Den Weg hätte sich Andreas Egerer sparen können. Der Torwart der DJK Bayern war beim Stand von 0:1 mit nach vorne gelaufen, doch bevor der Eckstoß ausgeführt werden konnte, pfiff Schiedsrichter Björn Bergner ab. Ahmet Ayan besiegelte mit seinem Tor für Gostenhof die dritte Niederlage der DJK in der A-Klasse 7.
Dass der Verein aus dem Wiesengrund überhaupt mitspielen darf, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Es gab Zeiten an der Christoph-Weiß-Straße, da hatte man so seine Probleme mit dem Bayerischen Fußball-Verband. Begonnen hat alles zu einer Zeit, von der Gamal Keblawi, heutiger Abteilungsleiter, nur vom Hörensagen berichten kann. In der Saison 2014/15 setzt die DJK einen Spieler namens Oben Besong ein, der aber zwei Pässe bei zwei unterschiedlichen Vereinen besitzt. Der BFV sperrt Besong für eineinhalb Jahre und zieht dem Klub 18 Punkte ab. Zur neuen Saison wechselt Keblawi als Trainer von Germania zur DJK. Doch zunächst bleiben die Probleme: Im Oktober 2015 steht der Nürnberger Verein kurz vor der Insolvenz. Er kann diverse Rechnungen nicht zahlen, beispielsweise die Geldstrafe für den unzulässigen Spielereinsatz. Daraufhin sperrt der BFV die DJK so lange, bis die Rechnungen gezahlt sind.
„Wir haben Mahnungen links liegen gelassen und im Kollektiv versagt“, stellt Keblawi heute fest. Die DJK-Vorstände wenden sich an den Sportservice, der ihnen Sparmöglichkeiten aufzeigt. Mit Hilfe des Insolvenzverwalters und der Einnahmen zu Jahresbeginn kann die DJK ihre Rechnungen Anfang Februar zahlen und wieder am Spielbetrieb teilnehmen. Bemerkenswert: Nur zwei Spieler haben die DJK in der „schwierigen Zeit“ (Keblawi) verlassen, teilweise waren 20 Mann im Training. Keblawi beschränkt sich ab sofort aus beruflichen Gründen auf sein Amt als Abteilungsleiter. Der neue Spielertrainer Nikolaus Laiker sichert den Klassenerhalt. Zur Saison 2016/17 übernimmt Mehmet Ugur die Mannschaft als Spielertrainer. Unterstützt wird er bei seiner ersten Trainerstation von Thomas Hölzel.
Die Trainersuche war für Keblawi nicht ganz leicht, da es bei der DJK immer noch an Geld mangelt. Teilweise forderten Trainer 600 Euro. Ugur und Hölzel machen es quasi umsonst. „Für uns als Verein ist das überragend“, meint Keblawi.
Eine der größten Aufgaben der beiden Trainer ist es, die neun Flüchtlinge zu integrieren. Acht Syrer und ein Iraker schlossen sich der DJK an. „Einer hat mittrainiert und auf einmal waren die anderen da“, erzählt Keblawi. Bei den internationalen Wechseln wurde sogar die Fifa eingeschaltet. Die DJK Bayern half den Flüchtlingen, indem sie ihnen das Geld für die Pässe auslegte. Am Anfang hatten die Stammkräfte und vor allem die älteren Zuschauer Zweifel, doch mittlerweile sind die Flüchtlinge „hervorragend integriert“, wie Keblawi findet. Beim Volksfest-Besuch waren sie die letzten, die gehen wollten.
Drei der acht Neuen haben bereits den Sprung in die erste Mannschaft geschafft, unter ihnen auch Ali Khalil Hussein, der in sieben Spielen schon sechs Tore auf dem Konto hat. Ali und seine Mitstreiter haben bei mehreren Vereinen mittrainiert, am besten gefallen hat es ihnen bei der DJK. Probleme bereiten noch die sprachlichen Hürden, doch auch hier geben sich die Neuzugänge viel Mühe. „Teilweise bringen sie uns selbst geschriebene Aufsätze mit, die wir dann korrigieren“, sagt Keblawi.
Ziel in der neuen Saison ist es, „keine negativen Schlagzeilen“ zu schreiben. Es soll Ruhe einkehren. Finanziell steht man wieder besser da und sportlich ist sogar eine dritte Mannschaft geplant. Interessant sind die „zig Nationen und die unterschiedlichen Mentalitäten. Bei uns spielt halb Europa“, sagt Keblawi. Trainer Ugur will einerseits „im oberen Mittelfeld“ landen und andererseits, dass der Verein für die Flüchtlinge wie eine „zweite Familie“ wird.
Neben ihm steht nach dem Spiel der geknickte Baraa Ramadan. Alles verstehen kann er nicht, seine Standardantwort ist: „Wir spielen alle für die DJK.“ Früher hat er in Syrien Fußball gespielt, jetzt kickt er hier mit seinen Freunden. Die Frage nach dem bisher schönsten Moment in Deutschland versteht er zunächst nicht, auch hier drückt er seine Begeisterung dann in einem Satz aus: „Ich spiele für die DJK.“