2024-05-10T08:19:16.237Z

Turnier
Da klingelt es zum ersten Mal im Tor von A/O-Torhüterin Karina Steffens. Das 0:1 durch die Bremerin Stephanie Goddard fiel nach einer von vielen sehenswerten Kombinationen. Foto Schulz
Da klingelt es zum ersten Mal im Tor von A/O-Torhüterin Karina Steffens. Das 0:1 durch die Bremerin Stephanie Goddard fiel nach einer von vielen sehenswerten Kombinationen. Foto Schulz

Der Bundesligist ist eine Nummer zu groß

Frauenfußball auf höchstem Niveau beim ersten Primo-Cup im Ahlerstedter Auetal hat mit geringem Zuschauerinteresse zu kämpfen

Wenn die besten vier Frauenfußball-Teams des Nordens bei einem Turnier aufeinander treffen, erwartet der interessierte Fan hochkarätigen Sport auf und viele Zuschauer neben dem Platz. Ersteres war beim Primo-Cup im Ahlerstedter Auetal gegeben. Ein Publikumsmagnet war das Turnier jedoch nicht. Auch Bundesligist Werder Bremen zog kaum Fans an. Trotz ansehnlichem Fußball.

Sonnabend, 15 Uhr. Keine Wolke am Himmel. Das erste Spiel des Primo-Cups wurde gerade angepfiffen. Zweitligist BV Cloppenburg gegen die Hamburger Nummer Eins aus Bergedorf. Auf dem Papier ein durchaus hochklassiges Spiel. Beste Bedingungen also für einen schönen Fußballtag. Der Blick auf die Tribüne ließ das allerdings nicht erahnen. Gerade mal 30 Fans wollten die Begegnung sehen. Nach dem 4:0 für Cloppenburg, stand mit der Partie zwischen Gastgeber Ahlerstedt/Ottendorf und Erstligist Werder Bremen der Höhepunkt des Turniers an. Rund 100 Fans waren inzwischen eingetrudelt, das Zuschauerinteresse war damit auch beim Highlight des Tages überschaubar.
Wäre die Männermannschaft vom SV Werder bei einem Turnier im Kreis unterwegs, die Karten wären wohl nach wenigen Tagen ausverkauft gewesen. Doch dieser Vergleich hinkt. Findet auch Bernd Stelling, Leiter der Frauenfußballabteilung bei A/O.
„Frauenfußball und Männerfußball dürfen nicht verglichen werden“, sagte er und sieht darin einen großen Fehler, den viele Zuschauer machen würden. „Wenn Steffi Graf gegen Boris Becker gespielt hätte, hätte sie vermutlich auch keine Chance gehabt. Aber sie war trotzdem eine Topspielerin.“ Genauso verhalte es sich im Fußball. Bei den Frauen gehe es nicht so athletisch und schnell zu, so Stelling. „Dafür ist der Sport sauberer und ehrlicher.“
Das Spiel zwischen A/O und Werder gab ihm jedenfalls Recht. Keine Spur von Lamentieren oder Gemecker. Die Spielerinnen konzentrierten sich im Gegensatz zu manch männlichem Fußballer voll und ganz auf das Sportliche.
Das hieß im direkten Duell: A/O auf die Defensive und Bremen auf das Stürmen. Zu Beginn schafften es die Gastgeber noch, den Laden dicht zu halten. Doch es gelang der Koch-Truppe nicht, für Entlastung zu sorgen. Immer wieder kombinierte sich Werder gefährlich in den Strafraum der Gastgeberinnen. Besonders U-19 Nationalspielerin Venus El-Kassem stellte die Ahlerstedter mit ihrer Schnelligkeit vor große Probleme.
Nach 15 Minuten zappelte der Ball zum ersten Mal im Netz. Sechs weitere Treffer sollten folgen. „Verdient verloren aber dem Gegner drei Tore geschenkt“, bilanzierte Rüdiger Koch nach dem Spiel. Sein Gegenüber Steffen Rau war zufrieden mit dem Auftritt seiner Mannschaft und wünschte dem SV A/O viel Erfolg in der kommenden Saison.
Eine sympathische Aussage einer sympathischen Truppe, die trotz ihrer Erstligazugehörigkeit keinerlei Allüren an den Tag legte. Im Gegenteil, die Bremerinnen schlugen kurzerhand ein Zeltlager am Platz auf und nutzten das Turnier als Teambuilding-Maßnahme. „Die Anlage ist fantastisch. Großen Dank an die Gastgeber“, sagte Rau.
Das Spiel um Platz drei am Sonntag konnten Rüdiger Koch und seine Spielerinnen überraschend klar mit 6:1 gegen den Regionalligisten Bergedorf für sich entscheiden. „Wir haben mutig und schnell nach vorne gespielt“, so Koch. Turniersieger wurde wie erwartet Werder Bremen mit einem 5:0 über Zweitligist Cloppenburg.
Mit dem sportlichen Teil des eigenen Turniers zeigten sich die Verantwortlichen zufrieden. „Wir konnten auf höchstem Niveau testen“, sagte Koch. Das sei der bestmögliche Abschluss für die Vorbereitung gewesen. Nun gehe es mit dem Ziel, möglichst schnell einen gesicherten Mittelfeldplatz zu erreichen, in die kommende Saison.
Mit den Zuschauerzahlen hingegen war man bei der SV A/O nicht wirklich zufrieden. „Sonnabend war das schon okay, aber am Sonntag waren deutlich zu wenige Fans am Platz“, so Bernd Stelling, der den DFB in der Pflicht sieht, den Frauenfußball mehr zu unterstützen. Das Topspiel der Frauenbundesliga müsse zum Beispiel an jedem Spieltag einen festen Platz in der Sportschau bekommen.
Auf den DFB zu hoffen, reicht den Spielerinnen der SV nicht. Sie nahmen ihr Schicksal mit dem Primo-Cup selbst in die Hand. Fast alles organisierten sie in Eigenregie. Vom Torwandschießen bis zum Grillen der Bratwurst: Überall hatten sie ihre Finger im Spiel. An ihrem Einsatz lag es jedenfalls nicht, dass die Zuschauerzahlen so gering waren. Ob der Primo-Cup im nächsten Sommer eine zweite Chance bekommt, steht indes noch nicht fest. Rein sportlich hätte das Turnier eine weitere Auflage auf jeden Fall verdient.

Aufrufe: 03.8.2015, 20:12 Uhr
TAGEBLATT/Alexander SchulzAutor