"Der Verein befindet sich in finanziellen Schwierigkeiten"

Herr Friedrich, Sie sind nun 100 Tage sportlicher Leiter bei Grün-Weiß Lübben. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Aus sportlicher Sicht fällt das Fazit mehr als positiv aus. Die erste Mannschaft ist Tabellenführer der Landesliga, zudem wurden die Neuzugänge gut integriert. Der Teamgeist beeindruckt mich immer wieder aufs Neue. Die zweite Mansnchaft spielt in der Spitzengruppe der Kreisliga und der Nachwuchs überzeugt ebenfalls. Ein großes Ziel des Vereins, aber auch insbesondere von mir, ist es, die erste Mannschaft wieder für talentierte Nachwuchsspieler attraktiv zu machen. Hier sind wir schon auf einem sehr guten Weg. Mit Lucas Albrecht, Florian Friedrich und Sascha Zell wurden bereits sehr junge Spieler erfolgreich in das Landesliga-Team integriert. Der 17-jährige Robert Menzlow, der noch bei den A-Junioren der TSG Lübben 65 spielt, trainiert außerdem schon zusätzlich mit der ersten Mannschaft, um sich an das Niveau im Männerbereich zu gewöhnen. Diese Möglichkeit wollen wir in Zukunft auch anderen Jugendlichen bieten, denn der Verein will noch mehr auf den Nachwuchs aus der Region setzen – die Spielklasse ist dabei nicht entscheidend.

Klingt, als könnte es nicht besser laufen. . .
Das ist leider nicht ganz so. Der Verein befindet sich in großen finanziellen Schwierigkeiten. Die Spieler der ersten Mannschaft haben beispielsweise ein halbes Jahr lang kein Geld für ihre Fahrtkosten erhalten. Dass sie dennoch bei uns geblieben sind, ist ihnen nicht hoch genug anzurechnen. Die Mannschaft ist eine eingeschworene Truppe, spielt gern zusammen und identifiziert sich mit dem Verein. Wir haben den Aktiven inzwischen ihre Kosten für die vergangene Saison erstattet. Der Verein hat zwar keine Schulden, wir befinden uns jedoch schon im dritten Monat nach dem Saisonstart. Es bleibt eine schwierige Situation, an der aber alle Beteiligten ihre Unterstützung zugesagt haben. Die Mannschaft verzichtet teilweise auf Geld und der komplette Vorstand will weiter arbeiten.

Weshalb äußert sich Grün-Weiß Lübben erst jetzt?
Wir haben nach dem überraschenden und vorher nicht angekündigten Rücktritt des Vorsitzenden Christian Leyer eine ganze Weile gebraucht, um uns zu sammeln und alles zu sortieren. Ich habe unzählige Akten und Abrechnungen gelesen, um mir ein genaues Bild zu verschaffen.

Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Wie schon erwähnt, kam der Rücktritt von Christian Leyer sehr überraschend. Seine Beweggründe sind teilweise sicher nachvollziehbar, aber wie wir nun wissen, hing es auch damit zusammen, dass in den vergangenen Monaten einige Fehlentscheidungen getroffen wurden, die dem Verein nicht gutgetan haben, um es vorsichtig zu formulieren. Zudem hatte der Hauptsponsor im Frühjahr sein jahrelanges Engagement deutlich zurückgefahren. Ich bitte um Verständnis, dass weitere Details intern bleiben. Es wurde alles aufgearbeitet und nun gilt es, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um unsere Lage wieder zu verbessern.

Aber Lübben hat am 20. August gegen Energie Cottbus vor 1150 Fans gespielt, da sollte der Verein doch Gewinn gemacht haben?
Das ist leider ein großer Trugschluss, was vor allem in der Satzung des FLB begründet liegt. Von den Zuschauereinnahmen durften wir laut Statuten nur 15 Prozent als Kosten abziehen, der Rest wurde geteilt. Allerdings war die Partie ein Risiko- bzw. Sicherheitsspiel, wodurch enorme Zusatzkosten entstanden sind, die wir allein bezahlen mussten. Am Ende blieb deshalb nur eine schwarze Null. Dies ist jetzt kein Vorwurf an Energie Cottbus. Der Verein hat nach dem Regelwerk abgerechnet. Trotzdem wollen wir das so nicht stehen lassen und sind bereits im Dialog mit dem FLB. Solche Regelungen sind nicht nachvollziehbar und verwandeln ein vermeintliches "Traumlos" in großen Frust bei den kleinen Vereinen.

Wie geht es mit Grün-Weiß Lübben nun weiter?
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen, den Verein schnell wieder auf gesunde finanzielle Füße zu stellen. Momentan stellen wir alles auf den Kopf und versuchen die Prozesse zu optimieren. Wir haben auch bereits einige Gespräche mit Sponsoren geführt, die uns unterstützen wollen bzw. ihre Hilfe schon fest zugesagt haben. Wir suchen aber nach wie vor einen Trikotsponsor und hoffen hier auf eine kurzfristige Lösung. Die laufenden Kosten und der Spielbetrieb sind abgesichert. Weitere Gespräche werden folgen.

Transparenz ist mir besonders wichtig, deshalb gehen wir an die Öffentlichkeit, auch wenn das gewiss nicht leicht fällt. Aber wir wollen hiermit auch den ganzen Spekulationen rund um den Verein ein Ende setzen.

Große Hoffnung gibt mir, dass alle im Verein zusammenhalten und wir gemeinsam diese Krise überstehen wollen. Dirk Meier wird Grün-Weiß Lübben mit Unterstützung des gesamten Vorstandes weiter kommissarisch führen. Ein wichtiges Ziel muss es aber auch sein, noch mehr ehrenamtliche Helfer und Sponsoren zu gewinnen. Im Januar findet dann unsere Mitgliederversammlung mit der Vorstandswahl statt.

Mit Mike Friedrich sprach Lars Hartfelder