Die ehemalige Stimme Frankens ist auch da, aber die Moderation übernimmt diesmal ein anderer. Günther Koch, der ja inzwischen vornehmlich Aufsichtsrat beim 1. FC Nürnberg ist, kann schweigen während des Spiels zwischen dem SV Seligenporten und der U21 des Clubs. Michael Köllner redet stattdessen umso mehr. Der Unterschied zwischen dem Wir-Melden- Uns-Vom-Abgrund-Radiomoderator Koch und dem Fußballtrainer Köllner ist, dass Köllner nicht kommentiert, was schon geschehen ist, sondern die Zukunft bestimmen will. Er gibt seinen Spielern Anweisungen, 90 Minuten lang.
Normal, sagt Köllner hinterher, ist das nicht. Aber in diesem Spiel musste es sein. In diesem Spiel war man schließlich bei einer Mannschaft zu Gast, über die gemeinhin geschmunzelt wird, wenn sie im Zusammenhang mit Fußball erwähnt wird. 2:24 lautete das Torverhältnis des SV Seligenporten vor der Partie, dass das auch null Punkte bedeutete, überrascht wenig.
Dass Köllner deshalb vorab schon darauf hingewiesen hat, dass die Aufgabe in Seligenporten „schwierig“ wird, überrascht auch nicht. Trainer müssen so reden. Köllner kann die Schwierigkeit mit Blick auf Seligenporten aber auch plausibel begründen: „Das Spiel war für die eine Rehabilitationschance.“ Weil er diese Chance gar nicht erst groß werden lassen wollte, redete er eben an der Seitenlinie. „Das Spiel gibt keine Spannung her, dann musst du als Trainer für Spannung sorgen.“
Für Spannungen, so hört man das mitunter, hat Köllner auch im Nachwuchsleistungszentrum gesorgt, als er seinen Posten angetreten hat. Nicht jeder der Trainer hat sich uneingeschränkt freuen wollen über den Neuen, dem nachgesagt wird, dass er von der fachlichen Qualifikation der meisten seiner Trainer-Kollegen nicht viel hält - und das auch gerne offen zeigt, indem er sehr deutlich vorgibt, wie ein Training so zu laufen hat nach seinem Geschmack. Bislang aber sprechen zumindest die Ergebnisse der U21 für Köllners Arbeit. Nach sechs Partie ist der Vorjahres-Dritte schon wieder auf Platz vier in der Regionalliga angekommen. Gegen Seligenporten fällt vor allem das flotte Offensivspiel auf. „Einer, der das technisch gute Spiel liebt, schaut bei uns zu und sagt: klasse“, glaubt Köllner.
Klasse anzusehen ist in Seligenporten unter anderem Dominic Baumann. Der Angreifer kam vor einem Jahr von Dynamo Dresden an den Valznerweiher, galt als Talent, schaffte in seinem Premierenjahr aber nur zwei Tore in 24 Spielen für die U21. Jetzt sind es nach sechs Partien schon fünf Treffer, in Seligenporten erzielt er das 3:0 und bereitet das 2:0 durch Philipp Hercher und vor allem das 4:0 durch Mike Ott überlegt vor.
Intensiv, erzählt Köllner, habe man in den letzten Wochen mit Baumann gearbeitet, die Ernennung zum Kapitän soll dem 47-Jährigen dazu zwingen, noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Momentan gelingt das ganz hervorragend, kürzlich sind Baumann sogar zwei Tore mit links gelungen, einen Fuß, den Baumann lange nur vom Hörensagen kannte.
Weniger überraschend ist, dass Hercher eine prominente Rolle spielt. In Seligenporten ist der 20-Jährige mit Profi-Erfahrung der auffälligste Nürnberger. Die ersten beiden Treffer des Spiels erzielt Hercher, der körperlich inzwischen kaum noch an den Jugendspieler erinnert, der er vor bis vor einem Jahr noch war.
Hercher ist einer von drei Profis, die Köllner an diesem Samstag mitspielen lassen muss - Weisung von oben. Das gehört dazu, sagt Köllner, sowohl die Spieler als auch der Trainer einer U21 müssen damit leben lernen, dass häufiger mal einer aus dem Dunstkreis der ersten Mannschaft unten Spielpraxis sammeln soll.
Ob es angesichts der guten Leistungen nicht besser wäre, der Transfer würde in die andere Richtung laufen? Köllner gibt den Diplomaten. Auch bei den Profis hat ja mit Alois Schwartz ein neuer Trainer übernommen. „Das ist wie bei mir, nur hatte ich ein paar Wochen mehr Zeit“, sagt Köllner. Irgendwann aber wird auch in der Zweitliga-Vertretung der Wunschzustand erreicht, glaubt Köllner: „Ein Trainer muss den Spielern vertrauen und die Spieler dem Trainer.“ Und manchmal muss man eben etwas mehr miteinander sprechen.