2024-03-28T15:56:44.387Z

Vereinsnachrichten
Im Jugendzimmer: Christian Wulff vor seinem Schrank mit Trophäen, die er als Einzelauszeichnung erhielt. In den Händen hält er einen Pokal als bester Spieler der Landessichtung 1995.  ©Hagen Bernard
Im Jugendzimmer: Christian Wulff vor seinem Schrank mit Trophäen, die er als Einzelauszeichnung erhielt. In den Händen hält er einen Pokal als bester Spieler der Landessichtung 1995. ©Hagen Bernard

Das Genie mit dem späten Ehrgeiz

Christian Wulff, der Spielführer des FSV Dynamo Eisenhüttenstadt, steht zur Wahl des Sportler des Jahres

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Bis zum 8. Februar können die Leser der MOZ für ihre Athleten zur Wahl der populärsten Sportler des Jahres 2016 in Oder-Spree stimmen. Die MOZ stellt in loser Folge alle Kandidaten vor. Heute: der 34-jährige Kapitän des Landesligisten FSV Dynamo Eisenhüttenstadt Christian Wulff.

"Wenn ich spiele, dann möchte ich auf dem Platz der Beste sein" - diesen Anspruch hat Christian Wulff auch noch als 34-Jähriger. "Er kann mit links und rechts schießen, ist Kopfball-stark, bei Standards gut und kann in der Offensive auf vielen Positionen spielen. Er bringt viel Fußball-taktisches Verständnis mit", charakterisiert ihn der Trainer des FSV Dynamo Dirk Liedtke. Doch auch die menschliche Seite schätzt er an Wulff. "Er ist reifer geworden. Nicht umsonst habe ich ihn vor der Saison zum Kapitän gemacht. Früher war er eher introvertiert. Jetzt bringt er sich auch in die Vereinsarbeit mit ein. Ich hoffe, er bleibt uns noch lange erhalten."

Die Wünsche des Dynamo-Trainers sollten sich erfüllen. "So lange die Knochen halten, möchte ich spielen. Fußball steht in meiner Freizeit an erster Stelle. Wir haben eine junge dynamische Truppe, mit den beiden 18-jährigen Frühauf-Brüdern haben wir ein viel größeres technisches Potenzial", bekräftigt Wulff.

Seit jeher fällt Christian Wulff als technisch versierter Spieler auf. Als Sechsjährigen hatte ihn der langjährige Eisenhüttenstädter TZ-Trainer Uwe Pultke gesichtet, fortan durchlief Wulff die Nachwuchs-Abteilung des EFC. "Die Profikarriere haben ich mir wohl selbst verbaut. Zusammen mit Christoph Richert spielte ich mit der Landesauswahl in Duisburg. Dort hatte uns der Trainer beim Rauchen erwischt."

Einer seiner größten Fans ist Mutter Cornelia Wulff. "Es war eine schöne Zeit, es war eine verschworene Gemeinschaft. Vielleicht war Christian etwas zu eigensinnig und dickköpfig", vermutet sie, warum es mit der Profikarriere nicht klappte.

"Dabei war ich eines der größten Talente beim EFC", schätzt Christian Wulff ein. "Hätte Harry Rath seine guten Kontrakte wie bei seinem Sohn Marcel spielen lassen, dann hätten es weitere Spieler in den Profibereich geschafft. Aber er wollte wohl möglichst viele Talente behalten."

Doch die Chance beim EFC Stahl war im Jahr 2001 verspielt. Wulff war zwar mit den A-Junioren Landesmeister geworden und hatte auch die meisten Tore geschossen, doch selbst in der 2. Mannschaft unter Günter Kasel erhielten zunächst zwei 40-jährige Polen den Vorzug. Als einer der Routiniers ausfiel und Wulff trotzdem nur auf der Bank saß, wechselte er in die 1. Kreisklasse nach Vogelsang. Dort hatten Karsten und Maik Schulz mit Unterstützung des Sponsors Peter Klingbeil ein Team vorrangig mit etlichen älteren EFC-Spielern aufgebaut. "Die zehn Jahre in Vogelsang will ich nicht missen. Dort ging es sehr familiär zu. Im ersten Jahr hatten wir fast 200 Tore geschossen und waren im "Kicker' Mannschaft der Woche. Gern erinnere ich mich an die Derbys gegen den EFC Stahl und gegen die SG Aufbau Eisenhüttenstadt mit mehreren hundert Zuschauern. In einem Pokalspiel gegen Energie Cottbus II hatten wir sogar 1000 Besucher."

Da Vogelsang keinen eigenen Nachwuchs hatte und die Unterstützung von Klingbeil ausfiel, wurde Anfang 2011 das Team abgemeldet und Wulff wechselte zum FSV Dynamo. Selbst in Vogelsang bestand noch die Chance auf den Profifußball. So hatte er kurz nach seinem Wechsel eine Einladung zum Probetraining beim 1. FC Union Berlin erhalten. "Leider hatte ich erst drei Wochen zuvor davon erfahren. Nach dem Extra-Training war ich platt. Dennoch hinterließ ich im Test gegen Köpenick einen guten Eindruck. Doch eine weitere Einladung zum Spiel gegen einen tschechischen Erstligisten hatte ich erst am selben Tag aus der Zeitung erfahren." Als Christian Wulff sich danach eine Meniskusverletzung zuzog, war der Traum vom Profifußball passé, zumal auch die Union-Trainer wechselten. Zwar fragten regelmäßig der EFC Stahl und zeitweise auch der FSV Union Fürstenwalde bei ihm an, doch aus dem gewohnten Umfeld wollte Wulff nicht mehr weg.

Christian Wulff ist mit sich im Reinen. Seit zwei Jahren arbeitet der gelernte Anlagenfahrer bei Arcelor-Mittal, seit November wohnt er in einem Eigenheim in Vogelsang. Dazu entwickelt sich Ziehsohn Julius Koch gut, der Sechsjährige spielt beim FSV Dynamo. "Ich habe es dort mal als Nachwuchstrainer versucht. Doch momentan ist es nichts für mich. Ich erwarte zu schnell zu viel von ihnen." Dabei hatte sich Wulff auch schon als Betreuer eines Kindes in der Pestalozzi-Schule bewährt. Derzeit spielt sich ebenfalls viel mit seiner Lebensgefährtin Susanne Koch um den gemeinsamen Sohn Mats ab. "Auf den Vornamen waren wir zur Weltmeisterschaft 2014 kurz vor der Geburt gekommen. Als Mats Hummels den Siegtreffer gegen Frankreich im Viertelfinale schoss, war die Entscheidung gefallen. Zumal wir kurz darauf auch noch eine Tasse mit seinem Namen fanden."

Aufrufe: 011.1.2017, 09:08 Uhr
MOZ.de / Hagen BernardAutor