2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

Der Trainer und die Flaschen

Michael Meenen engagiert sich als Jugendtrainer im Gelderland - und berichtet darüber

Zum Warmwerden vorab ein kleines Rätsel: Warum ist unser Büro ein Altglascontainer? Richtig: Eine Ansammlung von lauter Flaschen! Haha... Solch' sinnfreie Sprüche rund um die Flasche gibt es reichlich. Aber keiner hat derartige Popularität erlangt wie der legendäre Ausbruch von Ex-Bayerntrainer Trapattoni: "....schwach, wie Flasche leer..."
Tatsächlich genießt die Flasche im Fußball und speziell bei Trainern bis heute eine ganz besondere Bedeutung. Wenn ich am Spielfeldrand stehe, habe ich auch immer eine dabei. Nicht als Reminiszenz an den großen "Trap" oder um den miserablen Schiedsrichter abzuwerfen, sondern aus therapeutischen Gründen.

Denn der Trainerstress ist bekanntlich hoch, in der Jugend-Leistungsklasse nicht anders als in der Bundesliga. Dabei steigt der "Ärgerfaktor" eines Trainers mit der Fehlerquote seines Teams und der aktuellen Tordifferenz zum Gegner. Wie sich der Ärger im Einzelfall äußert, hängt vom Temperament des Übungsleiters ab. Bei manchen steigen Gesichtsröte und Blutdruck, andere werden lautstark, meist aber - zu der Sorte Trainer zähle ich übrigens auch - äußert sich der Ärger in reflexartigen Übersprungshandlungen.

Man murmelt das Un-Wort mit Sch... mehr oder weniger laut vor sich hin und hämmert die Plastiktrinkflasche mit Vehemenz auf den Rasen, als trüge sie an allem Schuld. Wobei wir wieder beim Thema Flasche wären: Dass wir Trainer des Öfteren so ein Ding am Spielfeldrand spazieren tragen, hat mit tatsächlichem Durstgefühlt nichts zu tun. Die Flasche in der Hand hat nur einen einzigen Grund: Sie ist Ersatzobjekt für den eigenen Spieler, der gerade geschlafen hat, oder den Gegner, der uns ins Leere laufen ließ. Das arme PET-Gehäuse muss den ganzen Frust ausbaden, den mir die Jungs mit ihrem Gekicke eingebrockt haben.

Das Entspannende allerdings: Beim schmetternden Wurf macht's lustvoll "platsch". Das Ding verbeult, platzt aber nicht auseinander. Titscht kurz auf, aber nicht unkontrolliert durch die Gegend. Kann also niemanden verletzen.

Und schon beim Aufheben der Flasche spüre ich die therapeutische Wirkung. Der Ärger verfliegt, der Blick geht wieder nach vorn. Nächste Szene, nächstes Glück. Bis irgend so ein Depp auf dem Feld wieder alles versaut, ich die Flasche dafür bestrafe und das ganze Spiel - im sprichwörtlichen Sinne - von vorn beginnt.

Und sollte ich irgendwann einmal mit Herzinfarkt und Trinkflasche in der Hand vom Platz getragen werden, schreibt bitte auf meinen Grabstein: Hier ruht ein emotionaler Trainer - Friede seiner Flasche...

Aufrufe: 06.5.2015, 17:02 Uhr
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