2024-04-25T14:35:39.956Z

Querpass
Der Deutsche Fußball-Bund gibt auf seiner Internetseite Empfehlungen für Trainer, wie man sich bei Vereinswechseln im Nachwuchsbereich fair verhalten kann.  © Screenshot
Der Deutsche Fußball-Bund gibt auf seiner Internetseite Empfehlungen für Trainer, wie man sich bei Vereinswechseln im Nachwuchsbereich fair verhalten kann. © Screenshot

Barnimer Fußballstreit neigt sich dem Ende zu

Preussen Eberswalde feilt an einer Lösung im Nachwuchszwist mit Eintracht Wandlitz, Einheit Zepernick, FSV Basdorf und Union Klosterfelde

Erst reden die Vereine, dann wird gewechselt: Im Zuge des Fußball-Nachwuchsstreits feilt der FV Preussen Eberswalde derzeit an einer Vereinbarung mit der Gegenseite, um zukünftig Zoff zu vermeiden. Doch die Frage ist: Geben sich die Kritiker allein mit einem Ehrenkodex wirklich zufrieden?

So ein Schulterschluss wäre natürlich ein hübsches Ende der ganzen Affäre. Es könnte ihn geben. Und zwar, indem beide Seiten gemeinsam eine freiwillige Vereinbarung unterzeichnen, einen Ehrenkodex. Einen, in dem sie geloben, dass man bei Vereinswechseln im Jugendbereich künftig sauber vorgehen wird. Immer in Absprache miteinander. Ohne Ausnahme.

Doch ob es im Barnimer Fußball-Nachwuchsstreit am Ende wirklich einen Ehrenkodex geben wird, wenn die interne Aufarbeitung strittiger Fälle beim FV Preussen Eberswalde abgeschlossen ist, kann derzeit niemand so genau sagen.

Erst wird aufgearbeitet, dann kommt der Ehrenkodex - das waren die beiden Ergebnisse des ersten Gipfeltreffens am vorvergangenen Dienstag, die Preussen Eberswalde nach dem Gespräch verkündet hat. Einen Kommentar dazu gab es von der preussen-kritischen Gegenseite vor Ort nicht. Zu der zählen inzwischen nur noch Eintracht Wandlitz, Einheit Zepernick, FSV Basdorf und Union Klosterfelde, die jeweils mit Vertretern vor Ort waren. Der anfangs ebenfalls in den Streit involvierte FSV Bernau, der dem Eberswalder Verein vor Monaten mit am lautstärksten rigide Abwerbe-Methoden im Jugendbereich vorgeworfen hatte, hat sich inzwischen wenig konstruktiv aus dem Staub gemacht.

Fragt man die übrig gebliebenen vier Vereine, welche Konsequenzen Preussen bei offensichtlichen Verstößen ziehen sollte, oder was sie von der Idee des Ehrenkodex' halten, hüllen sich die Teilnehmer des Treffens weiterhin in Schweigen. Anstelle dessen haben die vier Vereine eine gemeinsame Stellungnahme zusammengestrickt: Darin heißt es: "Wir haben an den FV Preussen Eberswalde die Erwartung einer rückhaltlosen Aufarbeitung der Vorkommnisse. Erst dadurch und wenn das Gesamtausmaß bekannt ist, lässt sich über geeignete Konsequenzen aus den Vorfällen nachdenken."

Ob zu den geeigneten Konsequenzen auch ein Ehrenkodex gehören soll, bleibt folglich offen. Erst beim zweiten Treffen, das noch in diesem Jahr stattfinden soll, wird es darauf wohl eine Antwort geben.

Immerhin, einen Fan hat der Ehrenkodex schon jetzt. Einen prominenten sogar. Wilfried Riemer, der Vorsitzende des Fußballkreises Oberhavel/Barnim, findet es begrüßenswert, wenn Vereine bei Fragen von Spielerwechseln fairer miteinander umgehen. Vor allem im Jugendbereich. Absprachen hinter dem Rücken des Heimatklubs? Gehen gar nicht! Riemer sagt: "Spielerwechsel sind ja im Fußball das normalste der Welt, aber die Art und Weise ist entscheidend."

Riemer saß mit am Tisch beim Gipfeltreffen und ist fest entschlossen, das Thema Ehrenkodex bei der nächsten Vorstandssitzung des Fußball-Kreises am 27. November in Liebenwalde mit auf die Tagesordnung zu setzen. "Ich kann mir gut vorstellen", sagt Riemer, "dass wir so einen Ehrenkodex nicht nur für den Jugendbereich in Betracht ziehen, sondern auch für den Männer- und Frauen-Bereich."

Bei Preussen heißt es, man wolle sich beim Thema Ehrenkodex an die Empfehlungen des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) halten. Sie stehen auf der Internetseite des Verbandes unter dem Titel "Vereinswechsel im Nachwuchsbereich". Beim Unterpunkt "Sie möchten einen Spieler eines anderen Vereins ansprechen" heißt es unter anderem: "Informieren Sie den Jugendleiter des betreffenden Vereins vorab davon, dass Sie mit dem Spieler gerne in Verbindung treten möchten. Geben Sie dem Verein die Gelegenheit, den Spieler hiervon zuerst zu informieren!" Hält man sich an diese Vorgaben, wäre mit Hinter-dem-Rücken-Aktionen dann wohl Schluss.

Ob so ein Ehrenkodex in der Realität aber tatsächlich funktionieren kann, muss sich freilich aber noch zeigen. Es gibt auch Grauzonen. Zum Beispiel: Was passiert, wenn angesprochene Vereine sich nicht an die Regeln halten und Anfragen abblocken? Sollte man sie dann öffentlich dafür rügen können?

Offene Fragen gibt es im Übrigen auch, was die Fälle angeht, die Preussens Gegenseite jüngst vorgebracht hat. Bekannt geworden ist lediglich ein Haupt-Kritikfeld: das Probetraining. Der Vorwurf: Preussen soll Kinder zum Probetraining gelockt haben, und das ohne die Einverständniserklärung des Heimatklubs. Das wäre ein klarer Verstoß gegen die Jugendspielordnung. Interessant ist, dass von Problemen mit Probetrainings nie die Rede war, als die Vorwürfe gegen Preussen Ende Juli erstmals öffentlich aufkamen.

Damals warf die Gegenseite dem FV Preussen unter anderem Telefon-Terror bei Eltern junger Fußballtalente vor. Zudem beschuldigte man die Stützpunktrainer Steffen Bürgin und Winfried Schrader, die gleichzeitig Jugend-Trainer bei Preussen sind, sie würden im Rahmen des Stützpunkttrainings Spieler für den Eberswalder Verein abwerben.

Glaubt man einzelnen Teilnehmern, waren diese Vorwürfe beim Gipfel-Treffen kein Thema mehr. Die Frage ist: Warum? Weil sie sich plötzlich in Luft aufgelöst haben? Oder doch eher, weil sie aus der Luft gegriffen sind und nur zur Stimmungsmache genutzt wurden?

Vielleicht gibt ja auch hierzu das zweite geplante Treffen mehr Aufschluss. Und vielleicht kommt es dort dann tatsächlich zu einem friedlichen Schulterschluss. Alles ist möglich.

Aufrufe: 027.10.2014, 09:11 Uhr
MOZ.de / Christian Heinig Autor