2024-04-16T09:15:35.043Z

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Hochkonzentriert im Schauerregen: Baraa Ramadan (Mitte) von der DJK Bayern. F: Roland Fengler
Hochkonzentriert im Schauerregen: Baraa Ramadan (Mitte) von der DJK Bayern. F: Roland Fengler

DJK Bayern: Mit "halb Europa" geht es wieder bergauf

Alltag in der A-Klasse 7 - Teil 6: Nach den negativen Schlagzeilen der vergangenen Jahre soll im Wiesen­grund endlich Ruhe einkehren

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Gut, sie war ja nie weg, die A-Klasse. Wir haben sie hier nur versteckt, eine Saison lang. Jetzt sind wir wieder dort, bei den Jungs mit den schweren Knochen. Eine wöchentliche Liebeser­klärung an die ehrlichste Fußball-Liga Nürnbergs.

Den Weg hätte sich Andreas Egerer sparen können. Der Torwart der DJK Bayern war beim Stand von 0:1 mit nach vorne gelaufen, doch bevor der Eckstoß ausgeführt werden konnte, pfiff Schiedsrichter Björn Bergner ab. Ahmet Ayan besiegelte mit seinem Tor für Gostenhof die dritte Nieder­lage der DJK in der A-Klasse 7.

Dass der Verein aus dem Wiesen­grund überhaupt mitspielen darf, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Es gab Zeiten an der Christoph-Weiß-Straße, da hatte man so seine Proble­me mit dem Bayerischen Fußball-Ver­band. Begonnen hat alles zu einer Zeit, von der Gamal Keblawi, heuti­ger Abteilungsleiter, nur vom Hören­sagen berichten kann. In der Saison 2014/15 setzt die DJK einen Spieler namens Oben Besong ein, der aber zwei Pässe bei zwei unter­schiedlichen Vereinen besitzt. Der BFV sperrt Besong für eineinhalb Jah­re und zieht dem Klub 18 Punkte ab. Zur neuen Saison wechselt Keblawi als Trainer von Germania zur DJK. Doch zunächst bleiben die Probleme: Im Oktober 2015 steht der Nürnber­ger Verein kurz vor der Insolvenz. Er kann diverse Rechnungen nicht zah­len, beispielsweise die Geldstrafe für den unzulässigen Spielereinsatz. Dar­aufhin sperrt der BFV die DJK so lan­ge, bis die Rechnungen gezahlt sind.

„Wir haben Mahnungen links liegen gelassen und im Kollektiv versagt“, stellt Keblawi heute fest. Die DJK-Vorstände wenden sich an den Sportservice, der ihnen Sparmög­lichkeiten aufzeigt. Mit Hilfe des Insolvenzverwalters und der Einnah­men zu Jahresbeginn kann die DJK ihre Rechnungen Anfang Februar zah­len und wieder am Spielbetrieb teil­nehmen. Bemerkenswert: Nur zwei Spieler haben die DJK in der „schwie­rigen Zeit“ (Keblawi) verlassen, teil­weise waren 20 Mann im Training. Keblawi beschränkt sich ab sofort aus beruflichen Gründen auf sein Amt als Abteilungsleiter. Der neue Spieler­trainer Nikolaus Laiker sichert den Klassenerhalt. Zur Saison 2016/17 übernimmt Mehmet Ugur die Mann­schaft als Spielertrainer. Unterstützt wird er bei seiner ersten Trainerstati­on von Thomas Hölzel.

Die Trainersu­che war für Keblawi nicht ganz leicht, da es bei der DJK immer noch an Geld mangelt. Teilweise forderten Trainer 600 Euro. Ugur und Hölzel machen es quasi umsonst. „Für uns als Verein ist das überragend“, meint Keblawi.

Eine der größten Aufgaben der bei­den Trainer ist es, die neun Flüchtlin­ge zu integrieren. Acht Syrer und ein Iraker schlossen sich der DJK an. „Einer hat mittrainiert und auf ein­mal waren die anderen da“, erzählt Keblawi. Bei den internationalen Wechseln wurde sogar die Fifa einge­schaltet. Die DJK Bayern half den Flüchtlingen, indem sie ihnen das Geld für die Pässe auslegte. Am Anfang hatten die Stammkräfte und vor allem die älteren Zuschauer Zweifel, doch mittlerweile sind die Flüchtlinge „hervorragend inte­griert“, wie Keblawi findet. Beim Volksfest-Besuch waren sie die letz­ten, die gehen wollten.

Drei der acht Neuen haben bereits den Sprung in die erste Mannschaft geschafft, unter ihnen auch Ali Khalil Hussein, der in sieben Spielen schon sechs Tore auf dem Konto hat. Ali und seine Mitstrei­ter haben bei mehreren Vereinen mit­trainiert, am besten gefallen hat es ihnen bei der DJK. Probleme bereiten noch die sprachlichen Hürden, doch auch hier geben sich die Neuzugänge viel Mühe. „Teilweise bringen sie uns selbst geschriebene Aufsätze mit, die wir dann korrigieren“, sagt Keblawi.

Ziel in der neuen Saison ist es, „kei­ne negativen Schlagzeilen“ zu schrei­ben. Es soll Ruhe einkehren. Finanzi­ell steht man wieder besser da und sportlich ist sogar eine dritte Mann­schaft geplant. Interessant sind die „zig Nationen und die unterschiedli­chen Mentalitäten. Bei uns spielt halb Europa“, sagt Keblawi. Trainer Ugur will einerseits „im oberen Mittelfeld“ landen und andererseits, dass der Ver­ein für die Flüchtlinge wie eine „zwei­te Familie“ wird.

Neben ihm steht nach dem Spiel der geknickte Baraa Ramadan. Alles ver­stehen kann er nicht, seine Standar­dantwort ist: „Wir spielen alle für die DJK.“ Früher hat er in Syrien Fußball gespielt, jetzt kickt er hier mit seinen Freunden. Die Frage nach dem bisher schönsten Moment in Deutschland ver­steht er zunächst nicht, auch hier drückt er seine Begeisterung dann in einem Satz aus: „Ich spiele für die DJK.“

Aufrufe: 05.10.2016, 11:22 Uhr
Bastian Mühling (NN)Autor