2024-04-25T10:27:22.981Z

FuPa Portrait
In Dresden angekommen, beim SC Borea aufgenommen: Ahmad Ismail vor dem Training mit den Kreisoberliga-Kickern. Foto: Robert Michael
In Dresden angekommen, beim SC Borea aufgenommen: Ahmad Ismail vor dem Training mit den Kreisoberliga-Kickern. Foto: Robert Michael

Der syrische Neuzugang

Der Krieg in seiner Heimat zerstörte das Leben von Ahmad Ismail. Jetzt ist er in Dresden zu Hause - und er spielt auch wieder Fußball.

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Die Szene ging um die Welt. Eine Fernsehreporterin hatte in Ungarn einem Flüchtling, der mit einem Kind im Arm über ein Feld lief, vor laufender Kamera ein Bein gestellt. Die beiden Syrer waren gemeinsam mit anderen auf der Flucht vor der Polizei. Es war eine der hässlichsten Szenen des Flüchtlingsdramas.

Später stellte sich heraus, dass es sich um den Fußball-Trainer Osama Abdul Mohsen handelte. Er hatte früher in der ersten Liga Syriens gearbeitet und nach der Flucht in die Türkei eine syrische Mannschaft betreut. Einer seiner Schützlinge war dort der 24 Jahre alte Ahmad Ismail, der inzwischen mit seinem Vater in Dresden lebt und beim SC Borea am Training der Kreisoberliga-Kicker teilnimmt.

Osama Abdul Mohsen erhielt wenige Tage nach seiner Flucht eine Anstellung in einem spanischen Trainerausbildungszentrum in einem Madrider Vorort. Diesen Fall griffen drei französische Journalistik-Studenten aus Bordeaux auf. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, wie es den ehemaligen Schützlingen von Mohsen ergangen ist. Eine Mammutaufgabe, denn die Spieler wurden nach ihrer Flucht inzwischen in alle Winde zerstreut. Angy Louatah, einer der drei Studenten, die von der französischen Sportzeitung L’Equipe unterstützt werden, weilte kürzlich in Dresden, um die Geschichte von Ahmad Ismail zu erfahren.

Sebastian Schwerk, seit 2012 ehrenamtlich beim SC Borea tätig und für externe Kommunikation und Projektentwicklung zuständig, kümmert sich hier vor Ort um Ahmad Ismail. Der Syrer musste in seiner Heimatstadt Aleppo, wo er alle Jugendmannschaften des Erstligisten Al-Ittihad durchlief und mit der U19 Meister wurde, sein Studium der Erziehungswissenschaften aufgeben. Die katastrophalen Verhältnisse im Land ließen einen Universitätsbesuch nicht mehr zu.

Über die Firma, für die sein Vater arbeitete, kam er als Sales-Mitarbeiter in die Türkei. Er blieb dort. „Später flohen meine Mutter und die beiden kleinen Geschwister ebenfalls in die Türkei“, berichtet Ahmad, der später mit seinem Vater nach Deutschland ging, „weil wir auch in der Türkei keine Perspektive sahen.“

Wie es zum Kontakt mit dem Fußballverein aus dem Dresdner Norden kam, schildert der 42-jährige Schwerk so: „In der Erstaufnahmeeinrichtung der Stadt kümmerte sich Ute Lehnert um Ahmad und lernte seinen Vater kennen. Als sie erfuhr, dass Ahmad ein richtig guter Fußballer ist, hat sie uns kontaktiert.“ Ute Lehnert erinnert sich: „Ahmad zeigte mir ein Foto auf seinem Handy, da war er als Fußballer mit dem Meisterpokal zu sehen. Da dachte ich mir, ich frage bei Borea an.“ Schon am nächsten Tag spielte ihr zehn Jahre alter Sohn mit ihm und anderen Syrern gemeinsam Fußball. „Ahmad besuchte dann auch die Schulklasse meines Sohnes, und alle wollten ein Autogramm von ihm. Das hat Ahmad den Start in Dresden auch etwas erleichtert“, glaubt Ute Lehnert.

Ahmad Ismail möchte in Dresden bleiben und würde gern ein Studium aufnehmen. „Zahnmedizin wäre mein Traum“, sagt er. Aber noch kann er nicht einschätzen, wie realistisch sein Traum ist. Sebastian Schwerk traut es ihm auf jeden Fall zu: „Ahmad ist ehrgeizig und fleißig. Er spricht mit Arabisch, Türkisch und Englisch bereits drei Sprachen, und wir kommunizieren per WhatsApp schon zu fünfzig Prozent auf Deutsch.“ Inzwischen ist Ahmad Ismail etwas heimisch geworden, besucht gern die Dresdner Neustadt. „Dort fühle ich mich nicht so fremd, die Cafes und das Straßenleben erinnern mich an meine Heimatstadt.“ Auch diese Eindrücke sammelten die angehenden Journalisten ein.

Aufrufe: 019.2.2016, 11:44 Uhr
SZ / Jürgen SchwarzAutor