2024-05-08T14:46:11.570Z

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Nicht nur im Kreise der Nationalmannschaft gibt Tigin Yaglioglu den Ton an. Foto: BRECHER VISUAL COMMUNICATION
Nicht nur im Kreise der Nationalmannschaft gibt Tigin Yaglioglu den Ton an. Foto: BRECHER VISUAL COMMUNICATION

Der Schweinsteiger des Kleinfelds

Tigin Yaglioglu ist Kapitän der deutschen Kleinfeld-Nationalmannschaft. In der Liga läuft der Mittelfeldspieler für den Landesligisten SSV Merten auf

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Ein volles Stadion, Flutlicht - Gänsehaut. Tigin Yaglioglu kann sich noch genau an den Moment im Oktober 2013 erinnern, als er zum ersten Mal die Atmosphäre einer mit 5000 Zuschauern gefüllten Arena erleben durfte:

„Bei der wunderschönen Eröffnungszeremonie in Griechenland habe ich begriffen, dass es wirklich um etwas geht.“ Es war der Beginn der Europameisterschaft im Kleinfeld-Fußball, die für Yaglioglu etwas real werden ließ, was für Amateurfußballer sonst nur ein Wunschtraum bleibt: Der Mittelfeldspieler des Landesligisten SSV Merten wurde deutscher Nationalspieler und führte sein Team als Kapitän auf das Spielfeld.

Dass sich der 24-Jährige als Auswahlspieler bezeichnen darf, verdankt er nicht nur seinem Talent, sondern auch einer gewissen Portion Glück: „Ich habe 2013 mit ein paar Freunden aus dem Studium an der Kölner Uni-Liga teilgenommen. Genau zu der Zeit hat der Deutsche Kleinfeld-Fußball-Verband eine Scoutingtour unternommen, bei der ich den Verantwortlichen aufgefallen bin.“

Zu diesem Zeitpunkt existierte der deutsche Verband erst seit einem Jahr und suchte nach dem mäßigen Abschneiden bei der EM 2012 nach Verstärkungen. In Yaglioglu, der an der Sporthochschule Köln „Sportmanagement und Kommunikation“ studiert, erkannten sie einen Spielertypen: ballsicher, zweikampfstark und mit der Fähigkeit ausgestattet, Angriffe durch sicheres Passspiel einzuleiten. So nominierte Trainer Marc Müller ihn für die EM.

Auf Kreta spielte sich die Mannschaft nach überstandener Gruppenphase mit Siegen gegen Zypern und Tschechien bis ins Halbfinale vor, wo sie sich dem späteren Sieger Rumänien im Siebenmeterschießen geschlagen geben musste. Im Spiel um den dritten Platz besiegte die deutsche Auswahl Russland.

Neben dem Erfolg mit der Mannschaft durfte sich Yaglioglu am Ende des Turniers auch über eine persönliche Ehrung freuen: Von einer Wahlkommission wurde er zum besten Spieler der EM gewählt. „Ich habe damals ein gutes Turnier gespielt, aber es gab auch genügend andere starke Spieler“, sagt er.

Nachdem man auch bei den kontinentalen Titelkämpfen im letzten Jahr im Halbfinale ausschied, will die deutsche Mannschaft bei der anstehenden EM im kroatischen Vrsar (21. bis 26. September) einen Schritt weitergehen: „Wir wollen Europameister werden, etwas anderes zählt eigentlich nicht.“

Auch in Kroatien wird auf Yaglioglu wieder die Rolle des Spielgestalters zukommen, womit er auf dem Kleinfeld das Pendant zu DFB-Kapitän Bastian Schweinsteiger bildet. Probleme, sich nach dem Turnier wieder an das Großfeld im Ligaalltag beim SSV Merten zu gewöhnen, hat er allerdings nicht: „Ich freue mich immer, danach wieder auf dem großen Platz zu spielen, weil ich dort mehr Zeit und Raum habe, Probleme spielerisch zu lösen. Meistens mache ich im direkten Anschluss an ein Kleinfeld-Turnier sogar meine besten Spiele in Merten.“ Frank Pleimes, Trainer des SSV Merten, kann diesen Eindruck bestätigen: „Tigin kommt von den Turnieren immer mit sehr viel Spielfreude und einem großen Selbstvertrauen zurück.“

Auch sein Weg nach Merten kam eher zufällig zustande. Ein Mitspieler beim Futsal war auch beim SSV aktiv und überzeugte ihn davon, einmal zum Training zu kommen. „Die Stimmung im Team war top, deshalb bin ich geblieben“, sagt Yaglioglu. Mittlerweile hat er sich auch dort zum Leistungsträger entwickelt. Allerdings werden die Vorgebirgler im nächsten Monat wieder auf ihren Mittelfeldmotor verzichten müssen. Dann geht es für Yaglioglu nicht um Punkte in der Meisterschaft, sondern um den EM-Titel.

Kleinfeld-Fußball

Beim Kleinfeld-Fußball treffen zwei Teams mit jeweils sechs Spielern (Torhüter plus fünf Feldspieler) aufeinander. Das Spielfeld ist 44 bis 50 Meter lang und 24 bis 30 Meter breit; die Tore sind statt 7,32 m nur vier Meter breit. Gespielt werden zwei Halbzeiten mit jeweils 20 Minuten Länge. Ansonsten gelten die gleichen Regeln wie beim Spiel auf dem Großfeld. Es darf nur beliebig oft gewechselt werden.

Aufrufe: 028.8.2015, 11:00 Uhr
General-Anzeiger / Matthias KirchAutor