2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Brieselangs Coach Patrick Schlüter (l.) F: Bock
Brieselangs Coach Patrick Schlüter (l.) F: Bock

"Der Sprung in die Oberliga ist enorm"

Grün-Weiß Brieselangs Trainer Patrick Schlüter im Interview mit FuPa Brandenburg

Für den SV Grün-Weiß Brieselang ging es in den vergangenen Jahren nur Aufwärts. Doch nach dem Aufstieg in die Oberliga scheint im Moment offenbar die sportliche Grenze erreicht zu sein: Nach einem durchwachsenen Saisonstart steht Brieselang nur knapp vor den Abstiegsplätzen. FuPa Brandenburg sprach darüber mit Trainer Patrick Schlüter.

Herr Schlüter, wie beurteilen Sie den Saisonstart in die Oberliga?

Durchwachsen. Dass wir in der Liga nicht vorne mitmischen werden, war uns von vorneherein klar. Dass wir jetzt nach sieben Spielen erst fünf Punkte auf dem Konto haben, ist noch nicht dramatisch, aber die Lücke ins Mittelfeld wird schon etwas größer. Gerade die ersten beiden Spiele, die Niederlage gegen Schwerin und der in Anführungsstrichen nur Punktgewinn in Frankfurt, hängen uns jetzt nach. Wenn man da mehr Zählbares mitnimmt, ständen wir jetzt weiter oben und könnten von einem guten Saisonstart sprechen. Aber wir spielen nicht schlecht. Außer in Lichtenberg, wo wir einen Katastrophentag hatten. Gegen den CFC Hertha 06 waren wir nicht weit weg vom Tabellenführer. Wenn man ganz ehrlich ist, sind es die kleinen Unterschiede: Wir verteidigen manche Situation nicht gut und belohnen uns vor dem Tor nicht. Und das schon seit Wochen.

Ist das zurzeit das Hauptproblem?

Ich denke ja. Es ist nicht die Qualität der Mannschaft. Aber den vier Gegentoren gegen Wismar zum Beispiel geht voraus, dass wir 1:0 und 2:0 führen müssten. Die kommen mit dem ersten Angriff vor unser Tor und machen das 1:0 und mit dem zweiten das 2:0, weil wir uns in der Defensive nicht ordentlich anstellen. Wir machen sie vorne nicht und lassen sie hinten zu. Das ist im Moment das große Problem.

Hätten Sie erwartet, dass es so ein Sprung ist von der Brandenburg- in die Oberliga?

Nein, überhaupt nicht. Ich finde den Sprung enorm. Das kann ich auch nur jedem sagen, mit dem ich gerade darüber spreche. Ich habe viele Ligaunterschiede mitgemacht, von der Kreisliga bis in die Oberliga. Noch nie war der Unterschied so groß wie jetzt. Das ganze Zweikampfverhalten, die Intensität über 90 Minuten. Man kann von der ersten Minute an fast keine Pausen machen. Das ist schon Wahnsinn. Daran müssen wir uns noch immer gewöhnen und ich denke, dass wir da noch drei bis vier Wochen brauchen werden. Aber dann kommen natürlich auch Gegner wie Altglienicke, Tennis Borussia und Optik Rathenow. Es wird also nicht einfacher.

Wie bekommt man das in die Köpfe der Spieler rein? Sie sind ja in den letzten Jahren von Erfolg zu Erfolg geeilt.

Sie realisieren es langsam. Vielleicht war auch das ein Problem in der Vorbereitungsphase und den ersten Trainingseinheiten. Wenn du fünf Jahre so durchmarschierst, denkst du, dass du richtig gut bist. Und dann kommst du plötzlich an einem Punkt an, wo der Gegner mindestens genauso gut oder viel besser ist. Das mussten die Spieler erstmal verarbeiten. Jetzt trainieren sie endlich intensiver. Als Trainer sage ich immer wieder, dass sie es für sich selbst machen und entweder sie machen es oder eben nicht. Mit den ersten Matches haben sie verstanden, dass sie eine Schippe zulegen müssen und ich glaube, das sieht man jetzt auch Schritt für Schritt. Man kann diesen Schalter nicht von heute auf morgen umlegen. Auch das ist ein Prozess, der wachsen muss. Nach der 0:6-Klatsche in Lichtenberg haben sich alle nochmal zusammengerauft. Ich glaube, die Moral stimmt.

Perspektivisch wird es aber die ganze Saison gegen den Abstieg gehen.

Wir sind in der Lage, immer mal wieder drei Punkte einzufahren. Aber es muss uns auch bewusst sein, dass es immer mal wieder Spiele wie gegen Charlottenburg oder Wismar geben wird. Es würde mich zwar freuen, aber ich glaube nicht, dass wir eine Serie von fünf oder sechs erfolgreichen Spielen gestalten können. Da wir jetzt schon relativ viele Punkte liegengelassen haben, denke ich, dass es den gesamten Saisonverlauf gegen den Abstieg gehen wird. Ich würde mich natürlich freuen, wenn wir uns im Mittelfeld etablieren könnten. Aber dafür ist die Oberliga einfach zu stark und wir brauchen dieses komplette Jahr, um uns an alles zu gewöhnen. Alle Gegner sind Neuland. Ich denke, dass wir die Klasse halten können, aber es wird ein schweres Jahr.

Die Mannschaft hat das auch schon realisiert?

Ja, von Beginn an. Sie wissen, dass sie gut Fußball spielen können. Sie wisssen aber auch, dass die Qualität in der Oberliga eine ganz andere ist als in der Brandenburgliga. Man merkt auch, dass einige Spieler jetzt an ihre Grenzen kommen. Aber auch das ist das Schöne am Fußball. Mit einer super Mannschaft jedes Jahr aufzusteigen, macht ohne Frage Spaß. Aber man will sich auch mit den Besten messen. Wenn sie alle diesen Lernprozess abgeschlossen haben, werden sie eine gute Saison spielen. Trotzdem wird es schwer werden am Ende drin zu bleiben.

Mit Patrick Richter hat das Team unter anderem der Torjäger im Sommer verlassen. Konnten Sie die Abgänge adäquat ersetzen?

Die Frage bekomme ich oft gestellt. Wir konnten ihn nicht Eins-zu-eins ersetzen, das muss man ganz klar sagen. Aber Patrick Richter hat uns nicht alleine von der Landes- in die Oberliga geschossen. Da steht auch immer eine Mannschaft dahinter. Wir erarbeiten uns auch in der Oberliga Möglichkeiten. Nur dieser Knipser, den wir aus meiner Sicht mit Filip Marciniak und Max Schmidt haben, ist im Moment der einzige Unterschied. Patrick Richter hätte die Tore wahrscheinlich gemacht. Unsere Stürmer drücken sie im Moment leider nicht über die Linie. Vom spielerischen her bis 20 Meter vor das gegnerische Tor sind wir nicht schlechter geworden. Es ist nicht plötzlich so, dass wir nur noch bolzen. Aber genau diesen Instinkt, den Patrick Richter einfach hatte, genau dort zu stehen, den konnten wir nicht Eins-zu-eins ersetzen. Vielleicht hätten wir mit ihm vier oder fünf Tore und drei Punkte mehr auf dem Konto. Aber so ist Fußball. Wir müssen mit dem arbeiten, was wir haben. Ich bin zufrieden mit dem Kader. Und die Jungs müssen sich einfach vom Kopf her ein bisschen befreien. Dann könnte es schon werden.

Wird im Training jetzt nur noch Torschuss geübt?

(lacht). Das Witzige ist, dass sie unseren Torhütern im Training die Hänge kaputt schießen. Es ist unglaublich: Da machst du Torschusstraining unter Zweikampfbedingungen, da nageln die die Dinger ins Tor. Auch beim Warmmachen gehen die Dinger in den Dreiangel. Wenn dann aber der Gegenspieler da ist und der Schiedsrichter mit auf dem Platz steht, geht komischerweise gar nichts mehr im Moment.

Mit Brieselangs Trainer Patrick Schlüter sprach Sven Bock.

Aufrufe: 06.10.2016, 11:30 Uhr
Sven BockAutor