2024-04-23T13:35:06.289Z

Allgemeines
Ende September standen sich Yannick Krist von der TSG Pfeddersheim (links) und Enis Saiti von Wormatia Worms im Verbandspokal-Achtelfinale gegenüber. Schon vier Wochen später hatte die Wormatia den Final-Einzug gepackt.
Ende September standen sich Yannick Krist von der TSG Pfeddersheim (links) und Enis Saiti von Wormatia Worms im Verbandspokal-Achtelfinale gegenüber. Schon vier Wochen später hatte die Wormatia den Final-Einzug gepackt.

Der Pokal macht seine eigenen Probleme

Vereinsvertreter kritisieren die Terminballung im ersten Halbjahr einer Saison und wünschen eine Neugestaltung des Rahmenspielplans

RHEINHESSEN. Als Steven Jones in den vergangenen Wochen rechts des Rheins unterwegs war, sorgte er für erstaunte Gesichter. Dabei hatte der Trainer des Regionalligisten Wormatia Worms gegenüber seinen Kollegen nur erwähnt, dass er mit seiner Mannschaft bereits das Endspiel im Verbandspokal erreicht hat. „Die sind überrascht. Mancherorts ist nicht einmal das Viertelfinale ausgespielt“, schildert er.

In Sachen Verbandspokal setzt der Südwestdeutsche Fußballverband auf Turbobetrieb. In dieser Saison wurden erstmals alle Spiele bis auf das Finale vor der Winterpause ausgetragen. Seit November steht bereits fest, dass die Wormatia und der SV Morlautern das Endspiel im Mai bestreiten werden. Nächste Saison geht es im gleichen Tempo weiter, obwohl viele Vereine brummeln. Lothar Renz, Vorsitzender des Fußballkreises Alzey-Worms, bringt für das gequetschte Pokalprogramm die Regionalliga als Argument an. In der werde viel unter der Woche gespielt. Für die höheren Ausscheidungsrunden blieben da nicht viele Termine übrig. Und die Gegner müssten nun mal vorher ermittelt werden.

Dagegen der Tenor der Kritik: Der Spielplan ist viel zu eng. Die Vereine sehen mehrere problematische Aspekte: physische Mehrbelastung, ungewisse Personalplanung unter der Woche und die Entfernungen zu Auswärtsspielen bereits ab den ersten Runden. Die Tragweiten der derzeit bestehenden Regelungen allerdings fallen unterschiedlich aus.

Bei einigen herrscht große Aufregung. Beispielsweise beim TSV Gundheim. Geht es nach Trainer Christian Vogel, nähme der Bezirksligist in der kommenden Saison gar nicht erst am Verbandspokal teil. „Ich persönlich möchte das ungern.“ Im Angesicht eines auch in der kommenden Saison möglichen Abstiegskampfes wiegen Ausfälle doppelt. „Die können wir uns nicht erlauben“, so Vogel. Im Vorjahr hatte der Verband dem Bezirksligisten in der zweiten Pokalrunde eine angefragte Spielverlegung gegen den TuS Rüssingen trotz Einvernehmens beider Vereine verweigert. „Da schwingt immer noch Unverständnis mit“, offenbart Vogel. Über eine mögliche Nicht-Teilnahme ist das letzte Wort beim TSV allerdings noch nicht gesprochen.

Nelson Rodrigues, Coach des Verbandsligisten Hassia Bingen, befürchtet genau das: einen ähnlichen Trend wie bei Hallenturnieren: „Wenn sich nichts ändert, besteht die Gefahr, dass sich die Vereine nur noch auf die Meisterschaft konzentrieren.“ Rodrigues kann den engen Zeitplan nicht nachvollziehen: „Es ist sowieso schwierig, die Spieler auf den Punkt fit zu kriegen für die Ligaspiele.“ Mit einem Kader von 18 bis 20 Mann seien zusätzliche Verletzungen schwer zu kompensieren.

Horchheimer Vorschlag: erste Runden auf Kreisebene

Beim Thema Verbandspokal lässt sich auch Christian Schäfer, Coach des Landesligisten SV Horchheim, so richtig aus. „Warum müssen wir 19 Spiele bis zur Winterpause plus Pokal spielen? Warum drei Monate Winterpause?“ Und vor allem die schon in den ersten Runden großen Distanzen zu Spielorten prangert er an. Hierbei deutet der Trainer in Richtung Badischer Fußballverband, dessen Pokalmodus in den ersten Runden durchweg auf Kreisebene stattfindet. „Das ist super“, sagt er. Grundsätzlich ist der Horchheimer ein „Pokalfan“. Nur die Ballung der Spiele versteht er überhaupt nicht.

Ja, der Pokal an sich ist attraktiv. Das sehen alle Befragten so. Wie im Fall des Landesligisten SG Alsenztal, der es im vergangenen Jahr bis in die vierte Runde geschafft hatte und dort auf Regionalligist FK Pirmasens traf. „Das war ein Highlight“, blickt SG-Trainer Alexander Raab auf die 1:10-Niederlage zurück. Im Nachhinein entpuppte sich das Highlight allerdings als „Genickschuss“, sagt Raab. Der Landesligist zahlte einen hohen Preis: „überlastete Spieler“. Noch drei Wochen lang hätten die Strapazen des Pokalspiels an Raabs Mannschaft genagt. Anders als Teams aus den höheren Ligen, die erst in fortgeschrittenen Runden in den Pokalwettbewerb einsteigen, haben vor allem Bezirks- und Landesligisten dann schon einige Runden mehr auf dem Buckel. Semiprofessionelle Ober- und Regionalligisten haben dazu in der Regel vergleichsweise größere Kader und sind tendenziell physisch eher und öfter belastbar.

Timo Schmidt, Trainer des Mainzer Landesligisten TSG Bretzenheim, sieht diese Thematik dagegen „relativ entspannt“. Wenn man die Trainingsbelastung an den Spielrhythmus anpasse, sei auch die Verletzungsgefahr weniger ein Problem. Genau wie die Distanzen zu Pokalspielorten: „Wir haben nicht so weite Wege, weil wir im Stadtgebiet sind.“ Im Gegenzug kann er aber Vereine aus dem ländlichen Raum verstehen und wundert sich über den Spielplan: „Ich war schon immer der Meinung, man könnte das entzerren.“

Ebenfalls leisere Töne spuckt Jürgen Steuerwald, Abteilungsleiter von Bezirksligist TSV Gau-Odernheim. Eine Mehrbelastung durch englische Wochen sei beim TSV noch kein Thema gewesen. „Wir haben das bisher immer hingekriegt.“ Doch auch Steuerwald stellt angesichts des Pokalspielplans fest: „Das ist ganz schön eng, wir haben 16 Mannschaften und müssen gucken, dass wir die da alle unter bekommen.“

Auch wenn einige entspannt sind: Wirklich gut findet die Regelung keiner der Befragten. Die allgemeine Forderung: den Pokalspielplan entzerren. Bei der Frage, wie das gehen soll, bestehen wiederum unterschiedliche Ansätze. Trainer Raab von Alsenztal schlägt vor, auf die Ferien oder auf Feiertage wie Ostern auszuweichen. Der Horchheimer Coach Schäfer wünscht sich eine kürzere Winterpause. Die meisten fordern eine Verlegung zumindest der Viertel- und Halbfinalspiele ins zweite Saisonhalbjahr. Der Konsens: Der Verband sollte die Vereine bei der Spielplanbesprechung mit ins Boot holen.

Lothar Renz vom Kreisverband Alzey-Worms stellt zwar dar: „Man kann es nie allen recht machen.“ Aber: Entscheidet der Verband grundsätzlich, das Pokalprogramm zu entzerren, dürfte allen Parteien gedient sein.



Aufrufe: 021.2.2017, 17:30 Uhr
Claus Rosenberg und Nils SaleckerAutor