2024-04-19T07:32:36.736Z

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Mehr Unterstützung durch ihre Fans wünschen sich die Spieler des TSV Rain. Im Georg-Weber-Stadion wetterten einige Zuschauer in den vergangenen Partien gegen die Spieler, anstatt sie anzufeuern.	F.: Gerd Jung
Mehr Unterstützung durch ihre Fans wünschen sich die Spieler des TSV Rain. Im Georg-Weber-Stadion wetterten einige Zuschauer in den vergangenen Partien gegen die Spieler, anstatt sie anzufeuern. F.: Gerd Jung

Beschimpfungen statt Fangesang

Trainer und Spieler des TSV Rain haben es satt. Statt Unterstützung bekommen sie von einigen Zuschauern immer öfter böse Worte zu hören

Ein verärgert gebrülltes „Spiel doch ab“ gehörte noch zu den eher harmlosen Sätzen, die sich Johannes Müller vom TSV Rain am Samstag anhören durfte. Gegen die Reserve des TSV 1860 München unterlag der Regionalliga-Aufsteiger knapp mit 1:2. Lange hatte sich das Spiel offen gestaltet, erst in der 85. Minute schossen die Münchner das Siegtor. Rund 150 Fans hatten die „Junglöwen“ begleitet – und für ordentlich Stimmung gesorgt.

Nicht so auf der Rainer Tribüne. Statt Anfeuerungsrufen und Gesängen kommen von dort immer öfter böse Worte. Trainer Jürgen Steib appellierte bei der Pressekonferenz nach dem Spiel deshalb an die Fans, die Spieler nicht zu beschimpfen: „Sie geben alles auf dem Platz, beschimpft zu werden, das haben sie nicht verdient!“

Mittlerweile gehe das einigen Spielern richtig an die Nerven, sagt Steib. Der verletzte Johannes Nießner (24) erzählte ihm vor Kurzem, gar keinen Platz mehr im Stadion zu finden, wo er in Ruhe das Fußballspiel sehen könne. Es geht Steib aber nicht nur um die Beschimpfungen. Auch bei Auswechslungen werde Spielern kein Respekt gezollt. „Ich kann es nicht verstehen, wie ein junger Mann, wie etwa Matthias Kühling, der sich so gut entwickelt hat, bei der Auswechslung nicht einmal Applaus bekommt. Das muss man doch honorieren“, kritisiert Steib. Schade finde er es, dass der Funke aus der hervorragenden Rückrunde der vergangenen Bayernliga-Saison, bei der die Fans durchaus für Atmosphäre gesorgt hatten, nicht auf die Regionalliga übergesprungen sei.

Die Rückrunde nicht miterlebt hat Johannes Müller. Der 24-Jährige kam erst zur neuen Saison vom FC Augsburg II nach Rain und war dort von einigen Zuschauern überrascht. „Als ich noch für den FCA II gegen kleine Vereine wie Buchbach oder Schweinfurt gespielt habe, war auffällig: Die Fans standen immer hinter der Mannschaft, auch wenn sie im Rückstand war“, sagt Müller und fügt hinzu „wenn wir aber nach zehn Minuten einen Rückpass spielen, dann geht gleich ein Raunen durchs Stadion.“

Worauf Trainer Steib und Müller hinweisen: Der TSV hat es mit einer enorm starken Liga zu tun, in der es gegen große Vereine wie den FC Bayern oder den FC Nürnberg zu bestehen gilt – wenn auch nur gegen die Reserven. Die Spieler dort trainieren unter ganz anderen Voraussetzungen. „Bei 1860 München II wird siebenmal pro Woche trainiert, bei uns dreimal. Und im Gegensatz zu denen haben wir alle noch einen Beruf und sind keine Profis“, erklärt Müller. Er wisse deshalb nicht, warum die Erwartungshaltung vieler Rainer Zuschauer dermaßen hoch sei. Das sei ihm vor allem im Spiel gegen seinen früheren Klub, den FCA II, aufgefallen, nachdem der TSV in den Partien zuvor gegen Regensburg und Schweinfurt gewonnen hatte. „Wir saßen beim Stand von 1:1 in der Kabine und haben uns gewundert, warum die Stimmung draußen so schlecht ist.“

Natürlich gebe es nicht nur schimpfende Zuschauer, das will Müller betonen. Etwa von der Gruppe, die auch bei den Auswärtsspielen der Mannschaft mitfährt, komme viel Positives. Doch insgesamt wünsche er sich mehr Zusammenhalt und Unterstützung von den Rainer Fans. „Spieler und Zuschauer sollten eine Einheit sein, um den Profiteams geschlossen zu begegnen. Das könnte sicher in einem knappen Spiel den Kick geben, um den Sieg herbeizuführen. Denn wir Spieler merken auf dem Platz, was von den Zuschauern kommt.“Etwa als er am Samstag gegen die 1860-Reserve den Ausgleich schoss, habe er geglaubt, damit vielleicht einen Ruck beim Publikum auszulösen. Gekommen sei jedoch nichts.

Sein Teamkollege Michael Lutz kann das Geschehen abseits des Spielfeldes besser ausblenden. Er spielte bereits mit dem FC Ingolstadt vor großem Publikum in der 2. Bundesliga. „Uns Spieler dürfen Beschimpfungen der Fans nicht belasten. Besser ist es, sich nur auf den Fußball zu konzentrieren“, sagt der 33-jährige Torhüter. Dennoch muss er zugeben, „es wäre natürlich schön, mehr angefeuert zu werden“. Sein Credo: „Wenn man auf dem Platz alles gibt, kann hinterher auch keiner was dagegen sagen.“

Aufrufe: 05.11.2015, 08:35 Uhr
Donauwörther Zeitung / Stephanie UtzAutor