2024-05-17T14:19:24.476Z

Allgemeines
| Foto: Jan Huebner
| Foto: Jan Huebner

Bahlinger SC ist chancenlos bei Kickers Offenbach

Kaiserstühler kommen nicht vom Abstiegsplatz los

Süßes Zeug aus Selbstmitleid. Wenn es mal nicht so läuft im Leben, reagieren Fußballer genauso menschlich wie Hinz und Kunz. Sie futtern Kuchen aus dem unwillkürlichen Drang, der darin enthaltene Zucker möge ein wenig den seelischen Schmerz lindern. Als die Bahlinger Reisegesellschaft um kurz vor neun am Samstagabend von ihrem erfolglosen Ausflug auf den Bieberer Berg in Offenbach zurückgekehrt war, staunte Agathe Fischer beim Blick in ihren riesigen Kuchenbutler, mit dem sie im Mannschaftsbus seit Jahren die BSC-Kicker verköstigt. Alles leergeputzt. „Das hat’s ja noch nie gegeben“, sagte Fischer.

Die Rentnerin aus Nimburg gehört zu jener Handvoll Bahlinger Edelfans, die ihre Mannschaft seit Jahren überallhin begleiten. Wer neben ihr sitzt, erfährt etwas über das Geheimnis eines luftig-leichten Kuchens („Sprudel oder Apfelschorle nehmen“), die Traubenzuckervorliebe von Johannes Fiand oder die Unendlichkeit von Auswärtstouren ins schwer zugängliche Ulm. Minutiös hat Fischer seit dem Jahr 2000 alle ihre Fahrten auf Zetteln festgehalten, die sie sorgsam mit sich führt, samt Kilometerzahl, Reisedauer und Ergebnis. Und so fällt Agathe Fischer auch zu Martin Schweizer etwas ein: „eine sympathische Erscheinung, die damals noch für Kirchheim gespielt hat“.

16 Jahre liegt das jetzt zurück. Heute ist Schweizer Trainer des SC Freiburg II, mit dem er am kommenden Samstag zum Saisonfinale nach Bahlingen kommt – und so etwas wie ein Endspiel um den 14. Tabellenplatz der Regionalliga austrägt. Dieser Rang kann bei günstiger Konstellation noch den Klassenerhalt bedeuten (siehe oben stehender Text). Mehr als Platz 14 ist wohl auch für den BSC kaum mehr drin, weil er in Offenbach so weit von einem Punktgewinn entfernt war wie die Gastgeber von einer Fanfreundschaft mit dem Lokalrivalen Eintracht Frankfurt.

Im weiten Rund des 20000 Zuschauer fassenden Stadions, das zu einem Viertel gefüllt war, erinnerte kaum etwas im Bahlinger Spiel an die guten Auftritte gegen den 1. FC Saarbrücken (2:1) oder Hessen Kassel (3:1). „Wir waren nicht in der Lage anzulaufen und zu stören“, stellte der Bahlinger Trainer Milorad Pilipovic fest. „Der Gegner war heute zu stark, und vorne hat uns Geschwindigkeit gefehlt.“

Obwohl der Tabellendritte aus Offenbach wenige Tage zuvor seine Aufstiegshoffnungen begraben musste, wollte sich das zweitbeste Rückrundenteam der Regionalliga in seinem letzten Saisonspiel vor heimischer Kulisse unbedingt einen guten Abgang verschaffen. Auf der anderen Seite war den Bahlingern deutlich das verletzungsbedingte Fehlen ihrer Tempo-Angreifer Serhat Ilhan (Knieverletzung) und Aslan Ulubiev (Bluterguss in der Wade) anzumerken. Vincent Keller konnte die Lücke nicht füllen. Zudem leitete der Flügelspieler mit einem Fehlpass an der eigenen Torauslinie die Offenbacher Führung durch Kristian Maslanka ein (20.).

„Die ersten drei Gegentore haben wir selbst produziert“, erkannte Pilipovic. Beim 2:0 stieß Vorbereiter Niko Dobros ungehindert bis zur Grundlinie vor (36.), beim 3:0 durch den zweifachen Torschützen Benjamin Pintol verlor Tobias Klein kurz vor dem eigenen Sechzehner einen Zweikampf. Zuvor hatte Klein (61.) wie auch Pierre-Christoph Göppert (59.) die Chance zum 1:2-Anschlusstreffer liegen gelassen. „Offenbach war uns auf allen Positionen überlegen“, räumte Pilipovic ein, „das war ein Klassenunterschied“.

Unterdessen warb BSC-Vorsitzender Dieter Bühler um Verständnis für diese Leistungsdelle. Der Substanzverlust in den zwei zurückliegenden Englischen Wochen sei groß gewesen – genauso wie der Druck, unbedingt gewinnen zu müssen. „Wir haben doch seit sechs Spielen nur noch Endspiele“, sagt Bühler. Nun kommt noch eines hinzu, das die Bahlinger unbedingt gewinnen wollen, ja müssen. Zum einen, um mindestens vier Kontrahenten hinter sich zu lassen, zum anderen, um den punktgleichen Tabellen-13. FK Pirmasens noch mal zu kitzeln. Bühler verbreitet das, was in seiner Funktion unabdingbar ist: unerschütterlichen Optimismus. „Ich gehe nicht davon aus, dass Pirmasens schon weg ist.“ Schließlich wolle sich FKP-Gegner Neckarelz „sicher würdig aus der Liga verschieden“.

Kickers Offenbach - Bahlinger SC 4:0 (2:0)
Offenbach: Endres – Korb (77. Scheu), Gebers, Maier, Theosiadis – Rapp, Maslanka (68. Schwarz) – Vetter, Hodja (46. Müller), Dobros – Pintol. Bahlingen: Müller – Wehrle (68. Wiesler), Buhovac, Noppert, Waldraff – Göppert, Häringer (82. Konyit), Bührer, Klein, Keller (46. Sautner) – Gaul. Tore: 1:0 Maslanka (20.), 2:0 Pintol (36.), 3:0 Pintol (63.), 4:0 Müller (83.). Schiedsrichter: Gasteier (Weisel/Eifel). Zuschauer: 4814.

Die Lage im Abstiegskampf für Bahlingen und die SC-Reserve

Aus der Dritten Liga steigen neben dem VfB Stuttgart II auch die Stuttgarter Kickers in die Südwest-Staffel der Regionalliga ab. Das schmälert die Aussicht auf den Ligaverbleib für den Bahlinger SC und den SC Freiburg II, die am letzten Spieltag im Kaiserstuhlstadion aufeinander treffen (Samstag, 14 Uhr).

Wie viel Absteiger gibt es jetzt in der Regionalliga Südwest?
Mindestens vier, maximal fünf. Drei davon stehen bereits fest: der SV Saar 05 Saarbrücken, der SV Spielberg und die Spvgg. Neckarelz. Auf dem viertletzten Platz rangiert die SC-Reserve (33 Punkte, Tordifferenz -10), die aber den Bahlingern (36, -13) mit einem Sieg am Samstag noch den 14. und damit fünftletzten Rang abspenstig machen kann. Südbaden kannibalisiert sich also selbst.

Wann reicht der fünftletzte Platz zum Klassenerhalt?
Nur dann, wenn beide Spitzenklubs SV Elversberg und SV Waldhof Mannheim parallel in den Aufstiegsspielen zur Dritten Liga (Hinspiel am 25. Mai, Rückspiel am 29. Mai, jeweilige Gegner noch offen) erfolgreich sind. Scheitert nur eines der beiden Teams, gibt es automatisch die Höchstzahl von fünf Absteigern.

Ist für Bahlingen und den SC II noch der direkte Klassenerhalt möglich?
Theoretisch schon. Dafür muss aber der FK Pirmasens als 13. (36, -3) beim Absteiger Neckarelz stolpern. Dem BSC reicht ein Remis von Pirmasens, um selbst mit einem Sieg vorbeizuziehen. Der SC benötigt eine hohe Pirmasenser Niederlage und einen eigenen hohen Sieg.

Aufrufe: 016.5.2016, 19:00 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor