Die Freude über das bereits nach vier Tagen fast ausverkaufte Pokalspiel am 13. August gegen den Bundesligarückkehrer Hannover 96 ist dem Fußball-Regionalligisten Bonner SC zunächst einmal vergangen. Nach Schlüsselspieler Connor Krempicki wechselt nun auch der in der abgelaufenen Saison 20-fache Torschütze Lucas Musculus zum neuen Krösus der vierten Liga, dem KFC Uerdingen, dessen Präsident Mikhail Ponomarev offenbar über eine üppig gefüllte Brieftasche verfügt. So verpflichtete Uerdingen auch Schlussmann René Vollath vom Zweitligaabsteiger Karlsruher SC.
BSC-Sportdirektor Thomas Schmitz hatte die Hiobsbotschaft erhalten. „Lukas kam mit dem Wunsch auf uns zu, den BSC trotz seines bis 30. Juni 2018 gültigen Vertrages kurzfristig verlassen zu können“, sagt Schmitz. „Unser Trainer Daniel Zillken, das gesamte Betreuerteam und die sportliche Leitung haben dann nach intensiven Gesprächen schweren Herzens dem Wunsch entsprochen.“ Der BSC erhält für Musculus, der es in Krefeld unter anderem mit dem zweitligaerfahrenen Mittelstürmer Marcel Reichwein zu tun bekommt, eine „angemessene Transferentschädigung“. Über die Höhe der Summe vereinbarten beide Seiten Stillschweigen.
„Die Entscheidung, nach Uerdingen zu wechseln, ist für uns nicht schön, aber nachvollziehbar“, meinte der sportliche Leiter des BSC. Auch die Mitspieler des Stürmers, der in der Torschützenliste der Regionalliga West hinter Mike Wunderlich von Viktoria Köln Platz zwei belegte, scheinen ihren Kollegen verstehen zu können. „Alle haben applaudiert, als er sich in der Kabine verabschiedet hat“, erzählt Schmitz. „Alle gönnen ihm diese Chance.“
Die Lichter werden beim BSC laut Schmitz nach diesem Transfer sicher nicht ausgehen, auch wenn BSC-Vorstandsmitglied Thorsten Nolting von einem „Riesenverlust“ spricht. Schmitz: „Wir werden das Geld, das wir für Lukas erhalten, in neue Spieler investieren. Wir waren sowieso noch nicht fertig mit unseren Planungen und werden mit Geduld den Markt weiter sondieren. Wir brauchen noch Außenspieler und jetzt eben auch einen Stoßstürmer.“ Trainer Zillken betonte: „Wir wollen und müssen uns qualitativ nochmals verstärken“, auch wenn Neuzugang Lars Lokotsch und Gastspieler Robin Schmidt ihre Sache im Training sehr gut machten.
Neben den sportlichen Qualitäten bedauern die BSC-Funktionäre vor allem den menschlichen Verlust. „Lucas hat sich im hohen Maße mit dem BSC identifiziert und sich zu einem Gesicht des Clubs nach innen und außen entwickelt. Wir verlieren mit ihm eine absolute Führungsfigur. Es war aber sein ausdrücklicher Wunsch, diese Herausforderung in Uerdingen annehmen zu können. Sein Weggang wiegt nach den Abgängen von Kelvin Lunga und Conner Krempicki für mich besonders schwer“, sagt ThorstenNolting. „Doch finanziell können wir einfach nicht mit den Bedingungen in Uerdingen mithalten.“
Experten sprechen von einem Etat, der selbst den von Meister Viktoria Köln übersteigt. Auch für BSC-Präsident Dirk Mazurkiewicz sind die Unterschiede zwischen beiden Clubs derzeit noch sehr groß. „Was die Finanzen angeht, bleiben wir unserer Linie treu. Trotz der enormen Entwicklung hinsichtlich der Einnahmen und Sponsoren fehlen uns zur Spitze der Liga noch mehrere Millionen. In Bonn reden wir nach wie vor von Feierabendfußball.“
Angesichts des Transfers von Musculus zum KFC Uerdingen rückt selbst der mehr als erfreuliche Vorverkauf für das Pokalspiel gegen Hannover in den Hintergrund. Nur vier Tage gingen ins Land, bis die Eintrittskarten im Vorverkauf beinahe restlos abgesetzt waren. Die langen Schlangen vor dem Beueler Brückenforum, wo die Tickets zu kaufen waren, belegten die Begehrlichkeiten der Bonner Fußballfreunde.
An diesem Samstag haben die Fans die Möglichkeit, Spieler, Trainer und Funktionäre des BSC ab 12 Uhr auf dem Friedensplatz im Rahmen der offiziellen Saisoneröffnung zu erleben. Auf Lucas Musculus müssen sie allerdings verzichten.