2024-04-24T13:20:38.835Z

Interview
Den Ball immer im Blick: Daniel Nesseler (links) von der Bayer-U-19-Mannschaft, Foto: Uli Herhaus
Den Ball immer im Blick: Daniel Nesseler (links) von der Bayer-U-19-Mannschaft, Foto: Uli Herhaus

"Das beste Jahr meines Lebens"

Der Leverkusener Jugendnationalspieler Daniel Nesseler über seine Erfolge und Ambitionen - Interview von Wolfram Kämpf

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Herr Nesseler, hängt eigentlich im Klubheim Ihres Heimatvereins SC Hitdorf eine Ehrentafel mit Ihrem Namen?

Nein, bestimmt nicht. Vielleicht ändert sich das, wenn ich Profi werde und etwas erreiche. Den Sprung in die Nachwuchsabteilung von Bayer Leverkusen haben ja auch schon vor mir zwei Hitdorfer Spieler geschafft, auch wenn ich von diesen Dreien am längsten dort geblieben bin.

Aber als Jugendnationalspieler sind Sie zweifellos schon jetzt einer der erfolgreichsten Sportler des Klubs und außerdem hat sich der DFB im vergangenen Jahr bei Ihrem Heimatverein mit einer Bonuszahlung in Höhe von 4200 Euro für Ihre Ausbildung bedankt.

Das stimmt. Ich habe mich nach der Übergabe des Schecks auch erkundigt, wofür der Verein das Geld einsetzen will. Man wollte es vor allem für die Beschaffung von Trainingsmaterial wie Tornetzen und Ähnlichem nutzen. Für so einen kleinen Verein kann dieser Betrag sicherlich hilfreich sein.

Wie eng ist denn noch der Kontakt zum SC Hitdorf und den Freunden aus der Zeit vor Ihrem Wechsel zu Bayer 04 im Jahr 2010?

Der Kontakt ist immer noch sehr intensiv. Meine Freunde sind mir extrem wichtig. Deshalb habe ich mich auch nach dem Vereinswechsel gegen den Gang auf eine andere Schule entschieden. Ich wollte bei meinen Leuten bleiben. Auch zum SC Hitdorf habe ich noch immer eine enge Bindung. Der Platz ist mit dem Fahrrad nur ein paar Minuten entfernt. Ich schaue mir häufig die Spiele von Freunden an oder besuche Vereinsfeste.

Ihren Freunden konnten Sie im Verlauf des vergangenen Jahres von einigen Erlebnissen erzählen. Sie haben mit der deutschen U-17-Auswahl an der Europameisterschaft in Bulgarien und an der Weltmeisterschaft in Chile teilgenommen. Was ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Das waren in der Tat einzigartige Erlebnisse. Vor allem, weil wir in der EM-Qualifikation als Mannschaft so richtig zusammengewachsen sind. In Bulgarien waren wir dann mit den übrigen 15 Teams in einem außerhalb gelegenen großen Hotelkomplex untergebracht. Da herrschte eine besondere Atmosphäre. Wir waren als Team unheimlich fokussiert und wollten Erfolg haben. Das ist uns dann auch mit der Vizemeisterschaft geglückt. Die WM war sportlich noch einmal eine andere Ebene. Die Gegner waren unheimlich stark und vor allem bei den Partien gegen Argentinien vor 12 000 Zuschauern und gegen Mexiko vor 9000 Menschen herrschte eine beeindruckende Stimmung.

Hatten Sie denn auch Gelegenheit, etwas von den Ländern und den Einheimischen kennenzulernen?

Wir konnten uns leider nur einen Schmalspur-Eindruck verschaffen, weil wir nicht viel Freizeit hatten. In Chile haben wir ein Waisenhaus besucht und mal gegen einen heimischen Tischtennisklub gespielt. Von der landschaftlichen Schönheit haben wir aber nur am Rande etwas mitbekomme.

Trotz aller Erfolge hat es nicht zu einem Titel gereicht. Bei der EM scheiterten Sie mit Ihrer Elf im Finale an Frankreich, bei der WM kam das Aus bereits im Achtelfinale und mit Bayer 04 dürfte es nach dem Ausscheiden im DFB-Pokal und der Youth League auch nicht zum großen Wurf reichen. Frustriert Sie das?

Nein. Auch wenn es im ersten Moment etwas merkwürdig klingt, kann ich sagen, dass 2015 aus fußballerischer Sicht das beste Jahr meines Lebens war. Ich bin mit der Leverkusener U-17-Mannschaft Vizemeister der Bundesliga West und in der Nationalelf Stammspieler geworden, habe bei der EM das Finale erreicht und an der WM teilgenommen. Das war etwas Besonderes und das habe ich auch an den Reaktionen im Umfeld gemerkt. Auf einmal bin ich von vielen Leuten auf meine Fußballkarriere angesprochen worden.

In der A-Junioren-Bundesliga lief es für Ihre Mannschaft aber nicht so rund. Bayer 04 dümpelt im Niemandsland der Tabelle herum. Was motiviert Sie für die Rückrunde?

Natürlich war das bislang für die Ansprüche des Klubs zu wenig. Aber das sollte uns jetzt anspornen, es besser zu machen. Zuletzt stimmten die Ergebnisse ja auch und wir konnten etwas Selbstvertrauen tanken.

Woran hapert es denn noch?

Uns fehlt die Abgezocktheit. Das gilt für den Torabschluss und für die Abwehrarbeit. Außerdem fehlte hier und da das nötige Glück — was schieflaufen konnte, ist auch schiefgelaufen.

Was sind Ihre langfristigen Ziele? Und haben Sie einen Plan B in der Hinterhand, falls aus der großen Spielerkarriere nichts wird?

Ich hoffe natürlich, irgendwann in der Ersten Liga zu spielen. Aber dafür muss man wohl weitgehend verletzungsfrei bleiben und auch Trainer haben, die einen fördern. Ich habe auf dem Weg zum Profi einen ersten Schritt gemacht, aber der Weg ist noch weit. Daher ist es gut, dass meine Eltern und die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen und vom DFB immer darauf geachtet haben, dass ich eine ordentliche Schulausbildung absolviere. Ich mache jetzt hoffentlich mit einer guten Note Abi und habe dann die Chance, im Zweifelsfalle ein Studium zu beginnen.

Haben Sie ein fußballerisches Vorbild?

Auch wenn uns in Sachen Körpergröße einige Zentimeter trennen, inspiriert mich vor allem die Spielweise von Jérôme Boateng. Seine Kopfballstärke und sein Aufbauspiel sind wirklich beeindruckend. Wenn wir mit der Jugendnationalmannschaft mal die DFB-Elf treffen würden, würde ich definitiv zuerst zu ihm gehen.

Aufrufe: 015.1.2016, 20:30 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Wolfram KämpfAutor