2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligavorschau
Fußball-Lehrer Wolfram Eitel geht mit dem FV Ravensburg in seine zweite Saison. Derek Schuh
Fußball-Lehrer Wolfram Eitel geht mit dem FV Ravensburg in seine zweite Saison. Derek Schuh

Gier nach Erfolg muss von Anfang an da sein

Fußball-Trainer Wolfram Eitel geht in seine zweite Saison mit dem FV Ravensburg

Ravensburg / sz - Nach dem 1:0-Sieg im WFV-Pokal gegen den Drittligisten VfR Aalen geht der FV Ravensburg an diesem Samstag (Anpfiff: 17 Uhr) beim Heimspiel gegen den SSV Reutlingen zuversichtlich in die neue Saison der Fußball-Oberliga. In einer fünfwöchigen Vorbereitungszeit machte Trainer Wolfram Eitel (39) seine Mannschaft fit für die neue Runde, in der der Verein mindestens unter die Top-Fünf kommen will. Alexander Tutschner unterhielt sich mit dem Fußball-Lehrer über die Oberliga und den FVR.

Mit dem 1:0 gegen den VfR Aalen haben Sie schon zum zweiten Mal einen Drittligisten aus dem WFV-Pokal geworfen, das kann kein Zufall mehr sein ...

Es war auch beides mal Glück dabei. Aber die Jungs haben sich super vorbereitet und wir im Trainerteam konnten der Mannschaft ein paar Tipps mit auf den Weg geben, da wir die beiden Spiele von Aalen in der dritten Liga analysiert hatten. Wir wollten die Räume bespielen, die Aalen auf den Außenbahnen bietet, und das haben die Jungs toll umgesetzt. Dass Aalen an diesem Tag nicht an seine Leistungsgrenze rankam, wurde mir bewusst, als ich in der Halbzeitpause in die Augen der Spieler geschaut habe. Da war bei den wenigsten das Feuer zu erkennen, das sah bei meiner Truppe anders aus. Die Mentalität hat die Qualität an diesem Tag geschlagen.

Mit der SG Sonnenhof Großaspach ist auch der zweite Drittligist schon raus, die Stuttgarter Kickers sind somit der letzte verbliebene höherklassige Verein für den FV im WFV-Pokal, da ist der Weg schon fast wieder frei in Richtung Finale ...

(lacht) Das zu glauben, wäre fatal. Man darf dieses Spiel nicht überbewerten. Wir haben keinen Zweitligaabsteiger aus dem letzten Jahr geschlagen. Wir haben den VfR Aalen geschlagen. Die haben 19 neue Spieler - mit drei Wochen Vorbereitung so einen Umbruch zu machen, ist sehr schwer. Es war unser Glück, dass wir sie so früh in der Saison hatten. Wir müssen den Sieg richtig einordnen. Er soll uns Selbstvertrauen für die kommenden Spiele geben. Mit einer guten Portion Demut wollen wir den Schwung mit ins Spiel gegen Bissingen nehmen. Im Pokal müssen wir dann jedes Spiel angehen wie ein Endspiel, um irgendwann wieder einmal das Finale zu erreichen.

Wie lautet denn das Saisonziel des FV in dieser Saison?

Die Liga ist noch ausgeglichener in diesem Jahr, viele Teams haben an Qualität gewonnen. Wir müssen uns steigern, um überhaupt den 6. Platz von der Vorsaison zu bestätigen. Wir wollen unter die ersten fünf kommen, dafür müssen wir aber eine gehörige Portion draufpacken. Entscheidend wird gleich sein, wie wir das erste Spiel angehen. Gier nach Erfolg und der Ehrgeiz müssen von Anfang an da sein. Die Spielberger haben das in der letzten Saison vorgemacht und sind mit Teamgeist und Leidenschaft Meister geworden.

Aber die Regionalliga bleibt nach wie vor das mittelfristige Ziel?

Jeder Fußballer will ja mal einen Pokal hochhalten, einen Wimpel überreicht bekommen, einen Aufstieg feiern. Dieses Ziel hat man immer, aber das Problem ist, die anderen 17 wollen das auch. Wir denken von Spiel zu Spiel, nach den ersten vier, fünf Spielen werden wir wissen, wo die Reise hingeht.

Waren Sie mit der Vorbereitung zufrieden?

Wichtig war für mich, dass wir die sieben Neuzugänge integrieren konnten. Man weiß ja vorher nie, ob es funktioniert, aber alle haben sich voll reingehängt. Schon beim Trainingslager in Österreich habe ich gesehen, dass alle ihre Hausaufgaben in der trainingsfreien Zeit gemacht hatten. Wir konnten konditionell noch mal zulegen, gegen Aalen hat man das gesehen. Wir haben dann den Markdorf-Cup gewonnen und uns gegen die zweiten Mannschaften des VfB Stuttgart und des SC Freiburg gut präsentiert und zweimal unentschieden gespielt. Bitter war sicher die 0:5-Packung, die wir gegen den FC Memmingen kassiert haben. Das gehört aber dazu, da wir in der Woche intensiv trainiert haben. Aber aus solchen Spielen lernen wir. Die Gesamtentwicklung war sehr positiv. Wir bespielen tiefstehende Gegner jetzt wesentlich ruhiger.

Waren die Rahmenbedingungen okay?

Ja, die Verantwortlichen vom SV Schmalegg haben uns tolle Trainingsbedingungen zur Verfügung gestellt. Das war eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir jetzt schon so gut gespielt haben. Daher vielen Dank an das Team des SV Schmalegg. Wir haben uns sehr wohl gefühlt.

Was erwarten Sie sich von den Neuzugängen?

Ich hoffe, dass Jonas Wiest mit den 14 Treffern, die er in der abgelaufenen Saison für Balingen gemacht hat, nicht zufrieden ist. Er ist topfit, muss sich aber noch an die Laufwege gewöhnen. Er kann wie Dominik Bentele alle Offensivpositionen spielen. Diese beiden können verrückte Dinge machen. Axel Maucher hat den absoluten Torriecher, muss aber beim Spiel mit dem Rücken zum Tor noch robuster werden. Steffen Friedrich ist von der körperlichen Verfassung überragend, er kann hinten alles spielen, er ist dran, was die Stammplätze angeht. Moritz Jeggle bringt für seine Größe und sein Alter (20) am meisten mit, er hat ein gutes Tempo und ein gutes Auge und die Ruhe am Ball.

Wer wird die Nummer eins im Tor?

Haris Mesic kam zu uns mit einem Kreuzbandriss, er ist jetzt aber wieder fit und trainiert voll. Er wird aber noch seine Zeit brauchen. Clemens Frey und Kevin Kraus liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, die Entscheidung fällt, wie bei allen anderen Positionen auch, nach dem Abschlusstraining.

Mit Andreas Kalteis und Omar Jatta gab es zwei namhafte Abgänge ...

Ich habe Verständnis dafür, das Andi Kalteis nach Berg wechselte, er hatte bei uns zu wenig Einsatzzeiten. Da waren andere einfach einen Tick besser. Den Abgang von Omar Jatta bedaure ich sehr, er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass wir in der Vorrunde der letzten Saison erfolgreich gespielt haben. Schade, dass er in der Rückrunde viel verletzt war. Nach seiner Roten Karte gegen Pfullendorf wurde er von uns kritisiert. Er hat sich dann nicht mehr bei der Mannschaft blicken lassen, was ich sehr schade fand. Es machte Sinn, sich von ihm zu trennen. Er spielt jetzt in Villingen, das heißt, wir sehen ihn zweimal wieder in dieser Saison. Ich hoffe nicht, dass er gegen uns trifft, sondern nur gegen die anderen Teams.

Sind Sie insgesamt mit dem Kader zufrieden?

Wir haben uns in der Breite und in der Spitze verstärkt, die Leistungsdichte ist höher. Kein Spieler fällt ab, diesen Konkurrenzkampf wollten wir haben.

Beim Pokalspiel gegen Aalen hat neben Torhüter Kevin Kraus mit Jonas Wiest nur ein "Neuer" den Sprung ins Team geschafft ...

Wir haben natürlich ein Grundgerüst: Mähr, Heimgartner, Wohlfarth - das ist die Achse. Aber auch die drei sind dem Leistungsprinzip unterworfen. Ich bin froh, dass wir in diesem Jahr eine so starke Bank haben. Wir haben immer wieder Optionen, eine frische Truppe aufs Feld zu bringen.

Etablierte müssen sich auf die Bank einstellen ...

Wir hatten in der letzten Saison, als viele englische Wochen anstanden, oft nicht mehr die Möglichkeit, zu wechseln, als dem einen oder anderen die Körner ausgingen. Dieses Problem haben wir diese Saison nicht mehr. Wenn einer einen Schritt nachlässt, ist der Nächste da. Das weiß jeder, jeder muss an seine Leistungsgrenze ran. Bei mir gibt es keine erste Elf. Ich werde durchrotieren, jeder Spieler definiert selbst seine Einsatzzeiten über Trainingsfleiß und die Leistung auf dem Platz. Wir erhoffen uns durch diesen Konkurrenzdruck eine konstantere Leistung über die Saison hinweg.

Begrüßen Sie es, dass man jetzt viermal auswechseln darf?

Ja, sehr. Das hilft uns Trainern, die Belastung zu verteilen und auf Leistungsschwankungen zu reagieren.

Die U 23 hat schon gute Spiele gezeigt, können sich die jungen Spieler noch für die Erste empfehlen?

Unbedingt. Wir werden während der Runde zum Beispiel regelmäßig Trainingsspiele mit gemischten Mannschaften machen. Mir ist es wichtig, dass ich mir selbst ein Bild machen kann über die Neuzugänge und die Spieler, die aus der A-Jugend rausgekommen sind. Die Tür zur Oberligamannschaft ist dabei immer offen für die U-19- beziehungsweise die U-23-Speiler. Wenn einer überdurchschnittliche Leistungen zeigt, nehme ich ihn auch mit nach oben. Maschkour Gbadamassi und Axel Maucher sind die letzten Beispiele dafür.

Die A-Jugend spielt jetzt in der Oberliga ...

Das ist für uns sehr wichtig, ich glaube, dass wir in dieser Saison auch noch den Aufstieg mit der U 17 in die Oberliga hinbekommen. Ich bin mir sicher, dass wir für die nächste Saison wieder interessante Spieler für die U 23 oder die erste Mannschaft bekommen werden.

Johannes Joser ist Ihr neuer Co-Trainer, kann er noch mal die Kickstiefel für den FV schnüren?

Ich hoffe es für ihn. Er hat immer noch Schmerzen nach seiner Knie-OP, sobald er die Belastung steigert. Man muss Geduld haben, ich sehe ihn aber immer noch als spielenden Co-Trainer, ich plane ihn für die Rückrunde ein. Als Trainer bringt er sich ständig mit ein, er ist fast nicht zu bremsen ...

Wie schätzen Sie die Oberliga in dieser Saison ein?

Die Liga wird ausgeglichener sein und es wird keine Zwei-Klassen-Gesellschaft wie im letzten Jahr geben. Es werden enge Spiele auf uns zukommen, jeder kann gegen jeden gewinnen. Nöttingen ist für mich die stärkste Mannschaft, die werden sicher wieder aufsteigen wollen. Reutlingen und Ulm haben sich erstklassig verstärkt, das gilt auch für Freiberg. Wir sind im Dunstkreis dieser Mannschaften, die an einem guten Tag jedem Gegner Schwierigkeiten bereiten können.

Welche Rolle spielen die Zuschauer?

Wie die Haupttribüne am Mittwoch gegen Aalen mitging, das war sensationell. Dazu kommt unser Fanclub, der immer weiter wächst und richtig Alarm macht. Ich hoffe, dass jeder merkt, dass wir in dieser Saison etwas reißen können. Wir schaffen das aber nur gemeinsam, da gehören auch die Zuschauer, genauso wie ehrenamtliche Helfer und Sponsoren dazu. Wir wollen eine Heimmacht werden. Letzte Saison haben wir da zu viele Punkte liegen lassen.

Bissingen, Pforzheim, Reutlingen - wie schätzen Sie das Auftaktprogramm ein?

Sehr schwer. Mit Bissingen kommt ein Aufsteiger mit Euphorie und Unbekümmertheit. Alle die glauben, das sei nur eine Laufkundschaft, werden sich umschauen. Die Spielen einen gepflegten Ball, haben viele erfahrene Spieler und mit Alfonso Garcia einen guten Trainer. Pforzheim ist eine Kopie der Grunbacher Mannschaft, die vor zwei Jahren Vize-Meister wurde. Ich hoffe, dass wir nach zwei Erfolgen am dritten Spieltag gegen Reutlingen bei einem Topspiel die Hütte voll haben.

Aufrufe: 07.8.2015, 17:26 Uhr
Schwäbische ZeitungAutor