Calcio: Die „Untauglichen“ zeigen eine Trotzreaktion

Die Abwehrrecken Diamant Avdiu und Josip Pranjic lagen platt wie zwei Flundern auf dem Rasen. Beide schienen gar nicht mehr aufstehen zu wollen. Daneben kauerte ihr Teamkollege Shaban Ismaili in der Hocke und schüttelte den Kopf. Erneut keine Punkte. Erneut kein Erfolg. Zum dritten Mal in Serie hatten die Verbandsliga-Fußballer von Calcio Leinfelden-Echterdingen gerade verloren. Mit dem 0:1 am Freitagabend zuhause gegen den Tabellendritten TSV Ilshofen setzt sich der Abwärtstrend fort. Und dennoch: diesmal war alles ganz anders als zuletzt. Eine Woche nach dem verbalen Kahlschlag vonseiten ihres Trainers zeigte die Mannschaft eine bemerkenswerte Reaktion. Obwohl insgesamt 60 Spielminuten lang in Unterzahl, warteten die Gastgeber nach der Pause mit einer ihrer besten Rückrundenleistungen auf.

Insofern hätte jeder Sportpsychologe an diesem 27. Spieltag in den Goldäckern wohl seine helle Freude gehabt. Dass Fußball eben nicht nur mit den Füßen gespielt wird, sondern vor allem auch mit dem Oberstübchen, die aktuelle Begegnung hat es eindrucksvoll gezeigt.

Zwei Nackenschläge in fünf Minuten

Wie wirkt es sich auf eine Belegschaft aus, wenn dieser vom eigenen Chef öffentlich teils die Tauglichkeit abgesprochen wird? Was passiert, wenn diese Belegschaft dann obendrein gleich zwei weitere Nackenschläge erhält? Zum einen hatte der Coach Francesco Di Frisco ja nach dem vorherigen schlappen 1:3 in Albstadt im ersten Ärger die Empfehlung gegeben, manch einer seines Kaders möge sich „besser eine andere Spielklasse suchen“. Zum anderen lagen die Echterdinger nun nicht nur abermals früh im Rückstand, sondern befanden sich auch nur noch zu zehnt auf dem Platz. Innerhalb von lediglich fünf Minuten (34./38.) traf erst der Ilshofener Lukas Lienert aus dem Strafraumgewühl zur Gästeführung und sah dann der eigene Angreifer Sidy Niang Gelb-Rot. Zwei Einsätze mit dem Ellenbogen – der 23-Jährige war mit der Ampelkarte noch gut bedient.

So durfte mit Spannung darauf geblickt werden, wie die Mannschaft mit diesen Umständen umgeht. A) Mentaler Knick? Volle Kraft voraus in den nächsten düsteren Abend? Oder aber verfügt sie B) über Stabilität und Charakter zu einem trotzigen „Jetzt erst recht“? Die verbliebene Calcio-Zehn entschied sich für die zweite Variante. Offenkundig war ein Nerv getroffen. Und offensichtlich fühlte sich der ein oder andere in der Ehre gekratzt. So wütend Di Frisco zuletzt gepoltert hatte, so wütend fiel diesmal die folgende Entschlossenheit seiner Kicker aus. Im ersten Durchgang noch spielerisch unterlegen, zogen sie im zweiten über weite Strecken ein regelrechtes Powerplay auf und schnüren ihren Gegner in dessen Hälfte ein. Fehlende Ligatauglichkeit? Pah! Schöne Grüße an alle Kritiker.

Das Schreckgespenst fehlt verletzt

„Calcio hat alles gegeben und eine richtig gute Moral bewiesen“, konstatierte der Gästecoach Petar Kosturkov. „Wir haben ein paarmal Glück gehabt.“ Vor allem im Mittelfeld kam dem Aufgebot des einstigen bulgarischen Nationalspielers die Hoheit abhanden. Über die Außenpositionen machten der eingewechselte Theofilios Jan Orfanidis sowie der später platte Avdiu mächtig Druck. Im Zentrum trieben Ismaili und der Kapitän Volkan Candan an. Und vorne? Während auf Ilshofener Seite in Benjamin Kurz das Calcio-Schreckgespenst des Hinspiels (vier Tore beim 1:6) wegen einer Knöchelprellung fehlte, sprühte in Echterdinger Reihen Shkemb Miftari vor ungewohnter Einsatz- und Spielfreude.

Keine Torszene des Filderclubs, an der Miftari nicht beteiligt gewesen wäre. Damit allerdings auch zum Haken. Ebenso galt: keine Szene, in welcher dem Torjäger der passende Abschluss gelang. Mal missriet ihm der finale Pass, mal scheiterte er aus aussichtsreicher Position. Die beste Chance zum verdienten Ausgleich vergab er, als er den Ball nach einer Orfanidis-Flanke per Kopf am Tor vorbeiwuchtete.

Für das Trainerduo bleiben Fragen

Und so stand unter dem Strich dennoch eine weitere Niederlage. Und so bleiben für das Trainerduo Di Frisco/Guerra dennoch weiter viele Fragen zu beantworten. Zum Beispiel, warum das eigene Team erst mit dem Rücken zur Wand so aufspielt wie geschehen? Weshalb die Mannschaft ihr Potenzial in dieser zweiten Saisonphase so selten ausschöpft? Und wie die Kartenflut einzudämmen ist? Niangs Platzverweis war der sechste in den vergangenen sechs Spielen – genau so viele wie während der gesamten vergangenen Saison.

Oder, ganz profan: wie man müde Beine und Köpfe nun noch einmal munter kriegt? Stichwort Spieler am Boden. Die Keule, so viel steht fest, wäre diesmal das falsche Mittel.

Calcio Leinfelden-Echterdingen:
Bortel – Zalac, Pranjic, Ege (68. Lekaj) – Gümüssu – Gürol (25. Orfanidis), Ismaili, Candan, Avdiu – Niang, Miftari.

TSV Ilshofen:
Groß – Wenzel, Gehring, Schmelzle – Baumann, Kettemann, Wilske, Rief (50. Demir) – Varallo (45.+1 Maas), Lienert (71. Lindner), Nagumanov.

Ausführleiche Tabelle nach dem 27. Spieltag

1. SGV Freiberg (Ab) 27 20 5 2 82 : 24 58 65 2. TSG Backnang 27 17 4 6 74 : 34 40 55 3. TSV Ilshofen 1862 27 15 5 7 69 : 38 31 50 4. VfL Pfullingen (Auf) 27 15 4 8 53 : 43 10 49 5. VfB Neckarrems-Fussball 27 13 7 7 55 : 42 13 46 6. TSV Essingen 27 12 7 8 43 : 39 4 43 7. Calcio Leinfelden-Echterdingen (Auf) 27 11 6 10 49 : 45 4 39 8. VfL Sindelfingen 27 11 5 11 42 : 53 -11 38 9. 1. FC Normannia Gmünd 27 11 3 13 38 : 49 -11 36 10. FC 07 Albstadt 27 9 6 12 40 : 44 -4 33 11. TSV Berg 27 7 9 11 38 : 49 -11 30 12. FC Wangen (Auf) 27 8 6 13 46 : 63 -17 30 13. Sportfreunde Schwäbisch Hall 27 8 5 14 39 : 53 -14 29 14. FV Löchgau (Auf) 27 6 10 11 23 : 36 -13 28 15. FV Olympia Laupheim 27 4 4 19 25 : 63 -38 16 16. SV Zimmern 27 3 6 18 25 : 66 -41 15

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