2024-05-31T10:52:53.652Z

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Gruppenfoto Bayernligisten in Wendelstein Foto:Dirk Meier
Gruppenfoto Bayernligisten in Wendelstein Foto:Dirk Meier

Bayernliga bald wieder 4. Liga?

BFV und bayerische Spitzenvereine fordern die Regionalliga-Reform

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Bei einem Treffen am Montagabend in Wendelstein bei Nürnberg haben die bayerischen Spitzenvereine aus der Bayernliga und den drei Landesligen den Vorschlag des BFV, beim DFB-Bundestag am 22. Oktober 2010 in Essen einen Antrag auf Änderung der Ligenstruktur einzureichen, mit einem eindeutigen "JA" verabschiedet.

Dieser Plan sieht vor, die vierte Ligenebene (sprich die Dreiteilung der Regionalligen) zu ändern. Nach dem Vorschlag soll die vierte Liga regionalisiert und auf sechs oder acht gleichberechtigte Spielklassen ausgedehnt werden. Die Bayernliga wäre dann eine dieser Ligen. Basis für die Diskussion war das unten angeführte Arbeitspapier, das von den bayerischen Verbandsligisten verabschiedet wurde. Das Projekt mit zehn Punkten und einem Antrag an den DFB-Bundestag läuft unter dem Schlagwort „Wendelsteiner Anstoß“.

Die 2008 eingeführte vierte Liga, eine Regionalliga mit bundesweit drei Staffeln, produziert zunehmend Probleme und hat sich als nicht praktikabel erwiesen. Sportlich sind die drei Klassen mit fast 50 Prozent zweiter Mannschaften unattraktiv geworden. Fernsehgeld fließt kaum noch. Für die dort spielenden Klubs wird es immer schwieriger die Liga wirtschaftlich zu stemmen. Der Abstieg wird fast nicht mehr sportlich entschieden, denn die Insolvenzen häufen sich. In der vorigen Spielzeit traf es in der Südgruppe die Klubs aus Reutlingen und Bamberg. Der BFV an der Spitze mit Präsident Dr. Rainer Koch ist zusammen mit den Spitzenvereinen nun Vorreiter in Sachen neuerliche Ligareform.

Fakt ist: Der deutsche Fußball verträgt keine 110 Profi-Mannschaften. Denn je 18 Klubs in den Bundesligen eins und zwei, 20 Vereine in der dritten Liga und drei Mal 18 Mannschaften in der vierten Stufe sind unverträglich und vor allem nicht konkurrenzfähig finanzierbar.

Einer Reform der jetzigen Ligenstruktur stehen die Profiklubs jedoch überwiegend negativ gegenüber. Nur der FC Ingolstadt zeigte sich am Montag offen, entsandte seinen Manager Harald Gärtner nach Wendelstein. „Bayern besteht aus mehr als zwei Großstädten“, sagte Koch, der anfügte: „Die vierte Liga kann von den Vereinen wirtschaftlich nicht mehr geschultert werden.“ So könne der Fußball nicht mehr organisiert bleiben. Denn als Folge malte Koch ein düsteres Bild. Immer weniger wird die Zahl der „normalen Klubs“ in Liga vier, in der die Profi-Reserven in einigen Jahren unter sich sein werden.

Dazu trägt auch folgendes Szenario bei. Beim Start von Liga vier gab es für die Klubs, die Reserven ausgenommen, 134.000 Euro Fernsehgeld. In dieser Saison sind es noch 97.000 Euro pro Verein. Aber der Fernsehvertrag läuft 2012 aus und es steht so gut wie fest, dass es dann keinen Cent mehr gibt. „In der vierten Liga ist kein Fernsehgeld zu erwirtschaften“, erläuterte der BFV-Präsident.

Koch fordert nun: „Wir haben im Amateurbereich eine gewaltige Zahl von Vereinen, die wie die Profis auch das Recht haben eine Liga zu haben, in der man wirtschaftlich vernünftig spielen kann.“ Somit gelte es rechtzeitig gegenzusteuern, daher dieser Reformantrag. „Wir wollen eine Diskussion anstoßen und haben uns daher auf die Suche nach einer Lösung begeben“, sagte Koch in einer bewegenden Rede in Wendelstein.

Als gewählter Vertreter der Vereine ergriff Christoph Heckl, zuständig für die Amateure beim Zweitligisten FC Ingolstadt 04, das Wort: „Ich bin zwar im Zweispalt, weil ich für eine zweite Mannschaft verantwortlich bin. Aber ich stimme dem Vorschlag vorbehaltlos zu. Das ist der einzig richtige Weg“, sagte Heckl, der großen Beifall erntete.

Armin Buchmann, Präsident des FC Memmingen, erläuterte, welchen schwierigen Weg der Allgäuer Traditionsklub auf dem Weg in Liga vier gehen musste, den er nach zwei Absagen in den Jahren 2008 und 2009 gegangen ist. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Aber mit vielen Experten im Verein, wir sind gut aufgestellt, haben wir es geschafft. Wir sehen uns aber trotzdem weiter als Amateurverein, auch wenn wir in der vierten Liga spielen.“ Der FCM hat einen Etat von 620.000 Euro aufgestellt, für alle Mannschaften im Verein. Buchmann ließ offen, ob sich der FC Memmingen auch nach 2012 die Regionalliga noch leisten kann, wenn man sich bis dahin dort sportlich halten kann. „Das ist auf jeden Fall fragwürdig.“

Das Szenario der nächsten Jahre könnten in den deutschen Oberligen so aussehen:

Aufsteigen dürfen ja nur Klubs, die eine Lizenz für den technisch-organisatorischen Bereich (Antrag ist kostenlos) und die wirtschaftliche Lizenz (kostet einige tausend Euro) beantragt und von der DFL erhalten haben. Sportlich muss dieser Verein auf einem der ersten vier Plätze abschließen. In der Bayernliga ist momentan nicht abzusehen, wer eine Lizenz beantragen wird. Wird kein Lizenzantrag gestellt, dann könnte nur eine der beiden zweiten Mannschaften aus Unterhaching oder Ingolstadt in Liga vier aufsteigen, Voraussetzung mindestens Platz vier wird erreicht. Somit könnte die Zahl der zweiten Mannschaft von jetzt schon neun im Süden weiter steigen. Vorstellbar ist sogar, dass es bald keinen Aufsteiger in die Regionalliga aus der Bayernliga geben wird, womit der Wettbewerb in der bayerischen Königsklasse immer uninteressanter wird. Was den heute schon anhaltenden Negativtrend bei den Zuschauern weiter verstärken könnte.

Beispielsweise ist in der Oberliga Hamburg der SC Victoria Hamburg drei Mal in Folge Meister geworden, hat aber drei Mal auf den Aufstieg verzichtet, obwohl sie ein für die Regionalliga abgenommenes Stadion haben. Aber wirtschaftlich kann der Hamburger Klub die Regionalliga einfach nicht stemmen.

Nun gilt es abzuwarten wie der Antrag beim DFB-Bundestag am 22. Oktober in Essen aufgenommen wird. BFV-Präsident Dr. Rainer Koch, das Präsidium des BFV und die bayerischen Spitzenklubs stehen jedenfalls wie ein Mann hinter diesem Antrag. Nun müssten weitere Landesverbände auf diesen Zug aufspringen, um eine Änderung im Bereich vierte Ligaebene voranzubringen. Koch sagte zum Abschluss der Diskussion: „Es gibt zu unserem Antrag nur wenige Alternativen.“

Stimmen zum Arbeitspapier:

Ewald Matejka (Fußballchef SV Heimstetten): „Wir wissen, wo die Grenze für unseren Verein ist. Weiter rauf als jetzt geht es nicht mehr. Die Finanzen sind in jedem Verein das Wichtigste, darauf muss jeder achten. Hinzu kommt, dass die vierte Liga mit den vielen zweiten Mannschaften für uns unattraktiv. Dennoch muss die Durchlässigkeit nach oben für Klubs, die das finanziell schaffen können, bleiben. Für uns geht es jedenfalls mit einem Etat von 140.000 Euro nicht mehr weiter nach oben.“

Wolfgang Mahr (Sportlicher Leiter SpVgg Bayreuth): „Wir unterstützen diesen Vorschlag voll und ganz. Wir würden uns ins eigene Fleisch schneiden, wenn wir das nicht unterstützen würden. Die Bayernliga war früher attraktiver. Sie würde wieder interessanter werden, wenn sie wieder vierte Liga wäre. Momentan ist es nicht erstrebenswert in die vierte Liga aufzusteigen. Ich bin mal gespannt, ob in dieser Saison jemand aus der Bayernliga einen Lizenzantrag gestellt wird. Ich gehe davon aus, dass es keiner machen wird.“

Markus Wolf (Klubchef 1. FC Schweinfurt 05): „Wir schließen uns der Meinung von Herrn Mahr an. Wir werden sicher keine Lizenz beantragen. Sportlich müssten wir ja auch Vierter werden, was wir wohl nicht schaffen werden. Zudem sind wir auch ein Traditionsverein, den es schon mehr als 100 Jahre gibt. Da werden wir mit Sicherheit kein finanzielles Risiko eingehen.“

Hans Klinger (Fußball-Abteilungsleiter TSV 1860 Rosenheim): „Auch wir unterstützen diesen Antrag auf Änderung der Ligastruktur. Allerdings würden wir uns auch wünschen, dass der Verband in Sachen Vertragsamateure den monatlichen Betrag von 150 auf 250 Euro angehoben wird. Denn uns werden die Talente, die wir intensiv ausbilden, zum Nulltarif weggenommen. Das ist eine große Bitte von uns.“

Franz Liebl (Geschäftsführender Vorsitzender der SpVgg Grün-Weiß Deggendorf): „Der Antrag ist absolut sinnvoll. Ich sehen aber die Notwendigkeit, dass wir die anderen Landesverbände mit ins Boot bekommen, damit wir mehr Gewicht bekommen.“

Aufrufe: 05.10.2010, 00:18 Uhr
Dirk MeierAutor