2024-04-24T13:20:38.835Z

Über FuPa
Erst vorsichtig, dann konziliant: DFB-Chef Niersbach Foto: altrofoto.de
Erst vorsichtig, dann konziliant: DFB-Chef Niersbach Foto: altrofoto.de

DFB-Chef Niersbach will ein Ende im Video-Streit

Der mächtigste Mann im deutschen Fußball traut sich bei der Diskussion kaum an das heikle Thema heran, schlägt aber dann versöhnliche Töne an

Am Ende erntet Wolfgang Niersbach doch noch ein bisschen Applaus. “Ich will das Thema beilegen”, sagt der Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) bei einer Diskussion auf dem Zeitungskongress des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Klatschen von den Rängen des Theaters Regensburg. Jetzt sind sich Niersbach und einige seiner Zuhörer, 450 Entscheider aus der deutschen Medienbranche, doch einmal einig.

Bei der Diskussion geht es um den Videostreit zwischen dem Bayerischen Fußball-Verband (BFV) und mehreren Medienhäusern. Eine Auseinandersetzung, die seit Monaten für viel Ärger und Aufsehen sorgt. Die Kernfrage: Darf der Bayerische Fußball-Verband (BFV) für die Videoberichterstattung in den Bayern- und Landesligen von Medienhäusern eine Lizenzgebühr verlangen - oder wahlweise die kostenlose Übereignung des Materials zur Verwendung auf der vereinseigenen Website? Die Auseinandersetzung wird längst juristisch ausgefochten: Der Fall liegt beim Oberlandesgericht.

Niersbach pirscht sich langsam heran

“Wem gehört der Sport?” ist der Titel der Diskussion zwischen Niersbach, Hans Georg Schnücker, Geschäftsführer der Verlagsgruppe Rhein Main und Joachim Braun, Chefredakteur des “Nordbayerischer Kuriers” (NK). Brauns Haus gehört - wie der Mittelbayerische Verlag - zu den Häusern, die sich im Rechtsstreit mit dem BFV befinden. Dass es bei dem Gespräch vor allem um den Videostreit gehen wird, ist fast jedem Zuhörer klar. Katrin Müller-Hohenstein, immerhin die wohl bekannteste Sportjournalistin Deutschlands, leitet die Runde. Die Vorlage dazu darf DFB-Chef Niersbach selbst liefern, mit einem Vortrag. Doch Niersbach, der wichtigste Mann im größten Fußballverband der Welt, pirscht sich nur zaghaft an das Thema Videostreit heran.

Der Rheinländer, der selbst als Journalist für die Sportnachrichtenagentur SID arbeitete und DFB-Pressechef wurde, startet mit Anekdötchen: von einem maulfaulen Sportredakteur, der SID-Volontär Niersbach anno 1973 ein falsches Eishockey-Resultat in die Agenturmeldung diktierte; von Pressekonferenzen im Frühstückssaal bei der WM 1990 in Italien. Aus dem Zuschauerraum kommen Lacher - aber auch erste ungeduldige Twitter-Botschaften. Dann spricht Niersbach doch noch über die mögliche Konkurrenz zwischen Fußballverbänden und Medienhäusern. Der DFB und die Landesverbände wollten mit ihren Internet-Angeboten eine “Service-Station für die ganze Fußball-Landschaft” ausbauen. Gleichzeitig stehe man aber zur Kooperation mit den Verlagshäusern. Und in Konkurrenz zu den Medienhäusern - und Online-Portalen wie dem von der Mittelbayerischen angebotenen Fupa.net - wolle man schon gar nicht treten. Noch ein paar Dankesworte, dann beendet Niersbach den Vortrag.

So zaghaft Niersbach den Video-Streit behandelt, so schonungslos konfrontiert ihn dann aber ZDF-Journalistin Müller-Hohenstein damit. “Kaum hat der Amateurfußball eine Bühne gefunden, funkt der BFV dazwischen”, sagt Müller-Hohenstein. “Das ist der Eindruck.” Die Diskussion kommt sofort in Fahrt. Die Verbände müssten eben “Einnahmen von oben” generieren, um die Beiträge für ihre Mitglieder niedrig zu halten, sagt Niersbach darauf. “Einnahmen von oben” - damit meint er die Lizenzgebühren, die der BFV von Medienhäusern für die Videoberichterstattung verlangen will. Und immerhin gebe es doch für die Medienhäusern eine einfache Lösung: Ihre Videos dem Fußballverband gratis zur Verfügung zu stellen. Gemurmel von den Rängen.

Kommt ein “faires Agreement”?

NK-Chefredakteur Joachim Braun entgegnet: “Sie können doch nicht erwarten, dass wir zu unseren Lasten für Sie gratis Videos machen”, sagt er. Und “Rhein Main”-Geschäftsführer Schnücker meint: “Eigentlich muss doch jeder vernünftig denkende Mensch froh sein, wenn die Amateurvereine die größtmögliche Aufmerksamkeit bekommen.” Niersbach hält dagegen - und rutscht dann nervös auf seinem Sessel herum, während ein Video mit Vereinsfunktionären eingespielt wird, die sich über die “Bestrafungsmentalität” ihres Fußballverbands mokieren. Ähnliche Aussagen waren in der Vergangenheit auch aus Ostbayern zu hören. Niersbach schlägt dann versöhnliche Töne an. Er spricht sich für ein “faires Agreement” zwischen Medienhäusern und Bayerischem Fußballverband aus. Die Landesverbände müssten sich als Serviceunternehmen für Vereine verstehen. Er wolle dem Thema die Schärfe nehmen, könne allerdings dem BFV-Präsidenten Rainer Koch keine Haltung aufzwingen. “Sie wissen ja, wie schwierig es in der Politik ist, Interessen über Bayern hinweg durchzusetzen”, sagt Niersbach in die Runde - und erntet zum Schluss noch einmal Gelächter.

Wenig später äußert sich auch Koch selbst konziliant. In einem Interview mit dem stellvertretenden MZ-Chefredakteur Holger Schellkopf und Medienrechtler Johannes Weberling, der die MZ im Videostreit vertritt, spricht der BFV-Chef von der Möglichkeit, die von Fupa.net produzierten Videos auf der Website des BFV einzubetten - und die vom BFV produzierten auf Fupa.net. Eine Kompromisslinie nennt Rechtsanwalt Weberling das.

Aufrufe: 023.9.2015, 10:30 Uhr
Sebastian HeinrichAutor