2024-04-23T13:35:06.289Z

Interview der Woche
Übernimmt Verantwortung: TSV-Neuzugang Demis Jung bringt Struktur ins Spiel. Foto: Dominik Florian
Übernimmt Verantwortung: TSV-Neuzugang Demis Jung bringt Struktur ins Spiel. Foto: Dominik Florian

Demis Jung: Wieder Spaß am Fußball haben

Demis Jung (26) erklärt seinen Wechsel aus der Oberliga in die Bezirksliga

49 Regionalliga- und knapp 100 Oberligaspiele hat Demis Jung schon auf dem Buckel. Im FuPa-Interview spricht der 26 Jahre alte Mittelfeldspieler über seinen Wechsel von SGV Freiberg zum TSV Weilimdorf, sein Verhältnis zu Kickers-Kapitän Enzo Marchese und die schwierige Entscheidung zwischen Profifußball und beruflicher Zukunft.

Hallo Demis, du bist gebürtiger Stuttgarter – zitterst du zur Zeit mit dem VfB oder drückst du den Kickers die Daumen im Aufstiegsrennen?
Demis Jung:
(lacht) Ich bin Dortmund-Fan. Aber es wäre schon schade für Stuttgart, wenn der VfB absteigt. Als ehemaliger Kickers-Spieler geht der Blick natürlich immer eher Richtung Waldau und zu meinem Ex-Club.

Du sprichst es an, du hast acht Jahre bei den Stuttgarter Kickers gespielt, wie nah stehst du dem Verein noch? Wie ist der Kontakt zu ehemaligen Mitspielern?
Jung:
Mit einer Handvoll Spielern habe ich ja noch zusammengespielt. Da bricht der Kontakt nicht ab. Vor allem mit Enzo Marchese bin ich noch eng befreundet. Wir waren schon zusammen im Urlaub und unternehmen hin und wieder etwas gemeinsam. Gegen Duisburg war ich auch im neuen Stadion, um mir das alles mal anzuschauen. Das ist wirklich schick geworden.

Deine Kollegen von damals spielen um den Aufstieg in die zweite Bundesliga, kommt da etwas Wehmut auf?
Jung:
Klar. Ich war ja 2012 in der Aufstiegsmannschaft zur 3. Liga. Nach einer langen Verletzungspause wurde mein Vertrag nicht verlängert und mein Traum vom Profifußball war geplatzt. Das war schon eine schwierige Situation. Aber im Nachhinein war es Glück im Unglück. Ich war gezwungen, eine Entscheidung über meine Zukunft zu treffen und habe mich für ein Studium entschieden. Das damals hat schon wehgetan, weil mir klar war, dass damit Zug Profifußball endgültig abgefahren ist. Heute weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war, den beruflichen Weg zu gehen.

Vor der Hinrunde bist du ziemlich spät vom Regionalliga-Aufsteiger FC Nöttingen zum SGV Freiberg gewechselt. Nach einer enttäuschenden Hinserie warst du direkt ein Streichkandidat. War der Wechsel im Nachhinein ein Fehler?
Jung:
Sportlich gesehen schon. Die Hinrunde ist für mich nicht wirklich gut gelaufen. Aber der Wechsel hatte ja einen beruflichen Hintergrund. Ich habe ein Praktikum bei Porsche Design in Ludwigsburg gemacht, wodurch das Training in Nöttingen kaum noch möglich gewesen wäre. In Freiberg ließ sich das besser miteinander verbinden. Leider hat es auf dem Platz dann nicht so geklappt, wie ich mir das vorgestellt habe.

Du hast Regionalligaerfahrung, bist im besten Fußballeralter – und bist zur Rückrunde aus der Oberliga Baden-Württemberg zu deinem Heimatverein TSV Weilimdorf in die Bezirksliga gewechselt – kein gewöhnlicher Schritt, wie kam es dazu?
Jung:
Der TSV ist eine Herzensangelegenheit - mein Heimatverein, bei dem ich meine ersten Schritte als Fußballer gemacht habe. Nach dem Aus in Freiberg wollte ich einfach wieder Spaß am Fußball haben. In Weilimdorf bin ich da genau richtig. Außerdem lässt sich das gut mit meinem Studium vereinen.

Wie wurdest du nach so vielen Jahren bei deinem Jugendverein aufgenommen? Gibt es noch ein paar bekannte Gesichter oder wirst du auch mal schräg angeschaut?
Jung:
Ich wurde überragend aufgenommen. Mit einigen Mitspielern habe ich ja in der Jugend schon zusammengespielt, da war ich von der ersten Minute an gleich wieder Teil des Teams. Wir haben eine richtig talentierte junge Truppe zusammen, mit der es in jedem Training wahnsinnig Spaß macht, einfach nur Fußball zu spielen.

Jetzt hast du vier Spiele hinter dir. Wie lief die Umstellung von der Oberliga auf die Bezirksliga? Was ist anders?
Jung:
Es sind schon krasse Unterschiede zwischen den beiden Ligen. Bei meinen Stationen zuvor war alles viel professioneller. Wir haben vor 5.000 Zuschauern gespielt und uns wurde alles abgenommen. Von der Anreise zu den Spielen bis dahin, dass meine Klamotten gewaschen wurden. Und natürlich auch auf dem Platz – das Training war ein ganz anderes und vor allem die Taktik und Fitness sind auf einem höheren Niveau. Wir trainieren jetzt nur noch zweimal pro Woche und wenn ein Mannschaftskollege mal eine Woche Spätschicht hat, dann ist er eben raus. Das habe ich zuvor alles nicht gekannt. Aber ich bin überrascht, wie gut das spielerische Niveau ist. Da bemerkt man, dass einige in der Jungend doch relativ hoch gespielt haben.

Du hast 49 Regional- und fast 100 Oberligaspiele auf dem Buckel. Inwieweit kannst du dadurch deinen Mannschaftskollegen weiterhelfen? Übernimmst du vielleicht sogar spezielle Aufgaben im Team?
Jung:
Natürlich versuche ich meine Erfahrung gerade an die jüngeren Spieler weiterzugeben. Da geht es häufig nur um Kleinigkeiten, zum Beispiel wie man unnötige Fouls vermeidet oder taktische Mittel wie Pressing im richtigen Moment einsetzt. Auf meiner Position als Sechser kann ich durch Kommandos Struktur ins Spiel bringen. Ich gehe dabei auf meine Mitspieler zu, wenn mir etwas auffällt. Gerade die jungen Spieler sind da sehr offen und freuen sich über meine Tipps.

Die Bezirksliga ist Neuland für dich. Gibt es in dieser Liga auch noch Dinge, die du lernen kannst bzw. die dich weiterbringen können?
Jung:
Es geht hier einfach nur um den Sport und nicht um Geld oder andere Geschichten. Hier haben einfach alle Bock aufs Kicken und mit dem Spaß kommt auch der Erfolg. Es geben alle in jedem Training Vollgas und das übertragt sich dann auch auf die Spiele. Für mich ist das auch kein Selbstläufer, nur weil ich schon in der Regionalliga gespielt habe. Ich muss in jeder Situation 100 Prozent geben.

Dein Team ist mit vier Siegen ins neue Jahr gestartet und ihr belegt aktuell Platz zwei. Das Saisonziel lautete „oben mitspielen“. Ist da nicht vielleicht etwas mehr drin in der Rückrunde?
Jung:
Bei uns hebt jetzt keiner ab. Es gibt keinen Grund, etwas am Saisonziel zu ändern. Wir haben in den letzten Spielen genügend Fehler gemacht, die wir abstellen müssen. Daran werden wir Schritt für Schritt arbeiten. Wir bleiben ganz bodenständig und freuen uns einfach auf das nächste Spiel.

Hast du dir persönlich Ziele für die Rückrunde gesetzt?
Jung:
Ich möchte mich noch stärker in die Mannschaft einbringen. Gemeinsam mit den anderen Führungsspielern müssen wir daran arbeiten, noch mehr Konstanz in unser Spiel zu bekommen. Es geht mir einfach darum, für mich und das Team das beste herauszuholen. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg.

Weilimdorf, Böblingen, Stuttgart Kickers, Nöttingen, Freiberg und wieder Weilimdorf – du bist erst 26, wie geht dein fußballerischer Weg weiter?
Jung:
Ich habe ab der Saison 2015/16 einen Vertrag beim FC Nöttingen. Den habe ich schon vor meinem Wechsel nach Freiberg unterschrieben und es war von vornherein klar, dass ich nach der Saison nach Nöttingen zurückkehre. Ich freue mich wieder auf die Herausforderung. Trotzdem gilt für mich auch dort: Erst kommt das Studium, dann der Fußball.

Aufrufe: 019.3.2015, 09:00 Uhr
Dominik FlorianAutor