nürnberg zu kommen, wurde die Chance genutzt: sie nahm ihre Töchter einfach mit nach Franken.
Eine Wohnung ist bereits gefunden und die Schulwünsche für Pauliina und Katriina mit der Aufnahme in die Sportleistungsklasse der Bertolt-Brecht-Schule gut gelöst. In Helsinki sind sie bereits in eine Sportleistungsklasse gegangen. Rundum Zufriedenheit also, denn Osman Cankaya, Trainer des U17-Teams in der Juniorinnen-Bundesliga, ist sich nach den ersten Eindrücken in den Übungseinheiten sicher, „dass uns beide Spielerinnen definitiv im Bundesliga-Kader weiterhelfen können“. Finnisch muss deshalb niemand lernen, Englisch und die stets besser werdenden Deutsch-Kenntnisse der beiden Neuen - übrigens ein weiterer gewichtiger Grund für den Umzug - reichen bereits zur Verständigung. Und gibt es doch einmal Probleme: Sprachlich steht die älteste Schwester als Dolmetscherin und als Co-Trainerin zur Verfügung.
Ob der Club mit seiner strukturierten Nachwuchsarbeit zum Karrieresprung für Pauliina, eine technisch versierte Abwehrspielerin mit Platz im erweiterten Kader der finnischen U16-Nationalmannschaft, oder Torhüterin Katriina, die jüngst in der Heimat als Beste auf ihrer Position des Jahrgangs 2000 ausgezeichnet wurde, beitragen kann, muss sich in Zukunft zeigen.
Die Voraussetzungen schätzt Johanna Tiinus jedenfalls gut ein. Zwar genießt Fußball bei den finnischen Mädchen einen hohen Stellenwert, hat sich in den vergangen Jahren sogar zur beliebtesten Sportart entwickelt, „Deutschland hat jedoch in der Entwicklung einen Vorsprung, verfügt über mehrere gute Spielerinnen und ist in der Spitze deutlich stärker einzuschätzen“.
Davon sollen und wollen die beiden jüngeren Schwestern profitieren, die auch schon Unterschiede in der Spielauffassung ausgemacht haben. „Taktisch wird in Deutschland anders gespielt, physischer zudem und vor allem in höherem Tempo“, hat Abwehrspielerin Pauliina festgestellt und merkt kritisch an: „Manchmal geht es zu schnell und damit auf Kosten der Präzision.“ Aufgenommen wurden sie und ihre jüngere, aber körperlich bereits größere Schwester problemlos. An Gelegenheiten, ihre Fähigkeiten bald im Ernstfall zu beweisen, dürfte es auch beim Frauen-Club nicht fehlen.
Übrigens: Leidtragende in dieser Vier-Frauen-Geschichte in einer globalisierten Welt gibt es natürlich auch. Vater und Ehemann Talaslahti und Ehemann Tiinus bleiben in Finnland, haben allerdings aufgrund ihrer Berufe die Möglichkeit, einmal pro Monat eine Woche in Nürnberg zu verbringen und von hier aus zu arbeiten. Ob sie sich dann für Frauenfußball interessieren, ist nicht überliefert.