2024-05-14T11:23:26.213Z

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"Die Betrugsgefahr besteht weiter"

Zehn Jahre nach dem Hoyzer-Skandal: Klaus Toppmöller fordert weitere Schutzmaßnahmen

Vor zehn Jahren wurde der Manipulationsskandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer publik. Er hatte mit Hintermännern mehrere Fußball-Spiele verschoben. Vor allem das DFB-Pokal-Spiel zwischen Paderborn und dem Hamburger SV (4:2) ging in die Geschichte ein. Klaus Toppmöller, damals als HSV-Trainer ein Leidtragender, sieht die Betrugsgefahr nicht gebannt.

Mit dem Abstand von zehn Jahren wirkt Klaus Toppmöller im TV-Gespräch äußerlich entspannt. "Ich habe das abgehakt", sagt er mit Blick auf das manipulierte Erstrundenspiel im DFB-Pokal 2004/05 zwischen dem damaligen Drittligisten SC Paderborn und dem Hamburger SV. "Ich will mit Robert Hoyzer nichts zu tun haben. Aber ich habe ihm verziehen", bekundet Toppmöller - und das, obwohl das damalige Aus mit dem HSV eine Zäsur in seiner Trainerkarriere bedeutete. "Toppi" flog drei Monate später nach einem Absturz in der Tabelle bei den Hanseaten raus. Danach betreute er keine Bundesliga-Mannschaft mehr.

Was Toppmöller bis heute fassungslos macht: "Ich hätte nicht gedacht, dass man ein Spiel so offensichtlich manipulieren kann." Rückblick auf den 21. August 2004: Das Pokalspiel begann normal - der HSV ging mit 2:0 in Führung. Trotzdem war Toppmöller skeptisch: "Das fing schon vor dem Spiel an. Manche Paderborner Spieler waren mir gegenüber sehr reserviert. Während des Spiels gab es dann mehrere unfassbare Schiedsrichterentscheidungen. Ich dachte schon nach 20 Minuten: ,Das ist Betrug, was hier abgeht.'" Paderborn kam durch einen unberechtigten Elfmeter zum 1:2 (35.), kurz danach sah HSV-Spieler Emile Mpenza die Rote Karte (36.). Ein weiterer fragwürdiger Strafstoß kurz vor Schluss besiegelte die 2:4-Niederlage.

Toppmöller schäumte. Er telefonierte mit dem DFB-Schiedsrichter-Obmann Volker Roth, Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel und seinem Kumpel Reiner Calmund. Gewissheit kam am 22. Januar 2005. Der Manipulationsskandal um Hoyzer kam ans Licht.

"Das Pokalspiel war der Anfang vom Ende für mich in Hamburg. Es war vielleicht nicht ausschlaggebend, aber ein Mosaikstein", sagt Toppmöller. Der HSV wurde mit zwei Millionen Euro im Zuge eines Länderspiels in Hamburg entschädigt, Toppmöller bekam nach eigener Aussage nichts. "Ich hatte eine Klage erwogen, es dann aber doch sein lassen." Warum sich Hoyzer in die Fänge einer kroatischen Wettmafia begeben hatte, kann er nicht nachvollziehen: "Ich habe sehr viel von ihm gehalten. Er hätte als Schiedsrichter eine Riesenkarriere machen können."

Die Liebe zum Fußball hat der Wettskandal 2005 Toppmöller nicht genommen. Er setzt sogar selbst auf Spiele. "Aber nur zum Spaß, bei Oddset. Mal 20 oder 30 Euro auf Spiele großer Clubs wie Manchester United oder Paris St. Germain." Kein Vergleich zu Dimensionen, die er auch schon erlebt habe: "Als ich Nationaltrainer Georgiens war, hatte mich in einem Tifliser Hotel mal ein Kellner beim Frühstück gefragt, wie am gleichen Tag das Bundesliga-Spiel zwischen Bremen und Bayern ausgeht. Ich sagte: Bayern wird wohl gewinnen. Ich habe mir dabei nichts gedacht. Tags drauf sagte mir der Kellner, er habe seinen gesamten Monatslohn auf die Bayern gesetzt. Leider haben sie aber verloren. Ich konnte nicht fassen, dass jemand seinen kompletten Monatslohn in eine Fußball-Wette investiert."

Trotz ergriffener Maßnahmen der Verbände sieht der 63-Jährige die Betrugsgefahr im Fußball nicht gebannt: "Sie besteht weiter. Wo Menschen am Werk sind, wird immer manipuliert werden." Toppmöller hofft deshalb auf weitere Verschärfungen: auf eine fortschreitende Deckelung von Einsätzen, auf eine Einschränkung von Wettmöglichkeiten, auf eine Herausnahme von unterklassigen Ligen aus Wettprogrammen - und auf eine umfassende Aufklärung junger Akteure im Fußball.

Aufrufe: 021.1.2015, 21:11 Uhr
Volksfreund / volksfreund.de Mirko BlahakAutor