2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview

Die Hemmschwelle ist oft zu groß

Marie-Louise Eta organisiert das erste Fußball-Camp nur für Mädchen in Dresden. Sie weiß, wie Weltmeisterin geht.

Sie zählt zu den erfolgreichsten Dresdner Fußballerinnen überhaupt. Marie-Louise Eta, unter ihrem Mädchennamen Bagehorn U-20-Weltmeisterin und mit Turbine Potsdam Siegerin der Champions League, kehrt mit einer Idee nach Dresden zurück. Zumindest für drei Tage. Die inzwischen 25-Jährige lädt zum ersten professionellen Fußball-Camp der Landeshauptstadt ausschließlich für Mädchen ein. Die Fußballerin von Erstliga-Absteiger Werder Bremen versteht ihr Handwerk. Sie schließt gerade ihren Bachelor of Arts im Sport-Management ab, führt als Trainer-Duo mit ihrem Mann Benjamin den Frauen-Verbandsligisten TuS Schwachhausen an – und coacht auf Honorarbasis die U15-Mädchen von Werder. Zudem belegt die Fußballerin, die beim FV Laubegast ihre Karriere begann, gerade den Lehrgang für den A-Trainerschein. Die Dresdnerin erklärt die Hintergründe ihres Fußball-Camps.

Marie-Louise, Fußball-Camps für Jungen gibt es gefühlt mehr als genug. Weshalb muss es denn jetzt noch Fußball-Camps für Mädchen geben?

Ich kenne viele Mädchen und weiß deshalb auch, dass Jungs und Mädchen in diesem speziellen Alter ungern etwas gemeinsam miteinander machen. Deshalb ist bei vielen Mädchen die Hemmschwelle groß, sich bei Jungs-Camps mit anzumelden. Natürlich sind das dann überwiegend Camps für Jungs, bei denen auch mehrere Mädchen teilnehmen. Da sind dann solche, die das schon kennen, vielleicht zusammen mit Jungs im Verein spielen. Ich wollte das aber unbedingt speziell für Mädchen machen. Das tun wir auch in Bremen. Deswegen finde ich das wichtig, dass Mädchen, die sich einfach nur mal ausprobieren wollen, die Möglichkeit bekommen, da einfach mal in einem Fußball-Camp mitzumachen und zu schauen, ob das etwas für sie ist. Ich denke, dass die Mädchen wirklich gehemmt sind, gegen Jungs zu spielen. Dementsprechend ist ein reines Mädchen-Camp noch eine ganz andere Sache. Wir hoffen, dass wir dadurch auch ganz andere Mädchen zum Fußball locken zu können.

Das läuft in Ihrer Wahlheimat Bremen ähnlich?

Genau. In Bremen haben wir 2015 in den Osterferien damit angefangen. Da machen wir auch jeweils ein Camp für Jungen und eins für Mädchen. Zeitlich parallel, aber in Gruppen getrennt. Manche Einheiten mischen wir auch. Aber es gibt Situationen, in denen die Jungs sagen: Wir wollen nicht mit Mädels spielen. Oder umgekehrt. Das ist für beide Seiten immer möglich. Jetzt wollte ich in Kooperation mit meinem alten Verein auch mal ein Camp in meiner Heimat machen. Um auch zu schauen, wie das da ankommt. Um die Mädels zum Fußball zu bringen. Ich bin gespannt.

Wie kam die Idee denn in Bremen an?

Wir waren von der Resonanz positiv überrascht, sind aber auch nicht mit sehr hohen Erwartungen herangegangen. Wir haben mittlerweile schon ein richtiges Stammpublikum, also Jungs und Mädchen, die immer wieder zu uns kommen, die aber auch immer mehr Freunde mitbringen. Wir sind mittlerweile auf einem Status, dass wir an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen. Es läuft sehr gut, wir hatten schon Camps mit 70 Teilnehmern. Sonst würden wir das auch nicht machen. Aufwand und Nutzen müssen ja in einem ordentlichen Verhältnis stehen. Ich glaube, andere Camps sind deutlich teurer als das unsere. Wir wollen das auch Familien ermöglichen, die vielleicht über nicht so viel Kleingeld verfügen.

Welche Erwartungen haben Sie für das Camp in Dresden?

Da gehe ich ganz entspannt ran. Ich würde mir wünschen, dass mindestens 20 kommen. Auch wenn es nur zehn werden, das Camp machen wir auf jeden Fall. Unsere Camps in Bremen stehen schon, sind so gut wie ausgebucht. Dresden ist für mich so eine Art schöner Zusatz. Ich freue mich einfach darauf, wieder in Dresden zu sein, und hoffe natürlich darauf, dass viele Mädels kommen, ich viele für den Fußball begeistern kann und ihnen ein bisschen was mit auf den Weg geben kann, was die fußballerischen Fähigkeiten betrifft. Aber ich will zudem auch Normen und Werte vermitteln.

Unterscheidet sich ein Mädchen- denn von einem Jungen-Camp?

Nicht unbedingt. Klar sind Mädchen vom Wesen her anders. Jungs wollen immer viel spielen, da muss man immer erklären, dass auch Training wichtig ist – also Techniktraining, Koordinationsübungen. Mädchen freuen sich über alles, die sind nicht so ungeduldig. Aber wir haben generell keine unterschiedlichen Trainingspläne. Das ist lediglich abhängig vom Leistungsniveau. Das muss man den Gegebenheiten anpassen.

Kommt Ihr Mann denn mit?

Wahrscheinlich nicht. Ich werde wohl ein, zwei Trainerinnen mitbringen – vom TuS Schwachhausen.

Die große Fußball-EM ist gerade erst vorbei. Sehen Sie die Gefahr, dass die Kinder fußballmüde sind?

Nö, das glaube ich nicht. Die Kinder haben immer Lust auf Fußball. Da gibt es auch viele, die sich nicht für die EM interessierten – außer wenn Deutschland spielt. Da stehen Fußball-Camps in keiner Konkurrenz.

Wie genau läuft die Kooperation mit Ihrem Ex-Klub Fortuna Dresden?

Ich habe beim Verein angefragt, ob überhaupt Interesse besteht. Fortuna hat sich dann um den Platz an der Wurzener Straße gekümmert, ein bisschen Werbung gemacht, Flyer verteilt. Alles andere werden wir vor Ort absprechen. Um das meiste kümmere ich mich. Ich möchte dem Verein mit einem kleinen Betrag – vielleicht für die Jugendarbeit – auch etwas wiedergeben.

Das Camp läuft drei Tage. Was haben Sie da genau vor?

Wir treffen uns jeweils früh, 9.30 Uhr. Dann läuft die erste Trainingseinheit. Danach ist Mittagessen, und bis zur nächsten Einheit das eine oder andere Spiel. Am Nachmittag gegen 14 Uhr beginnt dann das zweite Training. Das soll die drei Tage so sein. Vielleicht werden wir noch ein Zelt aufbauen, damit wir uns von 9.30 Uhr bis 16 Uhr komplett auf dem Gelände aufhalten können, sodass die Eltern auch normal arbeiten gehen können. Die Kids sind bei uns ganz gut aufgehoben.

Wenn Sie offenbar so gut mit Kindern können, denken Sie bereits an eigene?

Ja, schon. Das hängt natürlich auch so ein bisschen davon ab, welche Angebote beruflich oder fußballerisch noch kommen. Aber generell will ich schon gern Kinder haben.

Aufrufe: 018.7.2016, 13:23 Uhr
Alexander HillerAutor