2024-04-23T13:35:06.289Z

Ratgeber Medizin
Dr. Florian Döbereiner ist Mannschaftsarzt beim TSV Schwabmünchen. Die farbigen Tapes sind mittlerweile ein fester Bestandteil in der Sportmedizin.  Foto: Hechelmann
Dr. Florian Döbereiner ist Mannschaftsarzt beim TSV Schwabmünchen. Die farbigen Tapes sind mittlerweile ein fester Bestandteil in der Sportmedizin. Foto: Hechelmann

Die Kraft der bunten Pflaster

Dr. Florian Döbereiner kennt sich mit Sportverletzungen bestens aus +++ Die Hitze in Brasilien birgt Verletzungsgefahren

Als sich Marco Reus bei der Generalprobe der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Armenien den Fuß verdrehte und verletzt vom Platz musste, war klar: Diese Verletzung ist schlimm. Bilder wie diese will der Fußballfan bei der WM in Brasilien nicht sehen.
Doch wo lauern die größten Gefahren für einen Fußballer? Und was bedeuten eigentlich die bunten Pflaster, die Spieler immer wieder an Oberschenkel, Knie oder im Nackenbereich tragen? Einer, der sich bestens mit der Materie auskennt, ist Dr. Florian Döbereiner, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie im Orthopädiezentrum Schwabmünchen und seit zwei Jahren Mannschaftsarzt des TSV Schwabmünchen. Zuvor war Döbereiner für die Eishockeyspieler der Straubing Tigers tätig.

Was sind die häufigsten Verletzungen in einem Fußballerleben, welcher Körperteil ist am anfälligsten?

Dr. Döbereiner: Muskelverletzungen, vor allem im Oberschenkelbereich, liegen weit vorne. Es folgen Gelenkverletzungen wie Innenband- und Meniskusrisse am Knie. Zudem sind auch immer mal wieder die Außenbänder am Sprunggelenk betroffen.

Sind die Verletzungsbilder in den unterklassigen Ligen anders als in den höherklassigen?

Dr. Döbereiner: Verletzungen in den unteren Ligen sind allein schon aufgrund des Trainingszustands häufiger. Bei Profis muss es da schon zu massiver Gewalteinwirkung kommen. Sie sind zwar vergleichsweise seltener verletzt – aber wenn, dann gleich heftig.

Welche Verletzung ist für einen Fußballer am schlimmsten und am schwersten zu behandeln?

Dr. Döbereiner: Kreuzbandverletzungen. Wenn sowohl das vordere als auch das hintere Band in Verbindung mit dem Außenband reißen, ist die Karriere als Fußballprofi stark gefährdet. Dieses Verletzungsbild tritt etwa auf, wenn der Spieler mit dem Fuß am Boden steht, den Oberkörper dreht und zugleich einen schweren Schlag auf das Knie bekommt.

Ist die Verletzungsgefahr in Brasilien aufgrund der hohen Temperaturen größer, da möglicherweise die Konzentration schneller nachlässt?

Dr. Döbereiner: Die Verletzungsgefahr ist auf alle Fälle größer. Die Spieler schwitzen stärker, es kommt zu Flüssigkeitsverlusten, Elektrolyte fehlen und Krämpfe sind somit vorprogrammiert. Dies wird vor allem dann auftreten, wenn es im Spiel zu Verlängerungen kommen sollte. Und wird ein verkrampfter Muskel nicht geschont, kann dies zu Muskelfaserrissen führen.

Was bewirken die bunten Tapes, welche Funktion haben die unterschiedlichen Farben?

Dr. Döbereiner: Es handelt sich um Kinesio-Tapes. Diese speziellen Pflaster sind hochelastisch, atmungsaktiv und hautfreundlich. Wie eine zweite Haut dehnt sich das Tape und zieht sich wieder zusammen, ohne die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Dabei soll es schmerzlindernd und stoffwechselanregend sein. Rein nach der Farbenlehre bevorzugt man bei Entzündungen blaue Tapes, da diese Farbe für Kälte steht. Rot steht für Wärme, daher werden diese Tapes zum Beispiel bei Muskelverhärtungen eingesetzt. Letztendlich aber wäre es egal, welche Farbe man nimmt – es handelt sich stets um das gleiche Material.

Wieso sind Fußballer nach Verletzungen schneller wieder fit als ein Normalbürger?

Dr. Döbereiner: Profis haben allgemein eine sehr gute Gesamtkonstitution. Zudem können sie nach einer Verletzung täglich weiterbehandelt werden. Auch ist der Ehrgeiz beim Profisportler sicherlich größer, wieder fit zu werden, da der Körper schließlich sein Kapital ist.

Spielt die Ernährung eine Rolle bei Verletzungen?

Dr. Döbereiner: Sicherlich ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung wichtig. Nur auf den Aufbau von Muskelmasse zu setzen, hat allerdings keinen Sinn. Dies ist ja auch das Problem vieler Bodybuilder. Mit Eiweißprodukten wird zwar die einzelne Muskelzelle größer, mehr Kraft steckt dann aber nicht dahinter.
Aufrufe: 01.7.2014, 08:24 Uhr
Mindelheimer Zeitung / Matthias SchallaAutor