2024-04-25T08:06:26.759Z

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Begegnung der zweiten Art: Am Samstag treffen der Bötzinger Julian Burg (links) und der Endinger Philipp Hensle wieder aufeinander. | Foto: Daniel Fleig
Begegnung der zweiten Art: Am Samstag treffen der Bötzinger Julian Burg (links) und der Endinger Philipp Hensle wieder aufeinander. | Foto: Daniel Fleig

Die SG Kaiserstuhl ist eine Utopie

Die drei Fußball-Verbandsligisten der Weinregion setzen auf Eigenständigkeit, auch wenn die Zuschauerzahlen sinken

Der Wein, der Kaiserstuhl und der Fußball. Wer diese drei Begrifflichkeiten zusammenträufelt, landet irgendwann bei den Barriquefässern von Fritz Keller in Oberbergen. Doch auch jenseits der önologischen Beletage, die der Winzer und Präsident des SC Freiburg im Vogtsburger Vulkangestein beherbergt, wird am Fuße der Rebhänge mit Sinn und Verstand gegen den Ball getreten. Von den drei Kaiserstühler Verbandsligisten treffen sich am Samstag der FC Bötzingen und der SV Endingen zum Derby. Der SC Wyhl kämpft unverdrossen gegen den Abstieg. Und dann gibt es da noch den Bahlinger SC.
Bekanntlich haben sich die Bahlinger als Tabellenvorletzter der Oberliga in eine bedrohliche Situation manövriert. Doch Freude auf ein mögliches Derby in der kommenden Saison gegen einen Absteiger von der Ponderosa kommt bei den Nachbarn nicht so recht auf: „Die Bahlinger gehören in die Oberliga“, stellt der Endinger Trainer Axel Siefert klar. „Es wäre total schade für den Kaiserstuhl, wenn die absteigen würden.“ Der Bötzinger Coach Jens Scheuer fände es „schlimm, wenn wir gegen Bahlingen spielen müssten“. Scheuer, beim BSC viele Jahre Leistungsträger und für eine halbe Saison auch Trainer, hält die Qualität der Mannschaft für zu hoch, um tatsächlich abzusteigen: „Das wäre so, als ob der FC Bayern in die zweite Liga muss.“

Etwas anders sieht es Carsten Bickel, der Trainer des SC Wyhl: „Wenn wir gegen Bahlingen spielen, würde das bedeuten, wir erhalten die Klasse“, folgert Bickel. „Das wäre natürlich ein absolutes Highlight in der Wyhler Vereinsgeschichte und ein echter Zuschauermagnet.“ Andererseits wünscht auch Bickel, der selbst acht Jahre für die Rot-Weißen gespielt hat, den Bahlingern den Ligaverbleib.

Im Konzert der Fußballgrößen am Kaiserstuhl sind die Wyhler neu dabei. Nach dem erstmaligen Aufstieg in die Verbandsliga hat der Klub aus der Nordregion der Gebirgsinsel die Saison „als Abenteuer tituliert“, so Bickel. Als Drittletzter geben sich die Wyhler bei fünf möglichen Absteigern keinen Illusionen hin: „Wir sind uns im Klaren darüber, dass es in den letzten sechs Spielen ein schweres Unterfangen wird“, sagt der SC-Trainer.

Doch der spannende Abstiegskampf ist nicht der einzige Grund, warum die Gelb-Schwarzen von den drei Kaiserstühler Verbandsligisten mit einem Schnitt von rund 250 Zuschauern den höchsten Zuspruch haben. „Bei uns spielen noch viele Eigengewächse mit“, erklärt Bickel. „Das stärkt die Identifikation mit dem Publikum und den Zusammenhalt im Ort.“

Diese Bindung scheint in Endingen und Bötzingen ein wenig verloren gegangen zu sein. So paradox das klingen mag: Die niedrigen Zuschauerzahlen, die gerade in Bötzingen manchmal unter die Hundertermarke absacken, sind der Fluch des eigenen Erfolgs. Wer dauerhaft in der Verbandsliga bestehen will, benötigt auswärtiges Personal, vornehmlich aus der Studentenstadt Freiburg. Diese oftmals gut ausgebildeten Spieler sind vor Ort unbeschriebene Blätter – und damit erst mal uninteressant. Hinzu kommt die hohe Sättigung mit Fußballkost durch die Dauerberieselung im Fernsehen und das abnehmende ehrenamtliche Engagement in den Vereinen. „Was auf dem Fußballplatz im Dorf abgeht, interessiert heute die Wenigsten“, hat Jens Scheuer erkannt.

Wäre es deshalb nicht an der Zeit für einen sportlichen Zusammenschluss der besten Kräfte am Kaiserstuhl, um das Interesse wiederzubeleben? Jens Scheuer ist vor über zehn Jahren schon mal der Gedanke einer SG Kaiserstuhl gekommen. Doch die Realität hat ihn schnell eingeholt. „Da ist zu viel festgefahren, jeder wurschtelt vor sich hin“, musste Scheuer feststellen. Karsten Bickel hat Verständnis für den Wunsch nach sportlicher Eigenständigkeit: „Der eigene Stolz der Vereine ist zu groß. Das ist auch richtig so.“ Immerhin stemmt Bahlingen die Oberliga nun schon seit acht Jahren weitgehend problemlos aus eigenen Mitteln.

Auch Axel Siefert schließt eine Spielgemeinschaft aus, „weil es kaum einen in den Vereinen gibt, der das befürwortet.“ Allerdings stimmt er mit Scheuer überein, dass dieser Ansatz im Jugendbereich sinnvoll wäre. Aus einer SG, die bei A- und B-Junioren auf Verbandsebene spielt, ließe sich mehr Nachwuchs für die eigenen ersten Mannschaften rekrutieren – und damit das Wir-Gefühl stärken.

Bei den Gegnern des Wochenendes ist die aktuelle Lage grundverschieden: Für Bötzingen, derzeit auf Tabellenplatz sieben, stellt das Pokalfinale am 14. Mai den Ligaalltag in den Schatten. Endingen schielt als Vierter, einen Zähler hinter dem Zweiten Offenburger FV, noch auf die Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Oberliga. „Natürlich haben wir die im Blick“, bestätigt Siefert. Rauf in die Oberliga und dann gegen Bahlingen – dieses Derby würde Siefert ziemlich gefallen.
Aufrufe: 024.4.2014, 22:00 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor