2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
``Radi´´ Radenkovic zu Besuch in seiner zweiten Heimat. F: imago
``Radi´´ Radenkovic zu Besuch in seiner zweiten Heimat. F: imago

»Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln«

Löwen-Urgestein "Radi" Radenkovic sieht im FuPa-Interview das Projekt 1860 München gefährdet und spricht sich für weitere Investitionen aus

Über Weihnachten weilte Löwen-Urgestein Petar "Radi" Radenkovic in München. Der 77-Jährige, der 1966 Meister mit den Sechzigern wurde und als einer von nur vier ausländischen Spielern die "Geburtsstunde" der Bundesliga 1963 miterleben durfte, bezieht im FuPa-Interview Stellung zum eingeschlagenen Kurs der Sechziger, fordert weitere Einflussnahme des jordanischen Investors und übt Kritik an der aktuell "unmöglichen Situation".

Herr Radenkovic, Sie sind gerade wieder zu Hause angekommen. Wohnen Sie jetzt wieder in Ihrer Heimatstadt Belgrad?
Petar "Radi" Radenkovic (77): Ja, früher hab ich in München gewohnt und bin zwölf Mal im Jahr nach Belgrad geflogen. Weil ich jetzt verschiedene Aufgaben rund um unsere, serbische Fußball-Nationalmannschaft wahrnehme, war es für mich sinnvoller meinen Lebensmittelpunkt wieder nach Belgrad zu verlegen. Aber meine beiden Töchter wohnen weiterhin in München. Ich besuche sie so oft es geht.

Sie waren also gerade ein paar Tage in München. Ging's auch um Ihre alte Liebe, die Sechziger?
Ich hab mich mit meinen ehemaligen Kollegen Fredi Heiß und Manni Wagner getroffen und wir haben natürlich über Sechzig gesprochen. Die momentane Situation bei den Löwen konnten sie mir aber auch nicht erklären.

Machtkampf bei 1860: »Undurchsichtig und zum Teil unseriös.«


Seit Mitte des Jahres ist bei den Löwen ein jordanischer Investor dick im Geschäft. Aktuell rumort es sehr stark in der Löwen-Führungsriege, es deutet sich ein regelrechter Machtkampf an. Blicken Sie da genau durch?
Als ich in München angekommen bin, hab ich erstmal viele Zeitungen gelesen. So richtig verstehen kann man das nicht, was da gerade abläuft. Die Sache scheint ja zu eskalieren. Man weiß aber nicht genau, worum es geht, man ahnt es nur. Jetzt reden auch schon die Fanklubs mit. Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Das ist alles undurchsichtig und zum Teil unseriös.

Wie beurteilen Sie den Einstieg des Investors bei den Löwen ganz grundsätzlich?
Es ist ja so: Die Vereine können heute aus eigener Kraft das Finanzielle nicht mehr stemmen. Daher sind bei Vereinen auf der ganzen Welt potente Geldgeber eingestiegen. Ich finde zum Beispiel ganz toll, was Dietmar Hopp in Hoffenheim auf die Beine gestellt hat. Für Sechzig ist es unheimlich wichtig, dass dieser Investor eingestiegen ist. Das war der richtige Weg. Man sieht doch eines ganz deutlich: Wenn die Fans Hoffnung haben, dass es bei den Löwen aufwärts geht, dann kommen sie in Scharen. Es gibt bei diesem Traditionsverein ein riesiges Potential. Ohne den Investor wäre doch wohl alles vorbei gewesen.

»Jetzt müssen weitere Investitionen getätigt werden.«


Und jetzt soll der Traditionsverein umgekrempelt werden?
Zunächst muss ich eines vorweg schicken. Dass dieser Geldgeber nur die Schulden der Löwen bezahlt und mehr nicht, das konnte ich mir von Anfang an nicht vorstellen. Das macht doch keinen Sinn. Dass nun weiteres Geld fließen soll, ist richtig. Ich finde die Vereinsführung muss sich mit diesem Investor arrangieren. Jetzt muss der zweite Schritt kommen, jetzt müssen weitere Investitionen getätigt werden. Ich kann die Kritik nicht verstehen.

Denn wer Geld in den Verein steckt soll auch mitentscheiden dürfen.
Ja, er braucht ein Mitspracherecht. Wenn einer sein Geld einzahlt, dann will er doch auch mitsprechen, will mitentscheiden, egal wer das ist. Dazu muss sich die Vereinsführung jetzt ganz schnell durchringen, damit das Projekt nicht gefährdet wird. Das ist doch selbstverständlich. Aktuell ist es eine unmögliche Situation.

Wann waren Sie zuletzt im Stadion?
Da ich ja nun in Belgrad wohne, ist es für mich nicht mehr so einfach Spiele zu besuchen. Zuletzt war ich Anfang Oktober im Stadion beim 2:4 gegen Dresden. Das war eine große Enttäuschung vor einer so tollen Kulisse von 40.000 Zuschauern. Das war ja förmlich eine Demontage. Umso wichtiger ist es, dass nun weitere Investitionen folgen.

Und zu Ihnen persönlich. Die viele Fliegerei macht Ihnen nichts aus?
Nein nein, mir geht es für mein Alter sehr gut. Ich bin froh, dass ich noch so viel unternehmen kann und freue mich schon wieder auf meinen nächsten Trip nach München.



Infos zu Petar "Radi" Radenkovic:
Petar Radenkovic wurde am 1. Oktober 1934 in Belgrad geboren. Radenkovic, der 1953 sein Abitur absolvierte, spielte zunächst für Roter Stern Belgrad und OFK Belgrad. "Radi" gewann 1956 in Melbourne mit der jugoslawischen Nationalmannschaft die Silbermedaille. 1960 verließ Radenkovic Jugoslawien und kam nach Deutschland, wo er zuerst bei Wormatia Worms und später beim TSV 1860 München spielte. 1970 beendete er nach 215 Bundesliga-Spielen seine aktive Karriere. Anschließend arbeitete Radenkovic als Gastronom in München. Radenkovic stand am ersten Spieltag der Bundesliga (24. August 1963) auf dem Rasen und war damit einer von nur vier ausländischen Spielern, die die Geburtsminuten der neueingeführten Bundesliga als Spieler miterleben durften. Mit den Löwen wurde "Radi" 1964 DFB-Pokalsieger, stand 1965 in London im Endspiel des Europapokals der Pokalsieger gegen West Ham United (0:2) und wurde 1966 Deutscher Meister. 1965 machte er auch als Schlagersänger Karriere mit dem legendären Song "Bin i Radi, bin i König".

Aufrufe: 029.12.2011, 12:18 Uhr
Dirk MeierAutor