2024-03-18T14:48:53.228Z

Querpass

David gegen Goliath?

oder: über lästige Favouritenrollen und Geheimtipps. rnAn diesem Sonntag werden in ganz Bielefeld und Umgebung die Augen auf die Schüco-Arena gerichtet sein. Nicht, weil vielleicht die hungrigen Anhänger des Traditionsvereins dort hinströmen in der Hoffnung, endlich einen Heimsieg ihrer Elf bewundern zu dürfen. Darauf können sie lange warten.

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Oder etwa nicht weil die Truppe von Rüdiger Rehm aktuell gefallen an Remis gefunden hat und nahtlos an die vergangene Saison anknüpft, in dem man zum König der Unentschieden avancierte und am Ende mit Platz 12 sich im unteren Tabellendrittel wiederfand. Diese Tendenz lässt sich auch in der aktuellen Spielzeit ausmachen und die Anhängerschaft zwischen Stolz und Verzweiflung pendeln. Sondern weil an diesem Sonntag gar kein Unentschieden möglich sein kann. Warum? Zum zweiten Mal in ihrer gesamten Vereinshistorie darf sich die 1. Frauenmannschaft der DSC-Abteilung auf den heiligen Rasen auf der Alm begeben- und das nicht nur zum Zwecke des Fotoshootings. Die Premiere missglückte: 2010 gab es vor rund 700 Zuschauern eine 1:4-Niederlage gegen den 1. FFC Recklinghausen im Endspiel des Westfalenpokals. Dieses Mal soll die Kulisse eine weitaus größere werden und das Ergebnis ein anderes.

Und das Match ist vielversprechend und ein echter Zuschauermagnet! Zur 2. Hauptrunde des DFB-Pokals wurde dem frisch gebackenen Zweitligisten kein geringerer als der Nachbarsverein FSV Gütersloh 2009 zugelost. Die Schützlinge von Britta Hainke, die selbst als Koordinationstrainerin vom Herforder SV zum Nachbarn wechselte, hatte in der ersten Hauptrunde gleich einen Kracher zu bestreiten. In einem leidenschaftlichen und kaum an Dramatik zu überbietenden Partie hatten sie sich mit ihrem sehr jungen und neuformierten Team gegen den etablierten Zweitligisten und Ligakontrahenten SV Meppen im Elfmeterschießen mit 7:5 durchgesetzt. Da hatte es der Zweitliganeuling etwas leichter- besiegte er den Regionalligisten Viktoria Berlin scheinbar mühelos mit 5-0. Die Ex-Gütersloherin Annabel Jäger erzielte einen beeindruckenden Dreierpack. Nun also das Duell der OWL-Giganten?! Der Liganeuling gegen den etablierten Zweitligisten. Der DFB-Pokal-Debütant gegen den Pokalroutinier (mit fünf erreichten Viertelfinals in der Vergangenheit). David gegen Goliath. Eine klare Angelegenheit?

Weit gefehlt, wie es ja schon die Anlehnung an den biblischen Mythos zeigt.

Es gibt viele Fußballerweisheiten, die sogar nicht eingefleischten Fußballfans ein Begriff sind. Aber kein anderes hat so viel Gewicht und beinhaltet so viel Wahrheit wie folgende geflügelte Redewendung: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. Soll heißen. Auf dem Papier mag die Partie schon entschieden sein. Aber auf dem Platz hielten so manche ungleichen Duelle große Überraschungen bereit. Dieser unheimlichen Gesetzmäßigkeit gewahr, vermeidet Britta Hainke die von Werner Jöstingmeyer zugeschriebene Rolle des klaren Favoriten anzunehmen. Ein kluger Schachzug und kein unbedachter Schritt. Bedeutet doch die Rolle des Favoriten eine große Bürde. Mit ihr einher geht ein großer Druck, den sie auf diese Weise versucht von ihrem stark zwangsverjüngten Team zu nehmen! Jeder erwartet förmlich einen Sieg, der so ganz nebenbei die stattliche Summe von 4000€ in die vereinsinterne Kasse spült. Ein großer Anreiz oder doch nur ein weiterer Druckmultiplikator?

Es steht schließlich viel auf dem Spiel. Nicht nur, dass mit einer möglichen Niederlage, eine Vorentscheidung um den Kampf um Platz 1 in OWL gefallen wäre. Darüberhinaus hat Gütersloh einen Restanstand an Würde und Stolz zu wahren, musste es doch (in seinen Augen) taten – und hilflos zusehen, wie drei Damen aus den eigenen Reihen sich dem Konkurrenten anschlossen. Normalität im Sport und trotzdem, gerade im Frauenfußball, irgendwie doch eine hochemotionale Angelegenheit. Man kennt sich. Sehr gut sogar! Die Verflechtungen sind enorm. Und dieses Wissen und Wirken verleiht diesem Duell die nötige Würze, das still lodernde Feuer oder wie Markus Wuckel sagt: Die Gänsehaut auf der Gänsehaut.

Gütersloh ist in der berühmten Bringeschuld. Sie müssen in Vorleistung gehen. Sie sind die vermeintlich Überlegenen. Arminia als Underdog, als der bisherige Nachbar, der immer zu Gütersloh aufschauen musste, der nicht zu unterschätzende Underdog. Der sich jetzt rächen kann für das jahrelange Schattendasein. Der DSC, der einmal mehr Vereinsgeschichte schreiben kann, ist da natürlich im psychologischen Vorteil. Vor heimischer Kulisse und des hochengagierten Arminiatastica-Fanclubs spielt man beflügelt von dem 12. Mann im Rücken. Gründe zu Verkrampfen gibt es keine. Eigentlich. Man kann nur gewinnen. Die Motivation müsste ein Selbstläufer sein. Ganz gemäß der adidas*schen Maxime: Impossible is nothing!

Zu wessen Gunsten dieses mit Spannung erwartete Match ausgehen wird, werden die Zuschauer morgen live ab 14 Uhr verfolgen können. Und all die genannten Vor- oder Nachteile können sich in sekundenschnelle in ihr Gegenteil umkehren. Entscheidend werden kleine Faktoren sein. Und natürlich die Tagesform. Und auf wessen Seite sich der Fußballgott positioniert hat. Sicher ist nur eins: Für alle Spielerinnen wird es das Spiel des Jahres sein.

Und für Meistermacher Markus Wuckel ist dieses Ereignis jetzt schon nach dem erfolgreichen Start in die Zweitligasaison die berühmte Kirsche auf der Sahnetorte. Alle sind hungrig. Zeit, zu Tisch zu bitten.

Aufrufe: 08.10.2016, 17:00 Uhr
Romina BurgheimAutor