So, das war’s dann wieder. Aus, vorbei, der Abpfiff ertönt — und alles ist wie immer. Rainer Gerlitz notiert sich noch das letzte Gegentor und steigt aus seinem klobigen Anglerstuhl, Dieter Rebel tippt noch eben die letzten Sätze in sein Smartphone für den Liveticker und erhebt sich hölzern von seinem Schemel. 0:3 verloren, schon wieder, kein gutes Gefühl, aber langsam ein altbekanntes.
„Macht nichts“, ruft Rebel seinen Jungs noch zu und versucht aufmunternd zu lächeln. „Innerlich“, verrät er kurz darauf, „bin ich schon sehr enttäuscht.“ Niederlagen sind zum Alltag geworden bei Dergahspor, sechs Landesliga- Spiele haben sie schon absolviert, fünf davon verloren, eines unentschieden gespielt. „Ich weiß nicht, woran es liegt“, sagt das Vorstandsmitglied Rebel und zuckt mit den Achseln. „Am Trainer“, schiebt er hinterher, „jedenfalls nicht, ihm kann ich keinen Vorwurf machen, er macht großartige Arbeit. Und die Jungs, das sehen Sie ja selber, die bemühen sich bis zum Schluss. Ach, ich würde ihnen so sehr mal einen Sieg wünschen.“
Bleibt also nur noch einer übrig, in Rebels Rechnung, auch wenn er es selbst nicht ausspricht: Sportdirektor Thomas Ziemer, der sich gerade mit Handy am Ohr verabschiedet hat. Im Sommer stolz verpflichtet, „mit großartigen Kontakten allein aufgrund seiner Karriere“, lobte Rebel da. Doch geliefert hat der ehemalige Clubprofi, was man so hört, dann nur einen Spieler — den sie kurze Zeit später obendrein wieder weggeschickt haben. Man würde Ziemer dazu gern befragen, aber er ist ja nicht mehr da. Herr Rebel, liegt es also an Thomas Ziemer? „Der Sportdirektor und der Trainer haben alle ihre Wünsche erfüllt bekommen“, sagt Rebel vieldeutig. „Wissen Sie“, sagt Rainer Gerlitz, der Trainer, „unser Problem ist vor allem der Fitnessstand der vorhandenen Spieler. Viele sind obendrein noch wochenlang in den Urlaub gefahren — ich hätte gerne einmal eine vollständige Mannschaft auf dem Trainingsplatz.“
Der Kader besteht, vor allem nach Rebels letzten, mehr oder weniger eigenhändigen Zukäufen, auf dem Papier aus 27 Spielern. „Effektiv“, sagt Gerlitz, „habe ich aber nur 14 zur Verfügung.“ Und wo ist der Rest? „Urlaub, Arbeit — keine Ahnung.“ Mir tut es leid für die Jungs, die immer da sind, meint Rebel. Die arbeiten emsig mit dem Coach, der, so der Vorsitzende des Vereins, „mit Liebe fürs Detail und großer Hingabe“ das Training leite, Einzelgespräche führe, Teambuilding organisiere. Erst heute wieder spielt Dergahspor gemeinsam Beachvolleyball, „um den Kopf frei zu bekommen“, weiß Rebel. „Wir müssen viel aufholen“, sagt Gerlitz und denkt dabei nicht nur an die Tabelle.
Das vor Saisonbeginn ausgegebene Ziel, um den Aufstieg in die Bayernliga mitzuspielen, traut sich derzeit niemand mehr in den Mund zu nehmen. „Nein, das ist ja fast peinlich“, sagt Rebel. Gerlitz sagt, er hält eigentlich sowieso nicht viel von Zielen. „Unser einziges Ziel muss es sein, endlich mal zu gewinnen.“ Dann sind sich beide sicher, wird der Knoten platzen. Wofür es dann noch reicht, das zeige dann die Abschlusstabelle.
„Zwei, drei Verstärkungen“ wünscht sich Rebel noch, der „jetzt wieder selbst den Markt sondiert“, wie er es nennt. „Ich kann doch nicht tatenlos zuschauen, ich möchte doch helfen.“ Engin Kalender zum Beispiel, hat Rebel gehört, sei wieder zu haben, „der schießt uns im Alleingang da raus“. Doch Kalender spielte zuletzt in der zweiten türkischen Liga, finanziell wäre es ein Kraftakt, selbst für einen Verein von Dieter Rebel.
Deshalb setzt Trainer Gerlitz vorerst auf die Weiterentwicklung der Jungs, die er zur Verfügung hat. „Ich vergleiche mich immer mit einem Koch“, sagt er, der aus begrenzten Zutaten ein Gericht zaubern soll, das hervorragend schmeckt. „Ich bin nicht der Typ, der sagt: so wird das nichts, geh’ mal in den Feinkostladen und hol’ mir das und das. Nein, ich mache den Herd an und koche.“