2024-05-08T14:46:11.570Z

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Fünfmal "Daumen hoch", so lautete die Botschaft. Und dazu stellte Klaus Eder das Bild des Torschützen Jerome Boateng, der nach seinem gewaltigen Jubelsprung in seinen Armen landet. Foto: dpa
Fünfmal "Daumen hoch", so lautete die Botschaft. Und dazu stellte Klaus Eder das Bild des Torschützen Jerome Boateng, der nach seinem gewaltigen Jubelsprung in seinen Armen landet. Foto: dpa

Dank Klaus Eder hält die Wade der Nation

EM-Patient Boateng gelingt sein ersehntes Premierentor. Der Teamleader bedankt sich überschwänglich bei den Physiotherapeuten.

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Klaus Eder ist solches Lob gewohnt. Klaus Augenthaler etwa, der Fußball-Weltmeister von 1990, der kürzlich beim ambitionierten Landesliga-Aufsteiger SV Donaustauf als Trainer angeheuert hat, betont es bis heute: Dass er überhaupt beim Turnier in Italien unter Teamchef Franz Beckenbauer spielen konnte, verdankte er seinem Freund und Physiotherapeuten aus dem Landkreis Regensburg. Jerome Boateng wusste nach seinem Führungstreffer am Sonntagabend in Lille ebenfalls, wohin ihn der erste Weg führen musste. Sein famoser Jubelsprung endete in den Armen von DFB-Teamarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Klaus Eder, die Boatengs Schwung beinahe von den Beinen geholt hätte. Sie bewiesen in dieser Situation Standfestigkeit.

“Die letzten Tage haben die Physiotherapeuten Vollgas gegeben. Ohne sie hätte ich nicht spielen können”, lobte Boateng nach dem souveränen 3:0-Sieg im Achtelfinale gegen die Slowaken. Klaus Eder & Co., die Regensburger Fraktion in der deutschen Nationalmannschaft, hatten wieder ganze Arbeit geleistet und den starken Auftritt des Teamleaders erst möglich gemacht. Dass Boateng in Lille im 63. Länderspiel endlich der erste Treffer in der A-Nationalmannschaft vergönnt war, rundete als Pointe die Story der wundersamen Blitzheilung ab. Beim 1:0-Erfolg im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland hatte der 27-Jährige ein Zwicken in der Wade verspürt, eine Muskelverhärtung machte ihm zu schaffen. Um einen drohenden Faserriss und damit das vorzeitige Turnier-Aus zu vermeiden, holte Bundestrainer Joachim Löw seinen Abwehrchef vorzeitig vom Platz. Die Tage darauf wurden zur Zitterpartie, ob es für einen Einsatz Boatengs gegen die Slowaken reichen würde.

“Vollgas gegeben”

Christian Müller, Eders langjähriger Kompagnon in der Praxis Eder-Müller-Kerler in der Regensburger Innenstadt, hatte sich schon am Samstagmittag am Rande des Abschlusstrainings im deutschen Teamquartier in Evian-les-Bains sicher gezeigt, dass es für Boateng reichen würde. Aus medizinischer Sicht gebe es keine Bedenken, sagte der 53-Jährige, der seit der WM 1998 in Frankreich zum DFB-Tross zählt, unserer Zeitung. Zwar hatte Boateng nach seiner dreitägigen Trainingspause anfangs noch alleine am Spielfeldrand seine Runden gedreht, doch mischte er anschließend erstmals wieder bei den Übungen der Teamkollegen mit.

Zur Sicherheit ausgewechselt

Fraglich war da noch, ob Löw seinen bislang alle und alles überragenden EM-Akteur wegen der Vorbelastung mit einer Gelben Karte vorsichtshalber doch auf der Bank belassen würde. Er tat es nicht und hält beim Turnier in Frankreich Boateng offensichtlich für unverzichtbar. Der 27-Jährige durfte sich bei seiner Auswechslung in der 71. Minute dann Extrabeifall abholen. “Die Auswechslung war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Ich musste nichts riskieren”, erläuterte Boateng. Gegen Spanien oder Italien im Viertelfinale werden seine Dienste mit Sicherheit noch dringender gebraucht.

Die “Wade der Nation”, ein Ausdruck, den der Patient Michael Ballack vor der Heim-WM 2006 sprichwörtlich machte, hielt - auch nach acht Minuten der Partie in Lille, als der Weltmeister Boateng mit einem strammen Rechtsschuss zur deutschen Führung traf. “Ich habe den Ball gut getroffen. Es wurde auch Zeit, dass er mal reingeht. Ich freue mich für die Mannschaft, die heute sehr gut gespielt hat”, sagte der Tor-Debütant, der wegen seiner klugen und präzisen Pässe in der Spieleröffnung vom Bayern-Kollegen Thomas Müller auch schon augenzwinkernd als “Kaiser” bezeichnet wurde. Beckenbauer lässt grüßen! Löw war anschließend wieder einmal voll des Lobes für Boateng: “Seinen Wert brauche ich nicht extra hervorzuheben. Das ist schon seit einigen Jahren so. Was die Defensive mit Boateng und Mats Hummels hervorragend gemacht hat, ist, dass sie die Gegner hervorragend zugestellt hat. Sie haben fast jedes Duell gewonnen, weil sie aufmerksam waren, auch wenn wir den Ball hatten. Beide haben es im Spielaufbau gut gemacht. Und Jerome hat ein Tor gemacht. Es war nicht so einfach, den Ball zu nehmen. Er hat ihn klasse getroffen.”

Dazu hat das Wort des Weltklasse-Innenverteidigers Boateng immer mehr Gewicht in der Mannschaft. “Ich denke, dass ich mir das selbst erarbeitet und mir meine Position erkämpft habe”, sagte der Münchner. Löw ergänzte: “Er ist ein Spieler, von dem die Mannschaft weiß, auf ihn ist Verlass.”

Fünfmal “Daumen hoch”

Verlass ist auch auf Klaus Eder. Seit der Heim-EM 1988 ist der gebürtige Regensburger, der im Juli seinen 63. Geburtstag feiert, fester Bestandteil des medizinischen Stabes. Der Physiotherapeut aus Donaustauf, der unter anderem Weltstars wie den U2-Frontmann Bono und Hollywood-Größen wie Penelope Cruz und Javier Bardem zu seinen Patienten zählt, verschickte nach dem Spiel in Lille Nachrichten an Freunde und Bekannte. Fünfmal “Daumen hoch”, so lautete die Botschaft. Und dazu stellte Klaus Eder das Bild des Torschützen Jerome Boateng, der nach seinem gewaltigen Jubelsprung in seinen Armen landet.

Aufrufe: 028.6.2016, 09:25 Uhr
Von Heinz Gläser, MZAutor