„Ich glaube mich hat in der Grundschule damals ein Freund mit ins Training genommen“, erzählt Anja Ströfer und lächelt ein bisschen, wenn sie an ihre Anfänge als damals Sechsjährige denkt. „Meine Mama wollte das am Anfang eigentlich gar nicht so richtig, dass ich Fußball spiele. Sie wollte lieber, dass ich turne — wie meine Schwester“. Zum Glück war sie damals schon so schnell hin und weg vom Fußball, dass nichts anderes mehr für sie in Frage kam. „Als ihr Kindergartenfreund sie damals zum Training mitgenommen hat, hat sie noch am selben Tag gesagt: 'Mädchenturnen ist für mich aus, ich spiel’ jetzt nur noch Fußball'“, erzählt ihr Vater Joachim schmunzelnd.
Bis Anja Ströfer elf Jahre alt war, kickte sie beim TSV Georgensgmünd in einer gemischten Mannschaft. Damals noch als Torhüterin und als eine von wenigen Mädchen unter den Jungs. Im Grundschulalter waren die körperlichen Unterschiede noch nicht da, und: „Bei reinen Mädchenteams ist öfter mal Zickenkrieg, das ist bei den Jungs entspannter.“ Nach der Grundschule wollte Anja aufs Gymnasium und trotzdem weiter Fußball spielen. „Meine Eltern hatten da anfangs schon ein bisschen Bedenken, ob ich das dann beides schaffe, aber bisher hatte ich da nie Probleme“, erzählt die 16-Jährige, die mittlerweile die elfte Klasse besucht. Zum damaligen Zeitpunkt wechselte sie auf die Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg-Langwasser – eine Gesamtschule, in der die Sportförderung besonders im Fokus liegt. Dort wollte die ehrgeizige Nachwuchskickerin unbedingt hin, auch wenn das nicht nur für sie, sondern auch für ihre Familie ein großer Schritt war. Auch Anja hatte am Anfang etwas Angst vor der großen Stadt, doch schnell stellte sich Routine ein. Vor allem, als sie eine Mitschülerin fand, die ebenfalls aus dem Landkreis kam und mit ihr gemeinsam zur Schule fuhr.
Über einen Trainer an der Schule wurde der Kontakt zum 1. FC Nürnberg geknüpft — in der Saison 2009/10 wechselte Anja Schröfer in die U15-Mädchenmannschaft des FCN. Gleich nach der Schule ging es ins Training, wobei die Sportschülerin vom Tor ins Mittelfeld wechselte. In der nächsten Saison wurde aber die U15-Mädchenmannschaft aufgelöst. Anja sollte in der U17 spielen. Damals war sie gerade mal 12 Jahre alt und den älteren Spielerinnen körperlich weit unterlegen. So saß sie bei Spielen fast nur noch auf der Bank.
„Ich war sehr traurig, weil ich nicht mehr spielen konnte“, erzählte das Talent, das deshalb zur JFG Franken-Jura wechselte und dort in der U15-Mannschaft der Jungs in der Bezirksoberliga mitspielte. Für den FCN besaß sie allerdings noch ein Zweitspielrecht. Darüber hinaus spielte Anja Ströfer seit 2010 in der Bayernauswahl und absolvierte regelmäßig Trainingslager wie das Stützpunkttraining in Zell. „Bei den Jungs lernt man Schnelligkeit. Das ist ein völlig anderes Spiel, auch von der Härte her. Manche sind da schon richtige Schränke, da muss man sich manchmal schon ziemlich rein hauen“, erklärt die 16-Jährige. Und wenn man einen Fehler mache, habe das oft größere Konsequenzen als bei den Frauen. „Da muss man im Kopf immer total wach sein.“ Mit dem ASV Neumarkt, zu dem sie in der Saison 2013/14 gewechselt war, stieg sie gleich im ersten Jahr in die Bayernliga auf. Über die Bayernauswahl absolvierte sie auch ihren ersten DFB-Lehrgang in der U16-Jugend. Die Trainerin dort machte sie auf den FC Bayern München aufmerksam, für den sie schließlich seit März 2013 ein Zweitspielrecht besitzt. In der aktuellen Saison wechselte Anja Ströfer dann ganz nach München. Der nächste große Schritt in ihrem Leben.
Seit September 2014 wohnt sie in der Landeshauptstadt und geht in die elfte Klasse des Theodolinden- Gymnasiums, wo es die Leistungssport-Klasse Fußball gibt. Sie kam in einer der Wohnungen des Vereins unter, die sie sich mit zwei bereits 18 Jahre alten Spielerinnen teilt. Luisa Guttenberger, eine Teamkameradin vom ASV Neumarkt, ist inzwischen ebenfalls bei den „Bayern“. Gemeinsam mit ihr und der Torhüterin Franzi Maier ist Anja Ströfer regelmäßig bei DFB-Lehrgängen – oder privat auch mal in München unterwegs. „Wir sind so ein Dreier-Gespann“, sagt sie. Die Freundinnen helfen, wenn Heimweh aufkommt. „Ich komme außer in den Ferien kaum mehr nach Hause zu meiner Familie. Da bin ich schon froh, wenn ich mal da bin und in meinem eigenen Bett aufwache. Das ist doch anders“, sagt sie.
Inzwischen wurde das fränkische Fußballtalent sogar in den U17-Kader des DFB aufgenommen und hat in England Ende Januar bei zwei Spielen gegen England und Frankreich auf dem Platz gestanden. „Wir haben beide Spiele gewonnen“, erzählt sie strahlend. Im Nationalkader ist der Erfolgsdruck aber noch etwas höher als beim FC Bayern. „Die DFB-Trainer sind schon etwas strenger, aber da muss man sich eben mal zusammen reißen.“ Ihre Position im zentralen Mittelfeld hat sie seit 2009 behalten und möchte dort auch nicht mehr weg. „Da hat man den Gegner um sich und nicht nur vor sich, wie im Sturm. Da kann ich die Bälle gut verteilen.“ Ihre Eltern unterstützen sie nach wie vor, wo sie können. „Ich freue mich natürlich, dass sie ihr Ziel so verfolgt und am Ball bleibt“, erzählt Joachim Ströfer, der seine Tochter vor allem in organisatorischen Fragen unterstützt, wo es nur geht.
Wie es sportlich für Anja Ströfer in Zukunft weiter gehen wird, das weiß sie derzeit noch nicht ganz genau. „Ich hoffe, in der nächsten Saison, wenn ich 17 bin, auch bei der zweiten Frauenmannschaft des FC Bayern München Spielzeit zu bekommen.“ Vielleicht klappt es auch mit der Profikarriere. Ihr Vorbild Bastian Schweinsteiger sieht sie manchmal im Leistungszentrum des deutschen Rekordmeisters trainieren. Nach dem Abitur im nächsten Jahr könnte sie sich vorstellen, ein Sportmanagement- Studium zu beginnen, doch in den nächsten Wochen hat sie erst einmal wieder genügend Gelegenheit zu Kicken. Bis zum 14. April steht mit der U17-Nationalmannschaft die EM-Qualifikation in Italien auf dem Spielplan.