2024-04-19T07:32:36.736Z

Spiel der Woche
Önder Yavuz weiß: Fußball ist Kopfsache. F: Zink
Önder Yavuz weiß: Fußball ist Kopfsache. F: Zink

Der Weg nach oben ist einfach nur Kopfsache

Dergahspor bleibt unter seinem neuen Trainer auch im sechsten Spiel ungeschlagen

Dergahspor bleibt auch im sechsten Spiel unter seinem neuen Trainer Deniz Önder Yavuz ungeschlagen und rollt die Landesliga Nordost von hin­ten auf. Die Art von Jürgen Klopp, den Kleidungsstil von Guardiola, dazu ein guter Draht zur Jugend. Glaubt man Yavuz, ist Fußball einfacher, als wir alle denken. Denn er arbeitet „nur am Kopf“.

SG Quelle Fürth - Dergahspor Nürnberg 1:1

In weißem Hemd, einem Strohhut und mit einem Mikro in der Hand heizt ein sportlicher Mann dem Publi­kum ein. Dazu scheint auch noch die Sonne. „Wollt ihr Freibier?“ hört man es in solch einem Ambiente dann schon mal über die Lautsprecherbo­xen ertönen. Sofern man in Mallorca und nicht auf dem Sportplatz ist. Denn was aussieht und sich anhört, wie ein Animateur auf einer Ferienin­sel ist der Stadionsprecher der SG Quelle Fürth.

Er fragt das Publikum auch nicht nach Freibier, sondern ob es Lust auf ein schönes Fußballspiel hat. Hat es. Nur will es nicht zurückschreien. „Wo sind die Fans von Dergahspor?“, fragt er nochmals euphorisch. Die sieben betagten türkischstämmigen Fans, die sich zehn Minuten vor Spielbeginn schon am Sportplatz auf ihren Plastik­stühlen eingefunden haben, schauen sich etwas verdutzt an, zwei von ihnen geben sich aber schließlich zu erkennen und winken dem Stim­mungsmacher zurück.

Sichtlich wohler fühlte sich der Dergah-Anhang dann aber erst wie­der, als man sich an der Coubertinstra­ße wieder aufs Wesentliche konzen­triert: das Fußballspielen, beziehungs­weise das Fußballschauen. 1:1 hieß es am Ende im Derby der Landesliga Nordost zwischen der SG Quelle Fürth und Dergahspor. Auch im sechs­ten Spiel unter der Regie des neuen Trainers Deniz Önder Yavuz bleibt Dergah damit ungeschlagen. Das 1:0 der Gastgeber in der 39. Minute durch einen Abstauber von Marcel Fürsat­tel, konnte Dergah durch Leondrit Maraj in der 65. Minute ausgleichen. In der Folge hatten sowohl Dergah als auch die SG Quelle noch hochkarä­tige Chancen, die Partie für sich zu entscheiden. „Ich bin nicht zufrieden mit dem Unentschieden. Wenn man solche Dinger nicht reinmacht, kann man nicht gewinnen“, sagt Yavuz und meinte damit die zwei hundertprozen­tigen Chancen, die sein Team in der zweiten Halbzeit vergab.

Dennoch, auch wenn es für einen Sieg nicht ganz gereicht hat, seit der 39-Jährige das Team am achten Spiel­tag von Rainer Gerlitz übernommen hat, scheint die Mannschaft wie ausge­wechselt. Statistisch gesehen mag die Behauptung, dass Trainerwechsel nichts bringen, richtig sein. Yavuz trägt aber nicht zum empirischen Beleg dieser Studie bei. In den sieben Spielen vor ihm hatte Dergahspor nur einen mickrigen Punkt geholt. Seither sind es vier Siege und zwei Unent­schieden. „Ich arbeite fast nur im men­talen Bereich. Das ist Kopfsache bei den Jungs, weil Fußball spielen konn­ten die auch bevor ich kam“, sagt er, „ich habe den Jungs einfach wieder eine Siegermentalität eingeimpft.“ Yavuz ist nur schwer zu verstehen nach dem Spiel, denn er ist heiser. Ein türkischer Jürgen Klopp irgendwie, auch wenn er am Spielfeldrand nicht ganz so wild gestikuliert und optisch eher Pep Guardiola ähnelt: Enges Hemd, dunkle Hose und schicke brau­ne Schuhe. Nur die Krawatte fehlt, dafür trägt er eine dunkle Sonnenbril­le: „Normal bin ich nicht so schick gekleidet. Aber meine Trainingskla­motten sind noch nicht trocken gewe­sen“, erklärt Yavuz die Wahl seiner Arbeitskleidung.

Der Klopp’sche Trainingspullover passt ohnehin besser zu einem wie ihm, einem „absoluten Motivations­coach“, wie ihn Abteilungsleiter Die­ter Rebel bezeichnet, „ich komme ja aus der harten Zeitarbeitsbranche und den könnte man immer vermit­teln für Motivationstrainings“. Dass der Effekt irgendwann verpufft, glaubt Rebel nicht: „So ganz verstehe ich das auch nicht. Ich dachte es muss ja irgendwann mal wieder bergab gehen. Aber wie man sieht, ist er dau­erhaft erfolgreich damit“, sagt er.

Langfristige Zusammenarbeit

Schon einmal hat Yavuz interims­mäßig bei Dergahspor ausgeholfen. Damals übernahm er die Mannschaft in der Bezirksliga auf dem letzten Platz, konnte am Ende die Klasse aber noch halten. Diesmal soll es eine länge­re Ehe werden, auch wenn er bisher noch nicht einmal einen Vertrag unter­schrieben hat: „Das lief alles per Handschlag bei uns. Ich glaube, er ist der Einzige, der auch nicht nach der Kohle fragt. Im Gegenteil, er inves­tiert noch in die Jugend“, sagt Rebel. Das Selbstbewusstsein, das der Trai­ner seinen Spielern vor den Spielen einimpft, lebt Yavuz durch seine eige­nen Aussagen schon einmal vor: „Ich denke, wir werden in der Vorrunde kein Spiel mehr verlieren. Wir wollen unter die ersten fünf“, sagt Yavuz.

Die eigenen Ambitionen wären damit also auch schon einmal geklärt. Bleibt nur noch die Frage offen, bei wem man sich für einen solchen Trai­ner eigentlich bedanken muss? Da ist man sich als Abteilungsleiter eines deutsch-türkischen Clubs dann auch nicht ganz so sicher: „Das ist ein Ge­schenk von Gott, oder vielleicht auch Allah, um mal beim Türkischen zu bleiben“, sagt Rebel. Wichtig ist das aber auch nicht wirklich. Hauptsache, er ist da.

Schiedsrichter: Nico Scheiner (Steinfeld) - Zuschauer: 200
Tore: 1:0 Marcel Fürsattel (41.), 1:1 Leondrit Maraj (65.)

Aufrufe: 030.9.2014, 10:39 Uhr
Micha SchneiderAutor