2024-05-10T08:19:16.237Z

Kommentar

Die Vorfreude aufs Derby

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. . . gerät für die meisten Anhänger zu einer traurigen Zeitreise in die Vergangenheit. Denn wenn sich früher FC Remscheid und Wuppertaler SV gegenüberstanden, waren proppenvolle Stadien und hitzige Spiele garantiert.

Ob der FC Remscheid sein Ziel erreicht, ist ungewiss. Eine vierstellige Zuschauerzahl – sogar bis zu 3000 Fans – hatte sich der Landesligist ursprünglich erhofft, nachdem es das Los im Niederrheinpokal gut meinte und dem Klub den Nachbarn und früheren Erzrivalen Wuppertaler SV Borussia bescherte. Doch wenn beide Teams am Dienstag (18.15 Uhr) in der ersten Runde im Röntgen-Stadion die Klingen kreuzen, begegnen sie sich nicht mehr auf Augenhöhe.

Das Nachbarschafts-Derby, einst Inbegriff sportlicher Rivalität, hat längst Patina angesetzt. Der FCR dümpelt in Liga sechs, der WSV auch nur in Liga vier. Trotzdem liegen sportlich im Normalfall zwischen beiden Klubs Welten. Voraussetzungen, die einfach nicht mehr zum Straßenfeger taugen.

Kein Wunder, dass sich die Gedanken in der Röntgen-Stadt eher rückwärts bewegen, wenn der direkte Vergleich der bergischen Klubs zur Sprache kommt. Das ist logisch, schließlich datieren die letzten Kräftemessen der jeweils ersten Mannschaften in der Meisterschaft aus der Saison 2000/2001. In der Oberliga tummelten sich damals die beiden Kontrahenten. Zweimal gewann der WSV gegen den finanziell und sportlich abstürzenden FCR. Zu Hause mit 5:1, in Remscheid mit 4:0.

Daran mag sich heute rund ums Röntgen-Stadion niemand gerne erinnern. Dann schon lieber an die Saison 1990/91. Damals kickten beide Teams gemeinsam in der Oberliga, aber die Remscheider waren auf dem Weg, wieder in die Zweite Bundesliga aufzusteigen. Zu Hause machte der FCR mit dem Gast beim 4:0 kurzen Prozess. Legendär ist bis heute das spektakuläre Laufduell vor dem 3:0 von "Joe" Schmidt gegen Wuppertals Ralph Gülden, der gegen den pfeilschnellen Remscheider wirkte wie ein Schmetterling beim Start gegen den Wind.

Damals lockte das Derby auch noch Zuschauermassen an die Kassen. Als auch der WSV später ebenfalls den Sprung in die Zweite Liga geschafft hatte, kamen 10 000 Fans zum Duell in Lennep (1:1), sogar 11.000 waren es im Stadion am Zoo (1:0 für den WSV).

Heute kosten die direkten Aufeinandertreffen nur noch viel Geld und mobilisieren insbesondere die Sicherheitskräfte. Weil sich hier wie dort so genannte "Fans" ihr eigenes "Derby" backen möchten, haben private und verbeamtete Sicherheitsfachkräfte auch morgen Hochkonjunktur. Sie sollen im und rund ums Stadion dafür Sorge tragen, dass hinterher nur über Fußball gesprochen wird.

Dumm: das kostet. Und so wird den Gastgebern – falls nicht noch ein Zuschauer-Wunder geschieht – neben der sportlichen Niederlage wohl kaum ein angemessen großes finanzielles Trostpflaster übrigbleiben. Auch das noch.

Aufrufe: 021.8.2012, 07:34 Uhr
Rheinische Post / Henning SchlüterAutor