2024-05-02T16:12:49.858Z

Querpass
Zusammenarbeit mit den Profis: Robert Almer (rechts), Torhüter der Austria, wurde von Frederic Newnham behandelt. Foto:  privat
Zusammenarbeit mit den Profis: Robert Almer (rechts), Torhüter der Austria, wurde von Frederic Newnham behandelt. Foto: privat

Von Fortuna Glienicke zu Austria Wien

Physiotherapeut Frederic Newnham betreut die Glienicker Kreisoberliga-Truppe. Die Bundesliga ist sein großes Ziel.

Schauspieler oder Moderator wollte er einmal werden. Dass aus einer solchen Karriere nichts für ihn wurde, dem trauert Fredric Newnham keine einzige Sekunde nach. Der 38-Jährige ist mit Leib und Seele Physiotherapeut, und das sehr erfolgreich. In seiner Praxis ist er täglich anzutreffen, mehrfach in der Woche aber auch bei Fußball-Kreisoberligist Fortuna Glienicke zu sehen.

Sein Rat ist gefragt. Newnham hilft mit, die Trainingsinhalte der Fortuna zu gestalten und vor allem zu optimieren. Dass er dabei aus einem großen Erfahrungsschatz schöpfen kann, hilft sowohl ihm als auch dem Kreisoberligisten aus Oberhavel.

Seit 2004 ist Newnham Physiotherapeuth, die Eröffnung der eigenen Praxis in Glienicke folgte zehn Jahre später. Früher spielte er Handball, wechselte aber im B-Junioren-Alter die Sportart und war fortan Fußballer. „Ich bin kein Filigrantechniker, habe mich aber als Innenverteidiger ganz gut gemacht, und es geliebt, Tore zu verhindern“, sagt er.

Da er selbst oft genug auf dem Platz stand, weiß Frederic Newnham, wovon er spricht. Dennoch wird er nicht müde zu betonen, sich immer weiter entwickeln zu wollen. Einen Plan für das, was noch kommen soll, hat der in Schildow wohnende Newnham aber nicht. „Ich sehe mich momentan auf Stufe zwei von zehn meiner Karriere“, erzählt er. „Mein Beruf ist wie eine Landkarte, die beliebig erweiterbar ist. Nichts ist abgesteckt. Ich will immer das Beste aus mir herausholen, stelle mich häufig in Frage und bin selten mit dem zufrieden, was gerade ist.“

Geht es nach Jochen Busse, einem Mitarbeiter in der Glienicker Praxis, „wird es Frederic als Physiotherapeut in die Fußball-Bundesliga schaffen. Davon bin ich fest überzeugt, dass er dort irgendwann auftauchen wird.“

Erste Erfahrungen, wie es im Profi-Geschäft laufen kann, sammelte Newnham von Anfang bis Mitte Februar in Österreich. Er hospitierte dort beim momentanen Erstliga-Vierten Austria Wien. Für ihn die Erfüllung eines Traumes. „Ich wurde von allen, von den Spielern und auch vom Trainer-Team um Thorsten Fink, unwahrscheinlich herzlich aufgenommen. Dort ist niemand abgehoben. Es war eine große Erfahrung, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ich habe mich überhaupt nicht gefühlt wie ein Praktikant.“

Seine offene Art kam im Verein aus Österreich an. Dass er außerdem noch ein Mann vom Fach ist, spürten vor allem die Spieler schnell. „Raphael Holzhauser oder Alexander Grünwald wollten sich auf einmal nur noch von mir behandeln lassen. Ich habe mich auch mit dem Knie von Robert Almer beschäftigt. Der Torhüter fällt momentan mit einem Kreuzbandriss aus. Es war einfach super, das alles genießen zu dürfen“, meint Frederic Newnham, für den der absolute Höhepunkt seiner Hospitation das Stadtderby zwischen der Austria und Rapid war. „Ich habe noch nie unten im Stadion gesessen oder bin in einem Team-Bus mitgefahren. Direkt dabei zu sein und am Platz zu stehen, war unglaublich.“

Irgendwann einmal mit solchen Fußballern dauerhaft arbeiten zu können, ist der große Wunsch des 38-Jährigen. Dabei ist er sich bewusst, dass es ohne Zufall, entsprechendes Glück oder auch Vitamin B nicht geht. Er verordnet sich deshalb selbst, viel Geduld zu haben. Druck, es schaffen zu müsse, gibt es nicht. Ohnehin ist für ihn die Gegenwart ein wunderbarer Meilenstein in seiner Laufbahn. „Ich gehe in der Praxis gerade richtig auf. Sie ist mein Baby. Außerdem habe ich ein tolles Kind und eine der loyalsten Frauen überhaupt, die mich bei allem unterstützt. Außerdem kann ich ja auch bei Fortuna Glienicke alles anwenden. Auf diesem Niveau macht es genauso Spaß wie mit Profi-Fußballern zu arbeiten.“

Seit Anfang der Saison begleitet Frederic Newnham die Glienicker Kicker. Das Ziel sei es, die Verletzungsgefahr zu minimieren. „Dazu muss man erkennen, was im Körper schief läuft und gegebenenfalls Dinge korrigieren.“

Erste Erfolge haben sich nach dem Gefühl von Frederic Newnham bei den Fortunen bereits eingestellt. Sportlich lief es schon in der ersten Saisonhälfte sehr ordentlich. „Jetzt sind wir aber nochmal um einiges stabiler und vor allem konditionell besser drauf“, erzählt der Physiotherapeut. „Die Spieler sind fitter und schneller als in der Hinrunde. Selbst bei einer 6:0-Führung wird jetzt in der 93. Minute nicht nachgelassen. Wir sind an jedem Wochenende bereit, drei Punkte zu holen. Jedes Spiel ist für uns das Wichtigste der Saison, und so spielen wir auch.“

Aktuell führt die Fortuna die Tabelle der Kreisoberliga an. Verfolger Eintracht Bötzow hat einen Zähler aber auch ein Spiel weniger auf seinem Konto. Newnham ist sich sicher, dass die Konkurrenz spürt, „dass wir da und bereit sind, den Aufstiegskampf im Kopf anzunehmen“.

Frederic Newnham hat nun beide Seiten kennengelernt. Die des Profis, und die des Amateur-Fußballers. Auf die Frage, ob es Unterschiede zwischen den Verletzungen der Kicker im Oberhaus und denen in tieferen Ligen gibt, antwortet er mit einem „nein. Die Profis haben doch genauso eine Struktur des Körpers wie Amateure. Das sind eben nur Fußballer, die bestimmte Talente haben.“ Die Dinge, die seinen Spielern bei Fortuna Glienicke Schwierigkeiten bereiten, würde es auch in höherklassigen Mannschaften geben. „Die Jungs sitzen alle zu viel“, erklärt Frederic Newnham. „Immer wieder gibt es deshalb Probleme mit der hinteren Beugemuskulatur im Oberschenkel.“ Die Klassiker wie Verletzungen am Rücken und im Knie seien natürlich ebenso häufig.

Um all dies zu behandeln oder im Vorfeld gar schon zu vermeiden, werden Trainingsprogramme entwickelt. „Ich wollte immer etwas mit Sport machen und finde den Körper einfach faszinierend“, sagt Newnham, der mit seiner Fortuna aus Glienicke noch einiges vor hat. Denn: „Es geht immer noch besser.“

Aufrufe: 06.4.2017, 06:55 Uhr
MOZ.de / Steffen KretschmerAutor