2024-04-25T14:35:39.956Z

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F: Britta Gall
F: Britta Gall

Dorf-Kick it like Götze

Pascal Nehlsen war auf dem besten Weg, Profifußballer zu werden. In Dortmund spielte er mit Mario Götze, aber Verletzungen warfen ihn zurück. Nun steht er im Kader in der "Zweiten" des Dabringhausener TV.

Wenn Pascal Nehlsen zum Training geht, streift er neuerdings ein lilaweißes Trikot über - das des Dabringhausener TV. Vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus. Da spielte der 24-Jährige in Schwarz und Gelb, den Farben von Borussia Dortmund.
Zweieinhalb Jahre kickte er für die Westfalen in der Junioren-Bundesliga. Einer seiner Mitspieler war Mario Götze. "Das war schon eine geile Zeit, die viel Spaß gemacht hat", erzählt er heute. "Hätte ich damals allerdings schon gewusst, dass ich sowieso kein Profi werde, dann hätte ich mich wohl gegen diesen Schritt entschieden", sagt Nehlsen rückblickend.

Dabei startete die Karriere des gebürtigen Wermelskircheners vielversprechend. Die ersten Versuche mit dem runden Leder machte er als Kind bei TuRa Pohlhausen, bevor es ihn bis zur D-Jugend des SV 09/35 Wermelskirchen zog. Dort wurde der Wuppertaler SV auf ihn aufmerksam und Nehlsen wechselte als C-Junior zum WSV. Aber auch da hielt es ihn nur kurz, seine Karriere nahm weiter an Fahrt auf. "Ich habe gegen den BVB zwei gute Spiele gemacht und wurde danach weiter von den Scouts beobachtet", erinnert sich Nehlsen. Und nach der Saison kam dann wirklich das Angebot vom großen Ballspielverein, der sich die Dienste des talentierten Stürmers sichern wollte: "Ich bin mein Leben lang schon BVB-Fan. Da ging natürlich ein Traum in Erfüllung."

Die Jugendabteilung der Borussia sollte sein Einstiegsticket ins Profigeschäft werden. "Natürlich war es ab da mein Ziel, Bundesligafußballer zu werden", sagt Nehlsen. Und dafür gab der damals 15-Jährige alles. Fünfmal in der Woche ging es zum Training nach Dortmund. Dazu die Spiele am Wochenende. Organisatorisch wäre das für ihn und seine Familie unmöglich zu stemmen gewesen. Also ließ sich der Verein nicht lumpen und spendierte einen Fahrer, der das Talent jeden Tag in Wermelskirchen abholte, zum Training fuhr und abends wieder nach Hause brachte. "Das war dort völlig normal. Jeder hatte einen Fahrer", erzählt Nehlsen.

In Dortmund lernte er natürlich auch viele Profis aus dem Bundesliga-Team kennen. "Das war echt cool, sich mit Stars wie Mladen Petric zu unterhalten", sagt Nehlsen. In der A-Jugend spielte er schließlich zusammen mit Mario Götze. "Er war schon damals richtig gut und hat so gut wie jeden auseinandergenommen", erinnert sich der Wermelskirchener an die gemeinsame Zeit mit dem Weltmeister.

Für seinen Traum vom Profifußballer musste der heute 24-Jährige aber auch viel aufgeben. "Wenn man direkt von der Schule zum Training muss und erst um 22 Uhr wieder zu Hause ist, bleibt nicht viel Zeit", erklärt Nehlsen. Seinen Realschulabschluss konnte er neben dem Fußball machen, seine Noten litten aber unter Belastung. "Und mit meinen Kumpel konnte ich auch nichts mehr unternehmen. Wie jeder andere Jugendliche mal einen zu trinken - das kam als Sportler nicht infrage." Heute bereut er diese Opfer ein wenig: "Wenn ich gewusst hätte, dass das mit der Bundesliga nichts wird, hätte ich es gelassen."

So aber erging es Nehlsen wie vielen anderen hoffnungsvollen Talenten, die es nie bis auf die ganz große Fußballbühne schaffen. "Ich war beim BVB ständig verletzt und bin nie richtig in Tritt gekommen", ärgert er sich. Geplagt von Verletzungen, wie einer entzündeten Achillessehne, ging es für ihn mit 18 Jahren zurück zum Wuppertaler SV. Dort spielte er noch eineinhalb Jahre in der U19-Bundesliga, ehe sein Körper endgültig die Reißleine zog. "Ich hatte zwei Kreuzbandrisse innerhalb eines Jahres. Knieprobleme habe ich deswegen bis heute", sagt Nehlsen. Nach einem weiteren Jahr als Aktiver in der Landesliga beim SSV Sudberg, hatte er genug vom Fußball. "Ich habe so viel gegeben und nie etwas erreicht. Meine Motivation weiterzumachen war bei Null."

Also spielte er vier Jahre lang überhaupt nicht mehr. Seine Konzentration galt dem neuen Job. Nehlsen wurde Heilerziehungspfleger und arbeitet heute im Kinderhospiz Wuppertal. So ganz lassen konnte er das Kicken aber nicht und gab nebenbei Training in der Fußballschule von Bayer Leverkusen. Sein Lebensmittelpunkt verschob sich nach Wermelskirchen und irgendwann fing es dann doch wieder an, "in den Füßen zu jucken". "Ein Freund hat mich überzeugt, mal beim Training der zweiten Mannschaft des DTV vorbeizukommen", erzählt Nehlsen. Das war Anfang 2016. "Wenn man nur den Leistungssport kennt, war das erst einmal ein ziemlicher Kulturschock. In Dortmund wurden nach dem Trai- ning nicht zwei Kästen Bier getrunken", sagt der 24-Jährige und lacht. Aber gerade, dass alles anders als sonst war, gefiel ihm sofort: "Die Mannschaft ist eine echt coole Truppe, die mir in dem halben Jahr schon sehr wichtig geworden ist." Anfangs sei er fußballerisch zwar etwas eingerostet gewesen, inzwischen könne er aber wieder ganz gut mithalten.

Das ist beim DTV auch an anderer Stelle aufgefallen. "Wenn man so einen talentierten Spieler im Verein hat, sollte man sich um ihn bemühen", sagt Acar Sar, Coach der Bezirksliga-Mannschaft, über Nehlsen. Der hat schon mitbekommen, dass man ihn gerne in der "Ersten" sehen würde, sagt allerdings auch: "Ich habe endlich wieder Spaß am Fußball. Das ist mir viel wert. Ich habe nicht vor, denselben Fehler wie damals noch mal zu machen."

Aufrufe: 019.8.2016, 20:14 Uhr
RP / Tim KronnerAutor