2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Erfahrung sammelt Sven Landgraf  (links) von Patrick Hallermayer., Foto: Kühlborn
Erfahrung sammelt Sven Landgraf (links) von Patrick Hallermayer., Foto: Kühlborn

"Der Spaß hat überwogen"

Sven Landgraf und Patrick Hallermayer berichten über ihre Erlebnisse als Spielleiter

Seit dem 14. Lebensjahr ist Patrick Hallermayers Schiedsrichter im Fußballkreis Rhein-Erft. Der Wesselinger leitete Spiele in der Bezirks- Landes- und Verbandsliga und war in der Oberliga als Assistent an der Linie. Jetzt pfeift der Kfz-Meister für den SV Godorf in der Kreisliga. Der 18-jährige Sven Landgraf tritt in seiner ersten Saison als Schiedsrichter im Seniorenbereich an. Der Jurastudent pfeift für den SV Weiden Spiele in der Bezirksliga und ist Assistent in der Mittelrheinliga. Stefan Kühlborn sprach mit den beiden Unparteiischen.

Herr Hallermayer, Herr Landgraf, warum sind Sie Schiedsrichter geworden?

Hallermayer: Der Regionalliga-Schiedsrichter Bernd Hecker, der auch Assistent in der Bundesliga war, hat bei uns im Verein gefragt, wer Interesse hätte, Fußballspiele zu leiten. Wir haben es mit vier Jungs aus unserer Mannschaft probiert, davon bin nur ich dabeigeblieben.

Landgraf: Ich war schon immer von den Aufgaben eines Schiedsrichters fasziniert und habe mit zwölf Jahren das erste Mal in meinem Verein nachgefragt. Zwei Jahre später habe ich begonnen. Es sind die vielen unterschiedlichen Herausforderungen, die diese Aufgabe so spannend machen.

Wie groß ist der zeitliche Aufwand, den Sie für Ihr Hobby investieren?

Landgraf: Gerade am Wochenende kostet es natürlich viel Zeit. Bei den Junioren habe ich in der vergangenen Saison etwa 70 bis 80 Spiele geleitet, also rund drei Partien pro Wochenende. Bei den Senioren ist es weniger. Dafür muss man rund fünf Stunden Zeit für ein Spiel rechnen.

Hallermayer: Die Sonntage sind regelmäßig geblockt, auch wenn das meiner Frau nicht immer gefällt. Dazu gehe ich ein- bis zweimal pro Woche zum Laufen oder ins Fitness-Studio, um körperlich fit zu bleiben. Zusätzlich zu den Spielen und der individuellen Vorbereitung finden regelmäßig Schiedsrichtertreffen statt.

Wie laufen diese Treffen ab?

Hallermayer: Man tauscht sich aus, erfährt von den Erlebnissen der Kollegen und bildet sich auf diese Art weiter. Auf den Plätzen hat man kaum noch Kontakt mit anderen Schiedsrichtern. Das war früher noch anders.

Landgraf: Alle zwei Monate gibt es Lehrveranstaltungen, wo Regeln und Neuerungen besprochen werden. Man frischt sein Wissen auf und lernt durch den Kontakt mit anderen Schiedsrichtern dazu. Daher sind diese Treffen wichtig.

Was waren die Highlights und die schwierigsten Momente in Ihrer bisherigen Schiedsrichterlaufbahn?

Hallermayer: Ein besonders schöner Moment war die Begegnung mit dem ehemaligen FC-Profi Harald Konopka, der damals Trainer in Bergisch Gladbach war und mir an der Außenlinie fast hinterhergelaufen ist. Ich habe ihm dann klargemacht, dass das meine Linie ist und er seine Grenzen einhalten sollte. Da hat er mich ganz verdutzt angeguckt und das Thema war durch. Den schlimmsten Moment habe ich 2005 erlebt: Ich habe einem gefoulten Spieler einen Freistoß zugesprochen, trotzdem wollte der sich nicht beruhigen, und ich habe ihn dann mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Daraufhin wurde ich von diesem Spieler niedergeschlagen.

Was ist Ihnen nach diesem Vorfall durch den Kopf gegangen?

Hallermayer: Ich habe mich natürlich gefragt, ob das, was ich hier tue, überhaupt noch einen Sinn macht. In dieser Saison habe ich kein Spiel mehr gepfiffen, trotzdem bin ich zur neuen Spielzeit wieder eingestiegen. Der Spaß hat überwogen, auch weil ich über die Jahre viele nette Menschen kennenlernen durfte.

Landgraf: Körperliche Gewalt habe ich zum Glück noch nicht erlebt. Aber es gab schon Phasen, bei denen man denkt, dass einem die ganze Sache über den Kopf wächst. Wenn man mal drei Spiele in Folge so richtig angegangen wird, macht man sich schon Gedanken. Aber das sind Phasen, die recht schnell vergehen. Es gibt zum Glück auch viele Highlights. Mit dem Verbandsförderkader war ich in Dänemark und habe dort Spiele bei einem großen internationalen Jugendturnier gepfiffen. Mit 15 Jahren stand ich beim Spiel des FC Bergheim 2000 gegen den 1. FC Köln, unter anderen mit Lukas Podolski, an der Linie. Das war ein schönes Erlebnis.

Herr Hallermayer, wie hat sich das Leben eines Schiedsrichters im Rhein-Erft-Kreis verändert?

Heute ist alles viel schnelllebiger. Ehe man früher als Schiedsrichter aufsteigen konnte, musste man mindestens zwei Jahre in einer Spielklasse pfeifen. Ich weiß nicht, ob es ein Vorteil ist, wenn junge Schiedsrichter heute so schnell nach oben gehievt werden. Das kann in Einzelfällen vom Kopf her schwierig werden.

Sind die Aufstiegsmöglichkeiten ein Anreiz, Herr Landgraf?

Natürlich sind die Aufstiegschancen auch ein Thema, ausschlaggebend ist aber der Spaß, den ich bei meinem Hobby habe.

Wie erleben Sie den Umgang der Spieler mit den Schiedsrichtern?

Hallermayer: Es gibt immer Spiele, bei denen alles im Rahmen ist und bleibt, aber auch solche, bei denen von Anfang an viel Unruhe herrscht. Das war früher aber auch nicht anders.

Landgraf: Für mich ist der Umgang mit älteren Spielern natürlich eine Herausforderung, aber bislang habe ich ausschließlich positive Erlebnisse gehabt. Gerade mit den erfahrenen Spielern kann man gut reden. Im Jugendbereich ist man als Schiedsrichter dagegen öfter mal als Erzieher gefordert, weil gerade die Jungs ihre Grenzen auch auf dem Platz austesten wollen.

Wie könnte man die Arbeit der Schiedsrichter im Amateurbereich erleichtern?

Landgraf: Das Thema Handspiel sorgt immer wieder für Diskussionen. Vielleicht sollte man sich hier etwas überlegen. Allerdings wird es immer schwierig bleiben, wenn es um Absicht und subjektive Wahrnehmung geht.

Hallermayer: Schiedsrichterbetreuer, die vom Verband eigentlich vorgesehen sind, findet man bei den Vereinen auf Kreisebene leider viel zu selten. Generell werden die organisatorischen Dinge von den Vereinen oft zu locker gesehen. Dennoch sollte man versuchen, Verständnis zu zeigen, statt Ordnungsgelder zu verhängen.

Wie werden Sie in die Rückrunde starten?

Hallermayer: Ich werde zum Start in die Rückrunde die Begegnung des TSV Weiß II mit Hellas Frechen in der Kreisliga B leiten.

Landgraf: Für mich beginnt die Vorbereitung auf die Rückrunde ab dem kommenden Donnerstag. Da bin ich beim Wintercup-Turnier des FC Hürth als Schiedsrichter und als Assistent im Einsatz.

Aufrufe: 024.2.2015, 20:00 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger/Stefan KühlbornAutor