2024-05-02T16:12:49.858Z

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F: Giuseppe Montalto
F: Giuseppe Montalto

Der bunte Vogel wandert wieder

Oliver Seibert hat seinen Vertrag beim 1. FC Wülfrath aufgelöst.

Für Oliver Seibert beginnt das neue Jahr gut. Nein, eigentlich hörte das alte Jahr gut auf, denn am 29. Dezember löste der Torhüter seinen Vertrag beim Landesligisten 1. FC Wülfrath und startet somit sportlich ungebunden in die Rückrunde. Jetzt will er einen passenden Klub finden.

Die Bewerbungsunterlagen des 30-Jährigen sind gespickt mit Landesliga- und Oberliga-Klubs. Der Student der Betriebswirtschaftslehre (3. Semester) hat in seinem Fußballer-Leben einiges hinter sich – im Positiven wie im Negativen. Die Verantwortung dafür trägt er selbst: "Natürlich bin ich nicht überall im Frieden gegangen und das war bestimmt nicht immer die Schuld der anderen. Ich weiß, dass ich nicht einfach zu handhaben bin."

Wandervogel, oder doch eher bunter Vogel? "Beides! Den Wandervogel kann ich ja gar nicht abstreiten, aber auch bunter Vogel stimmt schon. Ich falle auf, weil ich viel rede und das immer geradeaus. Ich bin ein direkter Typ", erklärt Seibert, der Konflikte nicht heraufbeschwört, ihnen aber sicher nicht ausweicht. "So bin ich eben, auch im Restleben." Dieses findet neben dem Uni-Campus an der FH in Düsseldorf vor allem auch in seiner Heimat Kaarst statt. Von dort aus will Seibert nun noch einmal fußballerisch durchstarten.

"In Wülfrath haben sie im Sommer, zu Beginn der neuen Saison, nicht mehr auf mich gesetzt, aber mein Vertrag lief ja noch", sagt Seibert, der sich zu allem Überfluss auch noch einen doppelten Leistenbruch zuzog. Kurz nachdem er im November wieder trainingsbereit war, stand er auch schon wieder im Wülfrather Tor. Letztlich aber war die Trennung unausweichlich. "Gut, dass es jetzt einvernehmlich gelaufen ist. Ich kann ein neues Kapitel beginnen."

Das längste Kapitel seiner Laufbahn verbrachte Seibert bei den Sportfreunden Neersbroich, wo er mit einer Ausnahme seine gesamte Jugend verbrachte. Erst im letzten Jahr wechselte der 1,81 Meter große Schlussmann zu seinen Schulfreunden und damit zum VfR Büttgen. Der Sprung zu den Senioren gestaltete sich anschließend schwierig. Missverständnisse und fehlende Einstellung sorgten für Hickhack. "Ich habe mich zu der Zeit gnadenlos überschätzt", blickt Seibert selbstkritisch zurück. Sein damaliger Coach Dirk Schneider warf ihn aus dem Kader, Seibert landete in der Kreisliga C beim Mini-Klub Germania Driesch, den es heute nicht mehr gibt. "Es war ein wichtiger Schuss vor den Bug."

Dass er Schneider die Maßnahme nicht nachträgt und ihn bis heute als "Ziehvater" bezeichnet, beweist der nächste Schritt in Seiberts Karriere, die er selbst mit dem Wort "lustig" beschreibt. "Ich ging nach einem weiteren Intermezzo in Büttgen zurück zu Dirk", der inzwischen beim Ortsrivalen SG Kaarst angeheuert hatte. "Ich hatte meine Einstellung geändert, das wusste Dirk." Fortan spielte Seibert endlich als Stammkeeper in der Bezirksliga.

"Markus Anfang war der beste Trainer, den ich je hatte"

Berufliche Gründe zwangen Seibert jedoch im weiteren Verlauf dazu, sich beim Landesligisten Hombrucher SV fitzuhalten. Immerhin kam er zu drei Einsätzen und spielte dabei unter anderem gegen den früheren Bundesliga-Stürmer Souleymane "Samy" Sané. Anschließend verpasste er mit Kaarst in einer seiner schönsten Spielzeiten den Aufstieg in die Landesliga nur knapp, ehe die Odyssee durch den niederrheinischen Amateurfußball so richtig Fahrt aufnahm.

Dem Wechsel zum VfL Willich ("schlechte Entscheidung") folgte nach einer Halbserie der Gang zum SC Kapellen. "Dort habe ich als zweiter Torwart viel gelernt", betont der BWLer. Im Jahr darauf ging es zum Niederrheinliga-Konkurrenten 1. FC Viersen. Dort waren Verletzungen seine geringsten Probleme. Schnell ging es zurück zum SCK, wo er auf Trainer Markus Anfang traf. "Der Beste, den ich je hatte", sagt er ohne zu zögern, was man angesichts der wenigen Einsätzen unter dem ehemaligen Fortuna-Mittelfeld-Profi zunächst kaum glauben mag. "Ich will später unbedingt als Trainer arbeiten und da konnte ich zu meinem eigenen Stil viel von Markus lernen", betont der Inhaber der C-Lizenz, der in Kürze auch die B-Lizenz erwerben möchte. Seibert hospitierte vier Wochen bei der U19-Bundesliga-Mannschaft des 1. FC Köln.

Möglichkeiten, sich weitere Details bei anderen Trainern abzugucken, erhielt Seibert noch bei den Oberligisten TuS Bösinghoven und Turu Düsseldorf ("ein toll geführter Verein"). "Manchmal hat es sportlich bei mir nicht gereicht", gesteht Seibert. "Andererseits habe ich mich über die Jahre entwickelt, viel Erfahrung gesammelt und wenn ich gespielt habe, hatte ich mir zuletzt selten etwas vorzuwerfen."

Bester Torhüter der Landesliga

Zuletzt bedeutet vor allem die Rückrunde 2014 in Wülfrath, der jüngsten Station des Fußball-Verrückten. Dort bot Seibert sportlich keinerlei Angriffsfläche. Beleg dafür ist die Statistik: In besagter Halbserie kassierte er in 14 Einsätzen gerade einmal acht Treffer und trug damit seinen Teil zum Klassenerhalt bei. In der vorausgegangenen Hinrunde waren es bei Turu II in zehn Partien auch nur 15 Gegentreffer, womit er in der Landesliga-Saison 13/14 statistisch mit einigem Abstand der beste Torhüter war.

Wie geht es nun weiter? "Ich bin fit wie nie zuvor. Dennoch will ich noch ein paar Kilo runter haben. Außerdem muss ich an meiner Beweglichkeit arbeiten", meint Seibert, der für die anstehende Rückrunde gerne einen höherklassigen Klub finden möchte. "Letztlich muss das Paket stimmen, ich will ja vor allem wieder spielen. Das geht auch bei einem ambitionierten Bezirksligisten."

Und dafür macht Seibert auch an den Stadtgrenzen nicht halt. "Ich habe ja schon in den Kreisen Wuppertal, Krefeld, Neuss, Düsseldorf oder Mönchengladbach gespielt – ich bin jetzt in einem guten Alter, in die Heimat kann ich später immer noch zurückkehren." Der bunte Vogel dürfte also bald wieder wandern.
Aufrufe: 02.1.2015, 07:29 Uhr
Christian KurthAutor