2024-04-24T07:17:49.752Z

Allgemeines

Drama in Litauen: Bridaitis wird vermisst

Nach einem Angelunfall, bei dem er seinem Bruder helfen wollte, fehlt vom 49-jährigen Remscheider bis jetzt jede Spur.

Er wollte ein letztes Mal angeln gehen, danach mit der Familie und Freunden das WM-Spiel der deutschen Mannschaft gegen Frankreich im Fernsehen anschauen. Am Sonntag sollte er wieder in Dortmund landen und zurück zu Frau und Tochter kommen.

Doch jetzt wird Viktor Bridaitis vermisst. Ob er und sein zwei Jahre jüngerer Bruder, dem er bei einem Angelunfall zu Hilfe kommen wollte, noch leben, ist ungewiss.

Das Drama um den 49-jährigen Remscheider spielte sich am Freitagnachmittag gegen 17 Uhr (Ortszeit) in Litauen ab. In Tauragé lebt die 75-jährige Mutter, bei der Bridaitis in seinem Urlaub zu Besuch war. Diesmal ohne Frau Birute (50) und Tochter Kristina (23), weil er am Dienstag zum Trainingsauftakt bei den TS Struck sein wollte. Bridaitis trainiert die Kreisliga-B-Kicker der Neuenhofer.

Nach Angaben von Augenzeugen soll Viktor Bridaitis mit seinem Bruder Runas beim Fliegenfischen im Fluss Nemunas (zu deutsch: Memel; rund 25 Kilometer von Tauragé entfernt) gewesen sein, als das Unheil seinen Lauf nahm. Der jüngere Bruder Runas stand demnach im Fluss, als seine lange, gummierte Anglerhose voll Wasser lief und ihn in die Tiefe zog. Viktor, der zu diesem Zeitpunkt wohl am Ufer stand, wollte seinem Bruder helfen, sprang ins Wasser, geriet aber ebenfalls in die starke Strömung in Richtung Kurisches Haff und Ostsee. Seither sind beide spurlos verschwunden. Ob sie noch leben, kann niemand sagen.

Vermisst wird Viktor Bridaitis auch in Remscheid. Bei der Firma Brüder Mannesmann, wo er seit vielen Jahren im Versand arbeitet. Beim FC Remscheid, für den er 55 Zweitliga-Spiele absolvierte. Bei den TS Struck. Und bei den vielen Menschen, die den sympathischen Blondschopf längst in ihr Herz geschlossen haben.

Bridaitis ist neben Sigitas Jakubauskas, Vidmantas Rasiukas, Stanislovas Tamulevicius und Valdas Kasparavicius einer aus dem Litauen-Quintett, das Ende der 80er Jahre aus Vilnius nach Remscheid kam. Zunächst zum VfB, der später mit dem BVL zum FC Remscheid fusionierte. Auch für die SpVg. Radevormwald, den TSV Ronsdorf und die TS Struck kickte er später. Mit dem FCR stieg Bridaitis 1990 in die Zweite Bundesliga auf. Er war damals eine der tragenden Säulen der Mannschaft von Trainer Detlef Pirsig. Als "Sechser" vor der Abwehr. Ein stiller Staubsauger, ein unermüdlicher Dauerläufer, der unauffällig aber unglaublich effizient seinen Dienst vor der Abwehr versah und den eleganteren Künstlern wie Carsten Pröpper oder Martin Tilner den Rücken freihielt.

So kennen ihn auch die Remscheider: Bridaitis ist kein Lautsprecher. Er liebt die leisen Töne, scheut das Rampenlicht. Der Familienvater ist die personifizierte Hilfsbereitschaft und im kleinen Kreis ein lustiger Zeitgenosse mit einem pfiffigen Humor. Und obwohl er seit einem Vierteljahrhundert in Remscheid lebt, ist ihm der Urlaub in der alten Heimat stets wichtig. Hier kann er abschalten. In der Natur, gerne beim Angeln. Dass ihm dieses Hobby nun vielleicht das Leben gekostet hat, ist eine schreckliche Ironie des Schicksals.

Aufrufe: 08.7.2014, 19:26 Uhr
Rheinische Post / Henning SchlüterAutor