2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview der Woche
Wird Landesligist VfB Bodenheim im Sommer übernehmen: Ludwig Anspach. Im Interview der Woche sprach der zukünftige VfB-Coach über seinen neuen Verein.
Wird Landesligist VfB Bodenheim im Sommer übernehmen: Ludwig Anspach. Im Interview der Woche sprach der zukünftige VfB-Coach über seinen neuen Verein.

"Die Gespräche waren alle sehr angenehm"

Bodenheims künftiger Trainer Ludwig Anspach über die Gründe den VfB im Sommer zu übernehmen +++ Längerfristiges Engagement erhofft

Einen Einstand nach Maß feierte Ludwig Anspach bei Landesligist VfB Bodenheim – und das, ohne überhaupt im Amt zu sein: Im ersten Punktspiel dieses Jahres sah der B-Lizenz-Inhaber, noch als unbeteiligter Zuschauer, den 4:1-Erfolg der Guckenberg-Elf gegen Geinsheim. Kurz danach einigte sich der 54-Jährige mit den Vereinsverantwortlichen und übernimmt zur neuen Saison das Traineramt des scheidenden Jockel Weinz. Im Fupa-Interview erzählt Anspach vom Faszinosum Bodenheim, gemeinsamen Spielerzeiten mit Bruno Hübner und dem sportlichen Leiter des VfB Günter Loos sowie seinen Plänen beim neuen Verein.

Herr Anspach, was sprach denn für den VfB Bodenheim?

Dass es ein gut geführter Verein ist. Die Gespräche mit den Verantwortlichen waren alle sehr angenehm, es herrschte immer eine familiäre Atmosphäre, das hat mich beeindruckt. Hier wird an einem Strang gezogen, man will was erreichen, es wird fußballerisch eine Sprache gesprochen. Die Verantwortlichen sind mit Herz und Leidenschaft dabei.

Kannten Sie den Klub vor den Verhandlungen bereits?

Ja. Man verfolgt ja auch die andere Rheinseite. Günter Loos kenne ich noch aus Spielerzeiten, als ich bei Wehen war und er bei den 06ern. Wir konnten uns auch damals schon immer gut über Fußball unterhalten, der Kontakt ist nie wirklich abgerissen. Ali Cakici, Jürgen Collet, Bert Balte, sie alle kenne ich sehr gut, dadurch schaut man auch, was in den entsprechenden Ligen los ist. Ich weiß, dass ich in einen guten Verein komme.

Welche sportlichen Ziele haben Sie sich gesetzt, was wurde vom Verein vorgegeben?

Der Verein ist da sehr bodenständig, man will sich in der Klasse etablieren. Es geht immer darum, das Bestmögliche zu erreichen. Aber hier wird gute Arbeit nicht über den Tabellenplatz definiert.

Wie lange läuft der Vertrag?

Ich würde gern längerfristig in Bodenheim arbeiten und hätte auch für zwei oder drei Jahre unterschrieben, aber wir haben uns zunächst auf einen Einjahresvertrag geeinigt. Wir wollen schauen, wie wir miteinander arbeiten können und was dabei herauskommt.

Haben Sie die Mannschaft bereits beobachtet?

Ja, im ersten Punktspiel dieses Jahr gegen Geinsheim. Bodenheim hat 4:1 gewonnen, das war ein imposanter Auftritt. Wir mir berichtet wurde, habe ich mir aber auch ein Zucker-Spiel ausgesucht. Das war über 90 Minuten Fußball wie aus dem Lehrbuch, da hat vieles gestimmt – das Taktische, die Disziplin, die Laufbereitschaft, das Sprechen miteinander, die Aggressivität mit und ohne Ball. Die Mannschaft hat gezeigt, welche Qualität sie haben kann.

Wie laufen jetzt die Abstimmungsprozesse? Ich nehme an, Sie sind in die Personalplanungen sehr aktiv eingebunden?

Ich stehe in fast täglichem Kontakt zu Günter Loos. Das Wichtigste ist, den Kader möglichst zusammenzuhalten. Aber natürlich tauschen wir uns auch aus, was Neuzugänge angeht. Ich denke, dass wir in ein, zwei Wochen genau wissen, wer alles bleiben möchte und wer geht.

Was zeichnet Sie als Trainer aus? Günter Loos hat ja bei uns im Interview bereits neben Ihren fachlichen Kompetenzen auch die geselligen Qualitäten gerühmt, die ja in Bodenheim ziemlich wichtig sind.

Ich spreche eigentlich nicht gern über mich selbst, aber es ist schon richtig: Es war immer mein Ziel, wenn ich einen Verein wieder verlasse, dass ich mich dort noch sehen lassen kann und auch gern gesehen bin. Ich denke, das ist mir in fast allen meiner Vereine auch gelungen. Das ist natürlich auch damit verbunden, dass ich ein geselliger Typ bin und dass ich jedem Verein zu 100 Prozent zur Verfügung stehe. Dazu gehört ganz selbstverständlich auch, auf ein, zwei Bier länger zu bleiben. Aber genauso gehört für mich eine direkte, ehrliche Sprache dazu. Ich sehe es nicht gerne, wenn man was hintenrum macht. Wenn da etwas schief läuft, ziehe ich auch klare Konsequenzen.

Sie hatten vorhin den Blick über den Rhein angesprochen. Sind Sie überhaupt schon einmal auf der Bodenheimer Rheinseite aktiv gewesen?

Nein, alles war auf der anderen Seite. Ich habe als kleiner Bub bei Kastel 06 angefangen, mit Bruno Hübner oder Moppes Petz in der Jugend zusammengespielt und bin nach der A-Jugend direkt in die erste Mannschaft hochgezogen worden. Dort sind wir dann im ersten Jahr Meister geworden und in die Oberliga aufgestiegen. Dann musste ich zur Bundeswehr nach Wetzlar und habe daher ein Jahr beim Verein in meiner Heimat, Kostheim 12, gespielt. Nach zwei Jahren bei Biebrich 02 in der damaligen Landesliga ging es wieder für ein Jahr nach Kastel. Doch dann ging der Klub bankrott, konnte seine Spieler nicht mehr bezahlen und musste ganz von vorn anfangen. Glück im Unglück für mich, dass ich dann – 1984 war das – vom SV Wehen angesprochen wurde. Ich bin ja mit Bruno Hübner aufgewachsen, er kam dann gemeinsam mit Rudi Collet später nach und unter Trainer Horst Hülß – den kennt man in Mainz ja auch – sind wir von der A-Klasse in die Oberliga durchmarschiert und Hessenpokalsieger geworden. Der absolute Höhepunkt meiner Spielerzeit war im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen den 1. FC Kaiserslautern im Dezember 1988 vor über 10000 Zuschauern. Bis kurz vor Schluss führten wir 2:1, haben dann aber 2:3 verloren. 1984 habe ich auch direkt angefangen bei der Firma Brita zu arbeiten, wo ich heute noch tätig bin.

Wie verlief die Trainerlaufbahn?

Ich habe bereits mit 23 Jahren meinen Trainerschein gemacht und bei der U19 des SV Wehen angefangen, wollte nach zwei Jahren aber in den Aktivenbereich. Mit Kastel 06 bin ich in die Bezirksoberliga aufgestiegen, dann ging es nach Walluf und anschließend für sechseinhalb Jahre zu Kostheim 12, wo wir von der A-Klasse bis in die Bezirksoberliga kamen. Nach einer kurzen Zeit beim SV Erbenheim wollte ich mal was anderes probieren und bin nach Trebur in die Gruppenliga gegangen. Mein guter Kumpel Sandro Schwarz holte mich nach Bischofsheim, wo er was aufbauen wollte. Doch dann wurde er selbst Cotrainer in der Zweiten Liga, sodass die Zeit fehlte. Also bin ich weiter zur SG Oberliederbach in die Verbandsliga. Dort hat es mir sehr gut gefallen, doch dann kam ein privater Schicksalsschlag: Bei meiner Frau wurde Krebs diagnostiziert. Ich wollte mit Fußball aufhören und mich um sie kümmern, aber als ein Angebot von Kostheim 12 kam, wollte sie, dass ich das annehme. Im April vergangenen Jahres ist sie verstorben. Ich habe dann für noch ein Jahr in Kostheim zugesagt, aber jetzt ist der Reiz da, noch einmal in einen ganz anderen Bezirk zu gehen.

Aufrufe: 026.3.2015, 10:15 Uhr
Torben SchröderAutor