2024-05-02T16:12:49.858Z

Turnier
Erst so groß, dann so klein: Beim Elfmeterschießen ist mentale Stärke gefragt. Das Runde soll ins Eckige. Foto: T. Rinke
Erst so groß, dann so klein: Beim Elfmeterschießen ist mentale Stärke gefragt. Das Runde soll ins Eckige. Foto: T. Rinke

"Das Tor wird plötzlich immer kleiner"

Wie ist das eigentlich beim Elfmeter? / Barnimer Fußballer und Keeper berichten

Verlinkte Inhalte

Was war das für ein Spiel der Deutschen Nationalmannschaft gegen Italien? Spannung pur über die komplette Spielzeit und dann noch ein nervenaufreibendes Elfmeterschießen. FuPa-Brandenburg hat nachgefragt.

Barnimer Fußballer und Trainer haben das Spiel ganz unterschiedlich erlebt. Und können den Akteuren auf dem Platz nachfühlen. Bernd Schönfelder, Trainer des Landesklasse-Vertreters Grün-Weiß Ahrensfelde, nutze den Junggesellen-Abschied seines künftigen Schwiegersohns, um das Spiel zu verfolgen. „Das war ganz entspannt“, berichtet er. „Wir haben natürlich mitgefiebert. Es tat mir am Ende ein bisschen leid für die Italiener, aber unterm Strich war es ein verdienter Sieg“, findet er.

Doch wie ist das eigentlich, wenn man selber zum Punkt antreten muss? Ricky Ziegler hat da so seine Erfahrung mit. Der 25-Jährige ist in der abgelaufenen Saison mit 31 Treffern zweitbester Torjäger in der Landesliga geworden. Das Spiel verfolgte der Stürmer des Brandenburgliga-Aufsteigers Einheit Bernau in entspannter Runde. „Ich hab mit meinen Eltern, Neffen und Nichten geguckt.“ Public Viewing ist nicht so sein Ding. „Ich brauche meine Ruhe, um wirklich alles mitzukriegen, verfolge auch gerne die Vor- und Nachberichterstattung. Davon bekommt man beim Public Viewing in der Regel nichts mit und dafür ist es mir dann zu schade.“ Sein Puls beim Spiel? „Der war eigentlich ganz ruhig, weil Deutschland klar das bessere Team war. Nur das Elfmeterschießen, das war schon hart.“

Wie es den Schützen dann erging, die antreten mussten, dass kann er ganz besonders gut nachvollziehen. „Der Weg von der Mittellinie bis zum Punkt, der ist dann plötzlich der längste, den man sich vorstellen kann“, weiß er. Im Einheit-Team sei Tom Schneider der ausgewiesene Elfmeter-Schütze, „Aber in dieser Saison habe ich aufgrund meiner Chancen auf die Torjäger-Krone den einen oder anderen übernommen.“ Und übrigens immer getroffen. „Nur in einem Vorbereitungs-Turnier habe ich mal verschossen. Sonst nie.“

Auch Andy Lindt, der beim Landesklasse-Team FSV Schorfheide Joachimsthal neben Kapitän Robert Rückmann für die Elfer zuständig ist, kann nachfühlen, wie es den deutschen Elfer-Schützen am Samstagabend ging. „Das Tor wird dann plötzlich immer kleiner. Das Herz rutscht einem da schon mal in die Hose“, beschreibt er die Situation für den, der da antreten muss. Wer für die Elfer zuständig ist, davon habe der Trainer beim FSV im Vorfeld eine vage Vorstellung. „Aber letztendlich entscheidet dann die Tagesform.“ Auch, wenn er selber mit seinen 32 Jahren zur älteren Spielergeneration gehöre und daher nicht mehr ganz so oft für diese Spezialaufgabe vorgesehen sei, sei er doch immer einer, der das Zutrauen in sich selbst habe. „Ich will eigentlich immer schießen.“ Und er tut das bislang sehr erfolgreich. Denn im Gegensatz zum Spiel der Deutschen gegen Italien, in dem auffällig viele Bälle ihr Ziel nicht erreichten, hat Andy Lindt eine Traum-Quote. „Ich habe in den 20 Jahren, in denen ich jetzt Fußball spiele, erst einen einzigen Elfmeter verschossen“, sagt er. „Das war im letzte Punktspiel. Wir haben sowieso 1:0 gewonnen. Durch meinen Treffer wären wir lediglich einen Platz höher in der Tabelle gerutscht.“ Er habe sich eben immer die richtige Ecke ausgesucht. „Viele versuchen, den Torwart auszugucken, also die Ecke zu ahnen, in die er geht, aber ich mache das nicht. Ich schieße immer gegen die Laufrichtung.“

Und wie ist das für den Torwart? Dennis Tietz, Keeper bei Brandenburgligist Union Klosterfelde, verfolgte das Geschehen mit Spielerkollegen auf der Fanmeile. Er schildert, was einem Torwart vor dem Elfmeter durch den Kopf geht. „Ich probiere immer, die Gestik des Schützen zu lesen. Manchmal hat man auch Infos, wo der Spieler meistens hinschießt. Aber eigentlich konzentriere ich mich darauf, sicher zu wirken.“ Und dann gehe es um Sekundenbruchteile. „Ich fälle Sekunden vorher die Entscheidung, in welche Ecke ich gehe“, berichtet Tietz. In der vergangenen Saison konnte er keinen Strafstoß halten. „Aber als Torwart kann man beim Elfmeter sowieso nur gewinnen. Wenn du den hälst, bist du der Held.“

Aufrufe: 04.7.2016, 19:00 Uhr
MOZ.de / Britta GallreinAutor