2024-05-02T16:12:49.858Z

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Foto: Pixelio
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Der Schiri der Zukunft nutzt ein Smartphone

Dennis Gollasch tickert und pfeift gleichzeitig - ein Selbstversuch

Die Idee entstand beim Durchstöbern der Ergebnisse eines Spieltages vor drei oder vier Wochen. Während einige Ergebnisse quasi mit dem Abpfiff schon abrufbar waren, konnten andere wiederum Tage später nicht im Internet gefunden werden.

Als Schiedsrichter ist man im "DFBnet" dafür verantwortlich, die Resultate seiner Spiele nach dem Abpfiff einzutragen. Hier scheint es Probleme zu geben. Angesichts der seit einigen Monaten im Raum schwebenden Überlegung des DFB, Liveticker im Amateur- und Jugendbereich verpflichtend für die Vereine einzuführen, war die Kombination beider Elemente naheliegend: Pfeifen und Tickern gleichzeitig.

Ich suchte mir das nächste Jugendspiel aus und bereitete mich vor: Der "FuPa"-Liveticker ist eine sehr nützliche Web-App. Vorher müssen die Spieler angelegt werden, damit ich sie zur Aufstellung zuordnen sowie Karten, Tore oder Wechsel eintragen kann. Ich suchte im Regelwerk nach einem Paragrafen, der mir die Benutzung des Handys auf dem Spielfeld anstelle einer gewöhnlichen Spielkarte verbot. Ohne Erfolg.

Vor der C-Junioren-Partie Fortuna Millingen gegen TuB Mussum II weihte ich die Trainer und Spieler ein, dass ich eine ungewöhnliche Idee habe. Beide Teams waren einverstanden, das war für mich die Voraussetzung. Schließlich wollte ich Kritik nach dem Spiel vermeiden, dass ich mich anstelle des Spiels auf mein Smartphone konzentriert habe. Nach der Platzwahl drückte ich auf dem Touchscreen auf "Anpfiff", die Zeit lief nun.

Nun baumelten während des Spiels 137 Gramm Elektronik in meiner Brusttasche - das war beim Laufen zunächst ziemlich ungewohnt, ich wollte das Handy keinesfalls verlieren. Bereits nach neun Minuten fiel das erste Tor. Ich brauchte nicht lange für die Eintragung, zumindest gab es da keinen Unterschied zur konventionellen Spielkarte. Nun konnte jeder auf der Welt sofort abrufen, was hier vor 40 Zuschauern passiert ist: 1:0 für die Heimmannschaft.

Problematisch war jedoch, dass ich aufgrund des nicht funktionierenden Computers im Fortuna-Vereinsheim vor dem Anpfiff die Rückennummern nicht den Spielern zuordnen konnte, so dass ich die Tore ohne Torschützen eintrug. Als es dann Spielerwechsel und gelbe Karten gab und ich keine Spieler angeben konnte, vergrößerte sich das Problem.

Zur zweiten Halbzeit musste ich noch einen Stift und einen Zettel in die Brusttasche quetschen, darüber hinaus habe ich die Teams gefragt, wer die bereits vergebenen beiden gelben Karten bekommen hatte - ich war mir nicht mehr sicher. Das war mir wirklich peinlich. Schließlich bekam ich aber die zweite Hälfte gut über die Bühne, ich habe mich immer mehr an das Gewicht und die Bedienung gewöhnt und bin mir sicher, dass es ohne den Zwischenfall mit den Rückennummern keinen Zettel gebraucht hätte.

Potenzielle Begründungen für Platzverweise oder ähnliches hätte ich ja ebenfalls ins Handy tippen können. Das Spiel war spannend bis zum Schluss und endete 2:1 für den Fortuna-Nachwuchs. Wie es nun mal ist, sagen viele Trainer dem Schiedsrichter nach dem Abpfiff ihre Meinung, ohne, dass man sie gefragt hat. Aber dieses Mal war ich besonders interessiert und dann auch erfreut - beide waren zufrieden. Das Handy war kein Thema.

Zuhause schaute ich dann, wie viele Klicks ich hatte. Es waren gerade mal fünf. Trotzdem glaube ich: Das Schiedsrichterwesen kann hier revolutioniert werden. Nächsten Samstag werde ich wieder pfeifen - und jeder Fußballfreund kann live dabei sein.

Aufrufe: 019.5.2014, 14:00 Uhr
Rheinische Post / dgoAutor