Das Nationaltrikot weckt Hoffnungen

Eigentlich ist Dragan Dasic ein ganz normaler Nachwuchsspieler beim Fußballklub Ratingen 04/19. Der 17-Jährige ist Schüler, spielt im jüngeren Jahrgang der A-Jugend. Elf Tore hat der Stürmer bislang in dieser Saison erzielt. So weit, so normal. Doch Dasic spielt eben nicht nur für Ratingen in der Leistungsklasse - sondern auch um einen Platz in der serbischen U19-Nationalmannschaft.

Der Sprung ist immens. Die Leistungsklasse ist die zweitniedrigste Nachwuchsliga. Und eine Nationalmannschaft? Keine weiteren Fragen. Doch Dasic scheint diesen Leistungsspagat irgendwie zu bewältigen. Im Dezember nahm er an einem Lehrgang im serbischen Nachwuchsleistungszentrum in Stara Pazova teil. "Alles neu, alles schick", sagt Dasic trocken. Obwohl er durch eine Sprunggelenkverletzung angeschlagen war, spielte sich der Schüler in den Kreis der besten 30 U18-Fußballer seines Landes. "Das Niveau war schon krass. Die Jungs da spielen alle bei Top-Klubs. Und dann kam ich da, als unbekannter Spieler aus Ratingen", berichtet Dasic. "Mir tat bei jedem Schuss und bei jedem Sprint der Knöchel weh. Aber ich habe mir gesagt: Junge, zieh das durch."

Mit Erfolg. "Die Trainer waren sehr überrascht, dass er trotz seiner Verletzung das Tempo mitgehen konnte", erzählt Goran Kostic. Er kümmert sich um die Belange des Fußball-Talents. Ein Spielerberater sozusagen, obwohl es noch gar nicht so furchtbar viel zu beraten gibt. Immerhin hat er ihm den Sichtungstermin in Serbien besorgt. Kostic hatte ein Video mit guten Szenen seines Schützlings zusammengeschnitten und an den Verband geschickt. Darauf folgte die Einladung.

Ein erster Schritt zu Dasics Traum: Er will Bundesliga-Profi werden. "Das ist mein Ziel, das will ich erreichen", erklärt Dasic, ohne eine Miene zu verziehen. Ein paar Mal schon dachte Dasic, er sei ganz nah dran. Ein angeblicher Scout von Bayer Leverkusen sprach ihn an und versprach ihm ein Probetraining beim Bundesligisten. Doch dann hörte er nichts mehr. Bei Bayer 04 hatte man von diesem Mann noch nie gehört, stellte sich später heraus.

Mit seinem alten Verein TuRU Düsseldorf hatte Dasic in Testspielen zuvor schon gut gegen die Bundesliga-Nachwuchsteams von Fortuna Düsseldorf und Borussia Mönchengladbach gespielt, gegen die "Fohlenelf" sogar ein Tor geschossen. Doch auch hier - kein Anruf. "Dabei traue ich mir das Niveau zu", stellt Dasic fest. Bei der TuRU spielte er trotzdem nicht. "Der Sohn des Trainers war quasi mein Konkurrent", sagt der 17-Jährige lapidar. "Ich habe in einem Spiel vier Tore gemacht, danach war ich draußen. Ich hatte keine faire Chance, weil ich besser war als er."

Im Sommer wechselte Dasic frustriert nach Ratingen. 20 Minuten dauerte das Probetraining, dann war alles klar. Inzwischen ist sogar Peter Radojewski auf ihn aufmerksam geworden. Der Trainer der Oberliga-Mannschaft von 04/19 hat ihn einmal mittrainieren lassen, quasi als Belohnung. "Nach dem Training sagte er mir: Ab sofort gehörst du zweimal die Woche mir", erzählt Dasic mit einem Grinsen. "Das ist ein guter Junge", findet Sportdirektor Michael Kulm. "Er bringt großes Talent mit. Aber wir müssen realistisch sein: Er spielt in der Leistungsklasse. Der Sprung zur Junioren-Bundesliga ist groß. Aber wenn ein Verein kommt, der ihn haben will, werden wir ihm keine Steine in den Weg legen."

Damit es endlich Anfragen gibt, arbeitet Dasic weiter hart. Berater Kostic will ihm einen persönlichen Trainer besorgen, um seine Schwächen abzustellen. Im taktischen Bereich müsse er noch zulegen. "Da hatten mir die anderen Jungs beim Nationalteam einiges voraus", berichtet Dasic. Sonst jedoch sieht er sich durchaus in der Lage, mitzuhalten. An einem mangelt es ihm nämlich nicht: Selbstbewusstsein. "Ich weiß, dass ich es schaffen kann", sagt er.

Dasic könnte nächstes Jahr auch zum Oberliga-Kader des RSV gehören. Fünfte Liga, immerhin. Doch geht es nach dem Spieler selbst, ist 04/19 nur eine Durchgangsstation. "Ich möchte kommende Saison in der Junioren-Bundesliga spielen", betont Dasic. "Wo genau, das sehen wir dann."