2024-05-08T14:46:11.570Z

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Werder-Trainer Alexander Nouri
Werder-Trainer Alexander Nouri

Der Mutmacher und die Spielidee

Seit mehr als drei Wochen ist der frühere Oldenburger nun Bundesliga-Trainer bei Werder Bremen. Im NWZ-Interview verrät Nouri woran er mit dem Team arbeitet und wie wichtig sein „Co“ Florian Bruns für ihn ist.
Frage: Herr Nouri, seit dreieinhalb Wochen gehören Sie dem Zirkus Fußball-Bundesliga an. Wie fühlt man sich als einer der Stars in der Manege?

Nouri (37): Es ist natürlich eine große Herausforderung. Uns geht es um die Sache, um die Arbeit mit der Mannschaft, das steht im Vordergrund. Dieses Geschäft kann schnell in alle Richtungen gehen, deswegen braucht man eine gewisse Gelassenheit. Für mich ist entscheidend, mich voll auf die Mannschaft zu fokussieren.

Frage: Sie haben wiederholt betont, die neue Aufgabe mit Demut anzugehen. Warum ist Ihnen dieser Begriff so wichtig?

Nouri: Weil eine gewisse Demut und Bescheidenheit dazugehört, um offen, lernfähig und selbstkritisch zu bleiben, und um sich weiterzuentwickeln. Wenn man sich selbst zu wichtig nimmt, ist man vielleicht nicht mehr in der Lage, alles für die Sache und den Verein zu geben. Diese Haltung gehört für mich dazu.

Frage: Ihre Trainerlaufbahn haben Sie beim VfB Oldenburg begonnen. Kamen in den vergangenen Wochen Glückwünsche aus ihrem früheren Club?

Nouri: Es gab einige SMS, über die ich mich sehr gefreut habe. Es fehlt leider momentan die Zeit, um sich mit dem ein oder anderen zu treffen.

Frage: Was haben Sie beim VfB mitgenommen, dass Ihnen in Bremen helfen kann?

Nouri: Ich bin froh und dankbar, dass ich damals die Chance vom VfB erhalten habe, in den Trainerbereich einzusteigen. Es war eine sehr lehrreiche Zeit, ich konnte in vielen Bereichen Erfahrungen sammeln und mich ausprobieren. Ich war beim VfB ja von Athletik-, über Co- bis zum Cheftrainer dabei. Die Erfahrungen kann man natürlich auch nach Bremen übertragen. Die Zusammenarbeit mit den Spielern und Menschen vor Ort war mir wichtig, ich habe auf jeden Fall davon profitiert.

Frage: Sie haben als Kind sehr viel Zeit im Studentenwohnheim in Oldenburg verbracht. Warum?

Nouri: Mein Vater hat Chemie an der Uni Oldenburg studiert. Lange Jahre hat er die Woche über in einem Oldenburger Wohnheim verbracht, in den Ferien war ich häufig dort. Wir haben zusammen in der Uni-Bibliothek gesessen, ich habe meist gemalt und er gelernt. Das war eine Zeit, die bei mir haften geblieben ist. Das Schwimmbad in der Uni oder die Mensa gehören zu meinen Kindheitserinnerungen, deswegen war Oldenburg mir immer sympathisch.

Frage: Zurück zum Sportlichen: Ein Sieg, ein Remis und eine Niederlage haben Sie als Erstliga-Coach erlebt, nun macht die Länderspielpause das Trainingsleben schwer. Wie gezielt können Sie arbeiten, wenn so viele Profis auf Reisen sind?

Nouri: Das Problem haben die anderen Teams ja auch. Wir haben mit den Spielern intensiv trainiert und sie für die Themen sensibilisiert, an denen wir in den kommenden Wochen arbeiten wollen. Dazu gehört zum Beispiel, in der Defensive gemeinsame Verhaltensprinzipien auf dem Platz zu festigen. Auf welcher Höhe wollen wir verteidigen, wie können wir die Organisation und Kommunikation untereinander optimieren? Das ist ein Prozess und der braucht Zeit.

Frage: Insgesamt ist der Bremer Kader, wenn alle fit sind, mit etwa 35 Spielern sehr groß – vielleicht sogar zu groß?

Nouri: Jeder hat jetzt die Möglichkeit, im Training Argumente für sich zu liefern. Dass wir nicht mit 30 Mann gleichzeitig permanent im Trainingsbetrieb arbeiten wollen, ist aber auch klar. Da werden wir irgendwann gemeinsam mit dem Trainerteam und in enger Abstimmung mit Frank Baumann Überlegungen anstellen.

Frage: Der nächste Gegner Bayer Leverkusen ist spielstark und offensiv sehr gut besetzt. Wie stellen Sie sich Werder gegen so einen Gegner vor?

Nouri: Für mich ist wichtig, dass die Attribute Mut und Aufwand auf dem Platz belohnt werden. Diese Haltung wollen wir aufnehmen, so müssen wir in die Spiele gehen. Wie wir dann im Detail auftreten wollen, da werde ich jetzt noch nicht die Katze aus dem Sack lassen (lacht).

Frage: Sie haben unter anderem bei Athletic Bilbao und FC Villarreal hospitiert. Warum haben Sie sich spanische Clubs ausgesucht?

Nouri: Mich hat vor allem der Ausbildungsgedanke interessiert, die Methodik und Didaktik. Bilbao ist sehr spannend, weil sie sich selbst limitieren durch die Auflage, nur Basken einzusetzen. Es gibt dort drei Millionen Einwohner, aus diesem Kreis rekrutieren sie ihre Spieler, und dennoch spielt der Verein permanent im Europapokal. Es ist beeindruckend, auf welchem Niveau sie ihre Spieler ausbilden. Auch bei Villarreal konnte ich viel mitnehmen. Über den Tellerrand hinauszublicken, ist eine Maxime von mir.

Frage: Der spanische Fußball ist auf Ballbesitz und Passgenauigkeit ausgerichtet. Ist das eine Spielphilosophie, die in Bremen überhaupt umsetzbar wäre?

Nouri: Für uns ist es wichtig, erstmal die Stärken der einzelnen Spieler auf den Platz zu bringen und gemeinsam erfolgreich zu spielen. Zu diesem Zeitpunkt eine Spielidee mit viel Ballbesitz auszugeben, ist nicht unser Ansatz.

Werder erweitert Trainerteam

Der frühere Bundesliga-Profi Markus Feldhoff komplettiert das Trainerteam bei Werder Bremen. Der 42-Jährige wird ab sofort neben dem gebürtigen Oldenburger Florian Bruns als zweiter Co-Trainer an der Weser arbeiten. Dies teilte Werder am Mittwoch mit.

Alexander Nouri wurde am 20. August 1979 in Buxtehude geboren. In der Jugend spielte er für Werder Bremen (1994-1998), als Profi schaffte er es „nur“ in die 2. Liga zum VfL Osnabrück. 2011 wechselte Nouri zum VfB Oldenburg, war erst Athletiktrainer der U 17, dann Co-Trainer, Sportlicher Leiter und ab April 2013 Cheftrainer des Regionalligisten. 2014 wechselte Nouri zu Werder II, übernahm dort im Oktober des gleichen Jahres den Trainerjob des aufsteigenden Viktor Skripnik und führte die Reserve zum Aufstieg in die 3. Liga.

Frage: Ihr Co-Trainer, Florian Bruns, ist gebürtiger Oldenburger, und seit Sommer 2015 an Ihrer Seite. Was sind seine Stärken, die er ins Team einbringen kann?

Nouri: Flo war, als er 2014/15 bei mir noch Spieler in der Zweiten war, in dieser Aufstiegssaison schon mein verlängerter Arm, da ich damals keinen Co-Trainer hatte. Ich habe ihn früh mit in die Verantwortung genommen und gespürt, dass er in diesem Bereich große Fähigkeiten besitzt. Flo und ich sind auf einer Wellenlänge, können kontrovers miteinander diskutieren, kommen dann aber zu gemeinsamen Zielen und profitieren voneinander. Er hat einen sehr guten Zugang zu den Spielern, eine gute Ansprache und authentische Art. Das ist absolut gewinnbringend für die Mannschaft.

Frage: Markus Feldhoff komplettiert nun das Bremer Trainerteam. Sie kennen sich aus Ihrer aktiven Zeit. Warum war er ihr Wunschkandidat?

Nouri: Wir kennen uns sehr lange und haben uns trotz größerer Distanz auch immer wieder inhaltlich über Fußball ausgetauscht. Die Gespräche waren sehr inspirierend und ich bin der Überzeugung, dass wir vom Arbeits- und Teamgedanken – auch mit Flo zusammen – die gleichen Werte und Einstellungen haben. Ich freue mich, dass es geklappt hat, und glaube an eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.

Aufrufe: 013.10.2016, 15:32 Uhr
Lars BlanckeAutor