2024-04-23T13:35:06.289Z

Pokal
Einsatz fraglich: Der Schlebuscher Kapitän Tim Breddemann (links) ist angeschlagen und droht im Pokal-Viertelfinale gegen Viktoria Köln auszufallen., Foto: Uli Herhaus
Einsatz fraglich: Der Schlebuscher Kapitän Tim Breddemann (links) ist angeschlagen und droht im Pokal-Viertelfinale gegen Viktoria Köln auszufallen., Foto: Uli Herhaus

Die Leichtigkeit des Außenseiters

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Der Bezirksligist SV Schlebusch tritt im Viertelfinale des Mittelrhein-Pokals gegen den Regionalligisten FC Viktoria als Außenseiter ehrgeizig, aber unverkrampft an

Leverkusen. Die Späher von Viktoria Köln dürften am Sonntag geflucht haben, abschütteln ließen sie sich aber nicht. Der Coach des Fußball-Regionalligisten, Tomasz Kaczmarek, war jedenfalls zugegen, als mit dem SV Schlebusch der Gegner im Verbandspokal-Viertelfinale seine Generalprobe absolvierte. Dafür hatte der 30-Jährige allerdings einige Zeit und Liter Sprit investiert. Denn der Bezirksligist hatte seinen letzten Test gegen den Landesligisten TuS Mondorf zunächst von 13 auf 15.30 Uhr und dann kurzerhand vom eigenen Platz nach Mondorf verlegt. Kaczmarek erfuhr davon aber offenbar erst, als er mittags in Schlebusch angekommen war.

„Bei der Platzbelegung gab es ein wenig Kuddelmuddel. Böse Absicht war es jedenfalls nicht. Wir wollten auf keinen Fall irgendwen ärgern”, beteuert der Schlebuscher Trainer Stefan Müller. Letzteres will er sich für den Mittwochabend aufheben. Dann soll der große Favorit aus der Nachbarstadt, der drei Ligen höher spielt, die nächste Runde des Wettbewerbs zumindest nicht im Spaziergang erreichen. Nachfolgend eine Übersicht über die Stärken und Schwächen beider Teams und die Chancen auf den großen Coup des Underdogs aus Schlebusch.

Das Team: Der SV Schlebusch verfügt über eine junge, unerfahrene Mannschaft, die sich zum großen Teil aus eigenen Talenten rekrutiert. Routinierte Akteure wie Spielmacher Tobias Balduan, der einst für Bergisch Gladbach in der Regionalliga auflief, und der zuletzt erkrankte Stürmer Falko Fritzinger stellen Ausnahmen dar. Dafür betont Trainer Müller stets den guten Zusammenhalt seines Teams, das als Tabellenvierter in die Winterpause ging.

Die Vorbereitung verlief sehr erfolgreich. Zuletzt feierte man einen 4:2-Erfolg gegen den Landesligisten TuS Lindlar und auch in Mondorf (Landesliga) reichte es zu einem 2:2 (0:1). Für den SV trafen Christopher Hinzmann (1:1/47.) und Zugang Michael Urban (2:2/88.). Letzterer hatte auch gegen Lindlar getroffen — und das gleich viermal. Trainer Müller erhofft sich auch gegen Köln Erfolge in der Offensive. „Es entspricht jedenfalls nicht meiner Philosophie, in der Abwehr Beton anrühren zu lassen”, sagt der Coach, der zwei Ausfälle zu beklagen hat: Keeper Dennis Hill ist beruflich verhindert und Tim Herbel am Knie verletzt. Weitere Spieler, darunter Kapitän Tim Breddemann, sind angeschlagen. Im Tor bestreitet nun Luka Prica sein erstes Saisonpflichtspiel. Er hatte sich vor dem Meisterschaftsauftakt im Sommer beim Aufwärmen einen Mittelfußbruch zugezogen.

Der Gegner: Im Sommer startete Viktoria Köln bereits zum dritten Mal mit dem Ziel aufzusteigen in eine Regionalliga-Spielzeit. Doch trotz eines namhaft besetzten Kaders droht auch der dritte Anlauf zu scheitern. Tabellenführer Alemannia Aachen ist inzwischen zwölf Zähler voraus. Das Team von Coach Kaczmarek, der im Dezember Claus-Dieter Wollitz abgelöst hatte, belegt nur Rang fünf. Dennoch verfügt die Mannschaft über viele starke Spieler, die unter nahezu professionellen Bedingungen trainieren. Nicht nur Mike Wunderlich (FSV Frankfurt), Markus Brzenska (Borussia Dortmund) und Timo Staffeldt (VfL Osnabrück) haben schon in den deutschen Profiligen gespielt. Kaczmarek warnt trotz der individuellen Überlegenheit vor Schlebusch: „Das ist eine gute Bezirksliga-Mannschaft mit einigen gefährlichen Leuten in der Offensive. Wir nehmen die Aufgabe natürlich extrem ernst.” Zuletzt musste sein Team eine Zwangspause einlegen, da die Regionalliga-Partie bei den Sportfreunden Siegen wetterbedingt abgesagt wurde. Auch personell läuft nicht alles rund: René Klingenburg, Zugang vom FC Schalke 04, zog sich einen Muskelfaserriss zu und fällt vorerst aus. Ebenso nicht mitwirken können Jerome Assauer (Schambeinentzündung) und André Dej (Teilriss des hinteren Kreuzbandes).

Das Wunder?: Trainer Müller geht die Partie ehrgeizig, aber nicht verkrampft an. „Wir haben unser Ziel mit dem Heimspiel gegen diesen attraktiven Gegner eigentlich schon erreicht”, sagt er, „dafür haben wir in den Runden zuvor und im Kreispokal die Knochen hingehalten.” Was nach nettem Understatement klingt, hat einen tieferen Sinn: Es soll seinen Spielern Leichtigkeit einhauchen. Unbefangenheit und Leidenschaft könnten in diesem ungleichen Duell nämlich die entscheidenden Trümpfe werden. Spielerisch kann Schlebusch der Viktoria im Normalfall nicht das Wasser reichen. Für eine Überraschung braucht es also eine SV-Elf, die den Favoriten mit Engagement und Courage überrumpelt und wohl auch Viktoria-Spieler, die die Partie zu locker angehen und sich zu sehr auf ihre spielerische Überlegenheit verlassen. Diese Konstellation ist nicht wahrscheinlich, wäre in der Geschichte des Pokalwettbewerbs aber alles andere als ein Novum.

Aufrufe: 02.3.2015, 21:32 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Wolfram KämpfAutor