Chemie Leipzig überwintert an der Tabellenspitze

Der NFV begann mit viel Esprit und Energie im Aufbauspiel und in den Zweikämpfen. Fast in jeder Szene waren die Leutzscher einen Schritt zu spät, offensiv fand unsere Mannschaft zunächst gar nicht statt. Ergo war denn auch die Görlitzer Führung nicht unverdient. Nach einem Abwehrfehler verwertete Jonathan Schneider eine Hereingabe von Marcin Kajca zum 1:0 für die Hausherren (15.).

In der Folgezeit wirkten die Grün-Weißen, heute im dunklen Auswärtsdress gewandt, sehr verunsichert. Viele Abspielfehler bereits im ersten Spielfelddrittel, kaum Torgefahr – Chemie konnte froh sein, mit nur einem Gegentor den Gang in die Kabine anzutreten. Zu verdanken ist dies neben einem überragenden Christian Kotzbau im Tor der Leutzscher auch Maximilian Heyse, der Torsten Marx‘ Kopfball im allerletzten Moment von der Torlinie kratzt (23.). Dass die Görlitzer Heimfans den Ball im Tor gesehen hatten, liegt in der Natur der Sache.

„Ihr seid der Tabellenführer, jetzt spielt auch wie einer!“, rief einer der rund 300 mitgereisten Chemie-Fans der Mannschaft bei Wiederbetreten des Platzes zu – und wurde erhört. Hielt sich die Produktivität zunächst noch in Grenzen, waren die Leutzscher nach etwa zehn Minuten endlich auf Betriebstemperatur angekommen. Für viel Elan sorgten die Einwechslungen von Louis Engelbrecht und Tobias Haufe. Leider verfehlten die Kopfbälle von Louis Engelbrecht (51.), Mirko Jentzsch (53.) sowie Andy Müller (58.) ihr Ziel.

So musste ein ruhender Ball herhalten. Nach einer nicht unumstrittenen Freistoßentscheidung trat Haufe an und jagte den Ball mit der perfekten Mischung aus Wucht und Präzision aus 19 Metern zum 1:1 in den Winkel (65.). Solch ein Freistoßtor hatte der Chemie-Anhang schon lange nicht mehr bestaunen dürfen. Nun war die Mannschaft von André Schönitz endgültig wieder erwacht.

Eine weitere spielentscheidende Szene ergab sich fünf Minuten nach dem Ausgleich. Mit einem taktischen Foul zu Fall gebracht, ließ sich Clemens Russek zu einer Undiszipliniertheit hinreißen und wurde von Schiedsrichter Daniel Hartig des Feldes verwiesen. Ein bitterer Moment für Gelb-Weiß, denn Russek war trotz seiner auffälligen Statur der beste Görlitzer auf dem Feld, bestach durch Ruhe am Ball und viel Übersicht.

In Überzahl konnte die BSG den Druck auf das Heimtor noch weiter erhöhen. Die Gastgeber hielten nach Kräften dagegen, doch die Kräfte ließen spürbar nach. Nicht gänzlich überraschend daher auch der Führungstreffer der Chemiker. Nachdem NFV-Keeper Ron Wochnik einen Engelbrecht-Kopfball noch reflexartig an die Latte lenken konnte, landete die Pille direkt vor Stefan Karau, der sich die Gelegenheit nicht entgehen ließ und zum 1:2 einnickte. Welch ein Jubel (77.)!

Gewonnen war damit jedoch noch nichts, denn die Niederschlesier investierten noch einmal alles und sorgten für zwei äußerst brenzlige Momente, bei denen Kotzbau seine ganze Klasse bewies. Groß war daher die Erleichterung unter allen Leutzschern, als Vincent Markus einen der vielen sich nun ergebenden Konter erfolgreich zum alles entscheidenden 1:3 abschloss (88.).

Nach dem Schlusspfiff feierte die Mannschaft, die nach einem wackeligem Saisonstart und hartem Rückschlag (Pokalaus in Freiberg) großes Herz bewies, gemeinsam mit ihrer verzückten Anhängerschaft die Tabellenspitze. Schade, dass eine offensichtlich kognitiv eingeschränkte Einzelperson unter den ansonsten anständig auftretenden Ordnern eine absolut unnötige Situation provozierte, doch letztlich überwog die Freude über diese tolle bisherige Saisonleistung!

NFV Gelb-Weiß Görlitz - BSG Chemie Leipzig 1:3 (1:0)

NFV Gelb-Weiß Görlitz: Ron Wochnik - Jonathan Schneider (79. Jefferson Freitas De Souza) - Pawel Odrzywolski, Miroslav Sentivan, Michal Marczak (63. Jakub Budzyn), Torsten Marx, Clemens Russek, Khaddy Kazadi, Frantisek Koblizek, Marcin Kajca, Jakub Trnka; Trainer: Fred Wonneberger
BSG Chemie Leipzig: Christian Kotzbau, Stefan Karau, Alexander Portleroy, Marko Trogrlic, Andy Müller, Marcus Wolf (46. Tobias Haufe), Philipp Sauer (46. Louis Engelbrecht), Nico Schönitz, Maximilian Heyse, Mirko Jentzsch, Vincent Markus; Trainer: Andre Schönitz/Hans-Jürgen Weiß
Tore: 1:0 Jonathan Schneider (15.); 1:1 Tobias Haufe (65.); 1:2 Stefan Karau (77.); 1:3 Vincent Markus (88.)
Schiedsrichter: Daniel Hartig (Freital) - Assistenten: Stefan Gärtner, David Weiß
Zuschauer: 543 im Stadion "Junge Welt" (darunter etwa 300 Chemiker)