Nach 22 Minuten sitzt der Trainer Leo Swierczynski zum ersten Mal auf dem Platz, der für ihn vorgesehen ist und auf dem Trainer eben gemeinhin sitzen, wenn sie ein Fußballteam anleiten. Handgestoppte drei Sekunden hält es der Coach der SG Nürnberg Fürth dort aber nur aus – als wäre die Trainerbank ein heißer Stuhl und Swierczynski würde Gefahr laufen jeden Moment Feuer zu fangen.
Swierczynski hat es nicht so mit dem Sitzen. Für Trainer wie ihn wurde die Coaching-Zone errichtet. Der 29-Jährige begleitet jede Aktion seiner Spieler lautstark. Ansagen wie „Gib ihm Feuer“ oder „Hoch die Birne“ stehen sinnbildlich für einen auf Motivation ausgelegten Coachingstil, der die SG davor bewahren soll den bitteren Gang in die Kreisliga antreten zu müssen. Als so etwas wie ein Dino der Bezirksliga kannte man den Abstiegsstrudel eigentlich nur vom Hörensagen. Nun steckt man mittendrin in diesem Sumpf, und da heißt es kratzen und beißen – normalerweise.
Am Sonntag war davon allerdings erst einmal, nun ja, sagen wir mal: wenig zu sehen. Eltersdorf gastierte an der Regelsbacher Straße. Die zweite Mannschaft. Zwölf mickrige Pünktchen, Tabellenletzter. Torverhältnis Minus siebenundvierzig. Trotzdem verhindert am Ende nur ein glänzend aufgelegter SG-Keeper Hofmann und ein Pfosten, der es gut mit den Gastgebern meinte, dass die Swierczynski-Elf nicht mit einem 0:3 Rückstand zum Pausentee geschickt wurde.
Eine engagiertere zweite Hälfte und eine gute Chancenverwertung durch zwei Treffer von Mert-Ali Sabsiz und Marc Oswald sicherten der SG Nürnberg Fürth im zweiten Durchgang schließlich den 3:1 Heimsieg und ganz wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt.
Da heißt es nach 90 Minuten erst einmal tief durchatmen: „Wir können uns bei unserem überragenden Torhüter bedanken, dass er uns im Spiel gehalten hat. Die zweite Hälfte war zwar besser, aber am Ende waren wir auch die glücklichere Mannschaft“, sagt Swierczynski.
Fünf Endspiele sind noch zu bestreiten, ehe eine turbulente Saison zu Ende geht. Schließlich ist Swierczynski auch erst seit dem Winter da. Die Trainerbank bei der SG scheint in diesem Jahr wohl tatsächlich etwas heiß zu sein – lange hält es jedenfalls keiner aus. Guido Schillinger musste zu Beginn der Runde geknickt seinen Hut nehmen und Patrick Frühwald, dem im hiesigen Amateurfußball ein guter Ruf vorauseilt, warf nach nur drei Wochen von sich aus das Handtuch. „Aus Gründen, die wir bis heute noch nicht so richtig nachvollziehen können“, wie Abteilungsleiter Thomas Bach zu Protokoll gibt. Nun soll es eben der junge Swierczynski richten. Ein Trainerneuling – zumindest im Aktivenbereich.
„Wir wollten eine interne Lösung. Leo ist zwar jung, aber er kennt die Spieler und die Strukturen im Verein genau“, sagt Bach über den 29-jährigen, der bis vor kurzem selbst noch die Kickstiefel für den 1.FC Kalchreuth in die Kreisliga geschnürt hat und einst in der Jugend und für die erste Mannschaft der SG gekickt hat.
Die Identifikation ist zweifelsfrei vorhanden. Als Trainer ist er sozusagen hausintern aufgestiegen. Angefangen in der G-Jugend, über die zweite Mannschaft in der Kreisklasse war er zuletzt erfolgreicher Coach der eigenen U19 in der Bezirksoberliga. Swierczynski soll nun die schon oft und gerne zitierte „langfristige Lösung“ sein, die eigentlich auch schon Schillinger oder Frühwald angedacht war. „Hier glaubt zwar keiner an den Abstieg. Aber wenn es so kommen sollte, gehen wir auch definitiv mit Leo in die Kreisliga runter“, sagt Bach.
Vor allen Dingen die sprudelnde Nachwuchsquelle der SG — die A-Junioren sind Erster, die B-Junioren Zweiter in der Bezirksoberliga – soll Swierczynski in Zukunft für die erste Mannschaft gewinnbringend nutzen. Als Lehrer an einer Mittelschule sind auch die pädagogischen Qualitäten hierfür jedenfalls vorhanden. „Aber“, betont der Coach, „ob A-Jugend oder erste Herrenmannschaft ist egal. Ich versuche meinen Stil durchzuziehen und verstelle mich da nicht. Wir müssen jetzt aber erst mal schauen, dass wir diese Saison vernünftig zu Ende bringen.“ Thomas Bach hätte wohl nichts dagegen, wenn wieder etwas mehr Ruhe an der Regelsbacher Straße einkehrt. Nach dem Spiel wollte er zumindest schon einmal eine Kerze anzünden. Er weiß — sein Glück sollte man nicht überstrapazieren.